Interview

Skirennläuferin Lena Dürr: "Es geht aktuell ganz schön rund auf der Welt"

Vor dem Weltcup in Levi spricht Lena Dürr in der AZ über die spezielle Corona-Saison, den Rücktritt von Viktoria Rebensburg - und wer deren Rolle als Frontfrau nun ausfüllen könnte.
von  Krischan Kaufmann
"Diese Rolle würde doch jede gern übernehmen", sagt Dürr über die Führungsrolle nach dem Rücktritt von Rebensburg.
"Diese Rolle würde doch jede gern übernehmen", sagt Dürr über die Führungsrolle nach dem Rücktritt von Rebensburg. © imago/GEPA pictures

AZ: Hallo Frau Dürr, gerade haben Sie bei Instagram ein Foto aus Levi gepostet und darunter geschrieben: "Auf der Suche nach dem Schnee". Haben Sie ihn mittlerweile gefunden, den finnischen Schnee?
LENA DÜRR: Ja, wir hatten gerade unsere erste Trainingseinheit. Der Schnee ist gut - zwar wenig, aber gut. Griffiges Eis würde ich sagen. Aber viel Schnee ist es echt nicht. Ich war ja schon oft in Levi, aber so habe ich es noch nie gesehen.

Die 29-jährige Münchnerin Lena Dürr ist aktuell die Erfahrenste im DSV-Team. Ihre Spezial-Disziplin ist der Slalom.
Die 29-jährige Münchnerin Lena Dürr ist aktuell die Erfahrenste im DSV-Team. Ihre Spezial-Disziplin ist der Slalom. © imago /Sammy Minkoff

Weltcup in Finnland trotz Corona

An den Hang dürften Sie trotzdem gute Erinnerungen haben, im Olympia-Winter 2017/2018 lösten Sie dort direkt das Ticket für die Spiele Pyeongchang.
Ja, und letztes Jahr war ich dort Zehnte. Natürlich geht's immer wieder von vorne los. Aber es ist für mich - egal wie die Trainings vorher waren - immer ein cooles Gefühl, hier zu sein.

Aktuell wird das Gefühl aufgrund der Corona-Krise wahrscheinlich nicht ganz so cool sein. Wie war die Anreise?
Der Flug nach Finnland war sehr gut organisiert, der gesamte Weltcup-Tross ist zusammen in einer Charter-Maschine geflogen. Wir alle haben schon vorher einen Test machen müssen, damit wir überhaupt das Flugzeug besteigen durften und dann nach unserer Ankunft in Finnland folgte gleich der nächste Test. Man fühlt sich da schon sicher, weil man ja weiß, dass in diesem Flugzeug nur Menschen sitzen, die gesund sind, die jetzt über Wochen regelmäßig getestet wurden.

"Jeder Sportler weiß, dass er eine besondere Verantwortung hat"

Wie in eigentlich allen Profi-Sportarten bewegen Sie und die anderen DSV-Athletinnen sich gerade in einer Blase, um das Ansteckungsrisiko so gering wie möglich zu halten. Trotzdem könnte theoretisch nur ein positiver Fall diese Blase zum Platzen bringen.
Jeder Sportler weiß natürlich, dass er jetzt eine besondere Verantwortung hat. Man muss auf sich selbst schauen - aber eben auch auf seine Teamkollegen. Das verbindet uns als Mannschaft aber auch, denn jeder achtet darauf, dass wir alle als Team gesund durch diesen Winter kommen.

Der DSV investiert diesen Winter große Summen in Charter-Flüge, Vorkehrungen in den Hotels und andere Hygienemaßnahmen, um die Ansteckungsgefahr so gering wie möglich zu halten. Zugleich müssen die Athleten über Wochen ohne ihre Familie auskommen. Fragt man sich da nicht, ob die Saison diesen Aufwand überhaupt wert ist?
Schwierige Frage. Es geht aktuell schon ganz schön rund auf der Welt. Aber solange wir unseren Sport unter sicheren Bedingungen ausüben können, beziehungsweise solange nicht die Athleten oder die Menschen drumherum in Gefahr gebracht werden, finde ich es vertretbar. Aber klar, man hat seine Kontakte zu Hause runtergeschraubt - wie jeder andere auch. Und man überlegt sich also sehr gut, wo man hinfährt - oder wen man trifft. Man ist, wie alle anderen auch, schon sehr eingeschränkt.

