Silberne Fernbeziehung

Turmspringer Hausding/Klein synchron auf Platz 2. Ihre Partnerschaft funktioniert so gut, weil sie sich nur alle drei Wochen zum Training treffen.
von  Abendzeitung
Getrennt trainieren, gemeinsam triumphieren: Patrick Hausding (vorn) und Sascha Klein mit ihrer Silber-Medaille.
Getrennt trainieren, gemeinsam triumphieren: Patrick Hausding (vorn) und Sascha Klein mit ihrer Silber-Medaille. © dpa

Turmspringer Hausding/Klein synchron auf Platz 2. Ihre Partnerschaft funktioniert so gut, weil sie sich nur alle drei Wochen zum Training treffen.

PEKING Viele Schwimmbadbesucher befällt beim Blick hinab vom Zehn-Meter-Turm die blanke Panik. Andere jedoch haben Spaß daran, sich in die Tiefe zu stürzen. „Wer Synchronspringen vom Turm macht, der darf auf jeden Fall kein Schisser sein", sagt Walter Alt. Alt ist Vorsitzender der Wasserspringer beim Deutschen Schwimmverband (DSV), und gestern war er besonders stolz auf zwei mutige Athleten: Patrick Hausding (19) und Sascha Klein (23), der Gymnasiast aus Berlin und der Sportsoldat aus Aachen, holten in Peking Silber. Nur geschlagen von dem als unschlagbar geltenden Chinesen-Duo Lin Yue/Huo Liang.

Und dass er ein echter Draufgänger ist, beweist der auf den ersten Blick so unscheinbare Schüler Hausding dann gleich nach der Siegerehrung. Die silberne Plakette um den Hals sagt er: „Gold in vier Jahren in London und dabei die Chinesen schlagen? Das ist auf alle Fälle möglich." An Selbstvertrauen mangelt es ihm nicht.

Bis dahin wird das wasserspringende Paar noch hunderttausende Male eintauchen. „12000 bis 16000 Sprünge", hat Cheftrainer Lutz Buschkow nach der zweiten Medaille seiner Abteilung – am Vortag waren Ditte Kotzian und Heike Fischer vom Drei-Meter-Brett zu Bronze gesprungen – hochgerechnet, seien die Medaillengewinner in diesem Jahr jeweils gesprungen.

Oftmals auch alleine. Denn sie müssen eine Trainings-Fernbeziehung führen. Hausding und Klein, „zwei ordentliche Burschen, die beide gerne Gag und Gaudi haben" (Buschkow), üben nur alle drei Wochen gemeinsam. Wobei einer der beiden immer eine Extraportion Gaudi braucht. „Der Patrick“, verrät der Coach, „verletzt sich schon mal häufiger, weil er nicht immer alles, was er macht, vorher so richtig durchdenkt."

Im Rahmen seiner stolzen Unfallliste kann sich der junge Hauptstädter – angepeilter Abi-Jahrgang 2009 – zum Beispiel an einen Meniskusriss erinnern, den er sich beim Volleyballspielen zugezogen hat. Eine eher ungefährliche Sportart. Haariger wird es dagegen, wenn er aufs Trampolin oder gar aufs Motorrad steigt. Buschkow wird dann jedes Mal angst und bange. „Da muss ich", erzählt der Springer-Coach, „zwischendurch einschreiten. Und da gibt es eben auch mal Mopedverbot."

Mit Synchronpartner Klein verläuft die Zusammenarbeit jedoch entspannt. „Der Sascha ist ein bisschen ruhiger", sagt Buschkow. Deswegen war der Mann aus Aachen nach dem misslungenen vierten der insgesamt sechs Sprünge auch derjenige, der das Duo wieder in die Spur brachte. Seelenmassage habe er betrieben. Und die hatte der frustrierte Hausding auch nötig: „Ich habe den Fehler gemacht, das hat mich angekotzt."

Sie verstehen sich eben. „Wir passen von Natur aus gut zusammen, sind beides lustige Leute", sagt Hausding. Und Klein fügt hinzu: „Wir sehen uns sonst so selten, da fangen wir hier wenigstens nicht an zu streiten." Außerdem teilen sie eine Leidenschaft fürs Billardspiel und dessen urenglische Variante Snooker. Im Olympischen Dorf hat Klein laut Hausding zwar noch keinen Satz gewonnen, dafür hat er sich gestern erfolgreich auf das Einzelfinale vom Turm am vorletzten Olympia-Tag eingestimmt.

Denn Klein gibt es auch als Solist. „Die Silbermedaille, das ist natürlich Wahnsinn“, sagte der Olympia-Novize und teilte mit, dass er nun sofort seine „Freundin Franziska anrufen“ müsse. Wahrscheinlich auch, um ihr zu erzählen, dass er nun voller Optimismus in den nächsten Wettbewerb geht: „Ich wollte gute Sprünge fürs Einzel zeigen.“ Die Sprünge zu Silber waren für ihn nicht viel mehr als zusätzliche Trainingseinheiten. Kollege Klein nimmt’s ihm nicht übel. Er gewinnt halt bis dahin noch ein paar mal beim Snooker.

Andreas Morbach

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