Singapur: Zweiter Saisonsieg für Sebastian Vettel
Singapur - Der Doppelweltmeister behielt am Sonntag in dem ereignisreichen Formel-1-Rennen mit zwei Safety-Car-Phasen den Durchblick und gewann zum ersten Mal wieder seit dem 22. April in Bahrain. "Du bist zurück in der WM", gratulierte Teamchef Christian Horner. "Ja, wir haben es geschafft", kreischte der glückselige Red-Bull-Pilot zurück.
Allerdings profitierte Vettel bei seinem 23. Formel-1-Sieg vor Jenson Button im McLaren und WM-Spitzenreiter Fernando Alonso im Ferrari auch vom Getriebeschaden, der den führenden Lewis Hamilton im McLaren nach nicht einmal der Hälfte der Renndistanz gestoppt hatte. Wegen der Verzögerungen wurde der 14. Saisonlauf nach Ablauf der Maximal-Rennzeit von zwei Stunden beendet, Vettel hatte da 59 der 61 angesetzten Runden absolviert.
Eine der Safety-Car-Phasen hatte Kumpel Michael Schumacher mit einem heftigen Auffahrunfall verschuldet. Der Rekordchampion stieg unverletzt aus seinem schwer demolierten Silberpfeil - vor einem Jahr war der siebenmalige Weltmeister ebenfalls nach einem Crash beim Großen Preis von Singapur ausgeschieden. Teamkollege Nico Rosberg kam hingegen ins Ziel und wurde beachtlicher Fünfter, Nico Hülkenberg nach einem Reifendefekt im Force India letztlich 14. Zwei Ränge davor durfte Timo Glock als Zwölfter sein mit Abstand bestes Ergebnis im Marussia bejubeln.
Für Vettel war es indes schon zu Beginn genau der Start, den er brauchte, um seinen Rückstand im Klassement einzudampfen. Statt der 39 Punkte und Rang 4 sind es nach seinem Sieg in Singapur 29 Punkte und Platz zwei. Als die Roten Ampeln ausgingen nahm sich der Hesse gleich in der zweiten Kurve den vom zweiten Platz gestarteten Spanien-Sieger Pastor Maldonado vor - problemlos. Vettel huschte innen am Williams-Piloten aus Venezuela vorbei. Ganz vorne konnte sich Hamilton nach seiner fünften Pole in diesem Jahr aus allem heraushalten.
Weiter hinten blieb WM-Spitzenreiter Alonso erstmal auf Rang fünf, Rosberg schob sich in der ersten Runde gegen den Uhrzeigersinn an Schumacher vorbei. Die beiden waren von den Rängen neun (Schumacher) und zehn (Rosberg) gestartet.
Mit dem Silberpfeil war das Duo allerdings ernüchternde zweieinhalb Sekunden langsamer pro Runde als Hamilton, der weiterhin als möglicher Nachfolger bei Mercedes bei einem Karriereende Schumachers gilt. In seinem chromglänzenden McLaren mit Mercedes-Motor fühlte sich Hamilton im schwülheißen Singapur erstmal sichtlich wohl und gab nach seinen Siegen in Kanada, Ungarn und zuletzt in Monza das Tempo vor.
Verfolger Vettel kam in der elften Runde zum ersten Reifenwechsel in die Box, auf Position zwölf reihte er sich wieder ein. Was zuerst wie ein taktischer Fehlgriff anmutete, erwies sich nach Hamiltons Pitstop zwei Runden danach fast als genialer Schachzug. Viel fehlte nicht, und Vettel wäre vor Hamilton geblieben.
Mit den spektakulären Bildern des lichtdurchfluteten 5,073 Kilometer langen Marina Bay Street Circuits konnte das Renngeschehen zunächst nicht mithalten, bis Vettel den Rauch aus dem Heck von Hamiltons McLaren sah. Der Brite rollte aus, stellte seinen Wagen sicher an der Seite ab, faltete die Hände und schüttelte ungläubig den Kopf nach dem dritten Aus in den vergangenen fünf Rennen.
Vettel ließ sich diese Chance nicht mehr nehmen. Auch wenn es noch einmal richtig spannend wurde. Nach einem Unfall in die Leitplanken des Inders Narain Karthikeyan in der 33. Runde musste das Safety Car raus. Nachdem das Rennen wieder freigegeben war, beschwerte sich Button via Boxenfunk über Vettel. Dann krachte Schumacher, der vor einem Jahr in Singapur auch schon einen schweren Crash gehabt hatte, nach einem Verbremser mit seinem Mercedes ins Heck des Toro Rosso von Jean-Eric Vergne.
"Was ist denn da passiert?", fragte die perplexe Mercedes-Rennleitung. Erneut musste das Safety-Car raus. "Ich habe definitiv nicht zu spät gebremst", verteidigte sich Schumacher: "Es hat sich verzögert." Für seinen Kumpel Vettel hieß es indes weiter Gas geben. Am Ende fuhr er mit einem Vorsprung von fast neun Sekunden auf Button und widmete seinen Sieg noch im Auto sitzend dem vor anderthalb Wochen verstorbenen langjährigen Rennarzt Sid Watkins.