Sky-Reporter Wolff-Christoph Fuss über Geburt seiner Tochter: Das macht die Welt größer

München - AZ-interview mit Wolff-Christoph Fuss. Der Sky-Kommentator (42) und seine Freundin, Moderatorin Anna Kraft (33), wurden am 3. Juli Eltern von Töchterchen Emmi.
AZ: Wolff, was für ein Jahr, oder? Die Nationalelf scheidet als Titelverteidiger bei der WM in Russland in der Vorrunde aus, dann die Affäre um Mesut Özil, sein Rücktritt, die Krise der Bayern, der Aufschwung von Borussia Dortmund, der Abstieg des HSV und so weiter. Alles Nebensache.
Wolff-Christoph Fuss: Absolut. Mir bleibt dieses Jahr vor allem wegen eines Tages in bester Erinnerung.
Der 3. Juli. An diesem Tag brachte deine Freundin Anna Kraft Tochter Emmi zur Welt. Damals hast du bei Twitter gepostet: "Die Wahrheit ist manchmal auf dem Platz, aber heute im Kreißsaal. Es ist überwältigend!!"
Der errechnete Termin fiel übrigens genau auf das WM-Finale. Standesgemäß. Aber Emmi wollte eben die finale Phase der Endrunde noch mitnehmen (lacht). Kann ich verstehen.
Du hast im Sommer 25 Spiele der WM für Sky kommentiert, aus dem Studio in Unterföhring, an jedem Tag eins. Auf heißen Kohlen? Anna war ja hochschwanger...
Für den Fall der Fälle waren wir natürlich vorbereitet. Als ich die Spiele für Sky kommentiert habe, war mein Handy immer an, auf lautlos. Bei Anruf wäre ich sofort los, mein Assistent Michael Morhardt hätte übernommen und das Spiel zu Ende kommentiert. Die Leute haben mir das nicht geglaubt, aber ich wäre auch während eines Elfmeterschießens aufgestanden und gegangen.
"England gegen Kolumbien hab ich natürlich gecancelt"
Am 3. Juli stand England gegen Kolumbien auf dem Plan.
Richtig. Um vier Uhr morgens hatte ich meine Vorbereitung für dieses Spiel abgeschlossen. Ich lege mich hin, zwei Stunden später weckt mich Anna und sagt: "Ich glaube, da ist was mit der Fruchtblase, es geht los." Ich war noch vollkommen auf dem Standstreifen und meinte geistesgegenwärtig: "Na ja, wenn’s losgeht, müssen wir los." Im Krankenhaus hieß es: Okay, jetzt gleich, am Nachmittag oder morgen? Dann haben wir gesagt: Also, wenn wir schon mal da sind... Um 10.16 Uhr war die Kleine da. Ging fix. England gegen Kolumbien habe ich natürlich gecancelt.
Willkommen im neuen Leben.
Voll und ganz! Erstmal die ganzen Abläufe zu Hause justieren, dazu die vielen bürokratischen Dinge erledigen. Kennst Du ja alles...
Oh ja, die Hebamme ist am Anfang die Rettung.
Absolut, wir hatten eine total nette, die uns in den ersten Tagen zu Hause sehr geholfen hat, vor allem um das Kind zu lesen: Wann bedeutet Schreien Hunger? Wann Bauchweh? Wann Müdigkeit? Am Anfang musste die Kleine alle drei, vier Stunden gefüttert werden. Tag für Tag kannst du neue Entwicklungsschritte beobachten. Ich empfinde das als etwas total Bereicherndes.
Total. Das Leben bekommt eine neue, andere Perspektive.
Mit der Kleinen ändert sich die Gewichtung komplett. Das wirkliche Leben spielt sich auf anderen Ebenen ab, aber das weißt du erst wirklich, wenn du eine Verantwortung für einen Menschen hast. Mit einem kleinen Menschen, für den alles neu ist, das Leben zu entdecken, ist etwas ganz Wunderbares. Das macht die Welt größer.
MIt der Geburt "ging ein neuer Horizont auf"
Und das eigene Ego sowie den Job kleiner.