Dürr: Rebensburgs Abschied war schon überraschend

In den letzten Jahren hat Viktoria Rebensburg bei den alpinen Frauen des DSV alles überstrahlt. Was haben Sie gedacht, als Sie von ihrem Rücktritt erfahren haben?
Wir waren zu diesem Zeitpunkt als Mannschaft in Saas-Fee in der Schweiz beim Skifahren. Das war schon überraschend für uns. Vor allem, weil sie die Entscheidung so spät im Jahr erst getroffen hat, also nachdem sie im Sommer noch trainiert hatte. Das ist Vicky bestimmt nicht leichtgefallen. Deshalb Hut ab, ich habe den allergrößten Respekt vor ihrer Entscheidung.

Gesucht wird nun ein neues Aushängeschild des DSV. Fühlen Sie sich aufgrund ihrer großen Erfahrung bereit dazu, diese Rolle zu übernehmen?
Ja, natürlich immer. Diese Rolle würde doch jede gern übernehmen, aber das entscheide ja nicht ich. Ich versuche einfach, die Leistung zu bringen, die maximal in mir steckt.

Im Ski-Slalom ist Dürr konstant und sicher

Alpin-Vorstand Wolfgang Maier sprach nach dem Weltcup-Auftakt in Sölden, bei dem es keine DSV-Fahrerin in den zweiten Durchgang geschafft hat, davon, dass Sie und ihre Kolleginnen nicht genug riskiert hätten.
Mag sein, dass da zu viel Respekt bei uns allen mitgefahren ist. Risiko und Attacke, das braucht's einfach, um auf diesem schwierigen Hang Erfolg zu haben. Da muss man brutal sein und darf nicht einmal zögern, sonst kommt das dabei heraus, was eben bei uns heraus gekommen ist.

Und dann meldet sich auch ihre Ex-Kollegin Maria Höfl-Riesch zu Wort und spricht von einer "Enttäuschung". . .
Das habe ich gar nicht so mitbekommen. Wir waren alle eh enttäuscht genug nach diesem Tag. Uns allen war ja bewusst, dass wir nicht gezeigt haben, was wir eigentlich können.

Zum Glück steht in Levi jetzt der Slalom auf dem Programm, ihre Paradedisziplin.
Richtig. Da habe ich eine ganz andere Ausgangsposition, bin in der zweiten Startgruppe, also zwischen Platz acht und 15. Im Slalom war ich in den letzten Jahren viel konstanter und fühle mich viel sicherer.

Ziel der Skifahrerin: Immer unter den ersten 15 sein

Bundestrainer Jürgen Graller will nun den Umbruch im Team vorantreiben, hat aber gleichzeitig als Ziel für diese Saison ausgegeben, dass es gelingen soll, regelmäßig unter die Top-15 zu fahren. Ein machbarer Spagat?
Für mich ist es ganz klar der Anspruch unter die ersten 15 oder die auch die ersten zehn zu fahren. Ich bin ja jetzt auch schon echt lange dabei. Für jüngere Fahrerinnen wie zum Beispiel die Luisa Mangold (Weltcup-Debütantin, Anm. d. Red.) ist es noch etwas anderes - aber für mich ist es definitiv ein realistisches Ziel.

Ihr übergeordnetes Ziel ist wahrscheinlich eh die WM in Cortina d'Ampezzo im kommenden Februar? Trauen Sie sich überhaupt schon, ein bisschen Vorfreude auf dieses Highlight zuzulassen?
Angesichts der Umstände denke ich noch gar nicht so weit voraus. Im Moment können wir Athleten doch froh sein, von Rennen zu Rennen zu schauen.

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