Ich habe das große Privileg, meinen Traumjob ausüben zu dürfen. Mir war aber auch schon vorher klar: Es ist nur Fußball und es ist nur Fernsehen, was wir da machen. Aber der erste Schnupfen der Kleinen, die erste Magen-Darm-Geschichte – das hat eine neue, ganz andere Tragweite. Du kriegst plötzlich Antworten auf Fragen, die du nie gestellt hast. Zum Leben, zur eigenen Person. Ich hatte das Gefühl, es geht ein neuer Horizont auf, das ist großartig, bewusstseinserweiternd.
Kann ich nur bestätigen. Wie oft denkst du während des Kommentierens an Emmi?
In den 90 Minuten bin ich voll fokussiert. Aber der letzte Gedanke vor der Sendung und der erste danach gehören meiner Tochter. Wenn ich ein Bild geschickt bekomme, wie die Kleine zu Hause in der Wippe liegt und das Spiel "guckt" – sie schaut es natürlich nicht bewusst –, dann geht mir das Herz auf. Das ist es! Dann spürst du das Leben. Du erinnerst dich auch an deine eigene Kindheit, singst plötzlich wieder Kinderlieder. Und ich muss sagen: in einer fast beängstigenden Textsicherheit.
Wie schwer fällt es, jetzt auf Dienstreisen zu gehen?
Wenn ich mehrere Tage wegmuss, kann das Spiel noch so geil sein und ich mich noch so drauf Freude, dann fällt der Abschied nicht so leicht. Du verpasst halt leider etwas, weil die Kinder in dem Alter jeden Tag irgendeinen kleinen Schritt nach vorne machen, etwas Neues lernen.
Wie meisterst Du nun den Alltag mit Job und Kind?
Völlig unproblematisch. Wenn ich mich auf die Spiele vorbereite und am Schreibtisch sitze, das ist ja der überwiegende Teil meiner Arbeitszeit, dann ist sie dabei. Ein großes Vergnügen! Sie liegt in der Wippe, kriegt was zu beißen oder was zum Spielen. Manchmal erzähle ich ihr ein bisschen was zum Spiel und dann guckt sie und lacht – oder auch nicht. So kurios, herrlich. Ich nehme sie auch zu vielen Terminen mit, außer natürlich ins Stadion.
Emmi darf sogar schon mit ins Studio
Kinder sollen die Welt entdecken.
So schaut’s aus. Wenn ich sie ins Fernsehstudio mitnehme, stelle ich sie im Maxi-Cosi mit dem Gesicht in meine Richtung und sage der Maskenbildnerin: "Wenn sie unruhig wird, weil der Schnulli rausfällt – einfach wieder reinschieben." Mitunter versucht sie dann auch schon mal, das Gehörte nachzusprechen und quietscht oder lacht. Wahrscheinlich sind das kritische Anmerkungen und wahrscheinlich hat sie recht. (lacht)
Erkennt Emmi deine Stimme, wenn der Fernseher läuft und Du kommentierst?
Ja, das bilde ich mir zumindest ein. Wir lagen mal zusammen auf der Couch, als meine Frau moderiert hat. Das Gesicht der Mama ganz groß auf dem Bildschirm, sie hat große Augen gemacht, als wolle sie sagen: Was wird denn jetzt hier gespielt?
Anna arbeitet auch wieder, wie kriegt Ihr das hin? Das ist ja nicht so ohne...
Durch Annas Wechsel zu Eurosport haben wir eine komfortable Situation. Sie bereitet sich am Donnerstag vor, moderiert freitags die Show "Mann gegen Mann" oder im Stadion. Ich habe freitags immer frei und verbringe einen überragenden Tag mit meiner Tochter. Perfekt.
Zuletzt die Frage, die man als frische Eltern komischerweise sehr schnell gestellt bekommt. Wie sieht’s aus mit dem zweiten Kind?
Das haben wir aber noch nicht entschieden. Ich habe einen kleinen Bruder, Anna hat einen kleinen Bruder. Insofern, nicht ausgeschlossen.
Und dann ein Bub?
Da hätte ich, wie jetzt auch, keine Präferenz.