Sieg über das Schicksal: „Wir sind New Orleans“

Erstmals gewinnen die Saints den Superbowl.Quarterback Brees widmet den Sieg – unter Tränen – der einst vom Hurrikan Katrina verwüsteten Stadt und all ihren Bewohnern.
MIAMI 60 Minuten lang war Drew Brees der Mann, der alles kontrollierte. Doch dann war es vorbei. Die unglaubliche Coolness, die der Quarterback der New Orleans Saints in seinem ersten Superbowl gegen Indianapolis gezeigt hatte, fiel von ihm ab. Brees küsste erst seine Frau Brittany, dann drückte er seinen gerade ein Jahr alten Sohn Baylen liebevoll an sich. Und plötzlich war Drew Brees nicht mehr der gefeierte Footballer, der sein Team zum 31:17-Triumph über die favorisierten Colts geführt hatte, er war nur noch überglücklicher Vater und Ehemann.
„Ich habe mein Leben lang von diesem Moment geträumt, ihn mir ausgemalt. Aber die Realität ist so viel besser“, sagte Brees schluchzend, als er die Trophäe, welche die Saints erstmals in ihrer 43-jährigen Geschichte gewannen, umarmte. Sogar der kleine Baylen streichelte den Pokal. „Dieser Sieg“, sagte der gerührte Quarterback, „ist nicht nur ein Sieg der Saints, es ist ein Sieg von New Orleans, ein Sieg der Menschen von New Orleans. Ihr seid alle Sieger! Ihr habt das Schicksal besiegt! Ich liebe euch!“
Die Geschichten von Brees und New Orleans passen zusammen. Brees war nach elf Operationen am Ende seiner Karriere, als ihn die notorisch erfolglosen Saints von den San Diego Chargers holten. Es war ein Neuanfang. Nein, eher eine Wiederauferstehung. In einer Stadt, die 2005, kurz vor Brees’ Wechsel, vom Jahrhundert- Hurrikan Katrina verwüstet wurde. Die Stadt stand zu 80 Prozent meterhoch unter Wasser, 1800 Menschen starben, der Schaden belief sich auf 81 Milliarden Dollar, Abertausende verloren ihr Heim.
Der Superdome, Spielort der Saints, wurde zum Katastrophencenter. 60000 Menschen fanden dort Unterschlupf, schliefen auf dem Spielfeld, auf den Sitzen. Die Arena wurde zum Symbol des Wiederaufbaus, der Weigerung, sich dem Schicksal zu ergeben. Der Texaner Brees war so schockiert, dass er Hammer und Säge in die Hand nahm, und in seiner Freizeit zerstörte Häuser reparierte. Nicht für die Kameras, sondern weil er es als seine „Christenpflicht“ (Brees) ansah. Dafür wurde er gefeiert als „Saint of New Orleans“, als Heiliger von New Orleans. Er bekam den Spitznamen „Breesus“.
„Wir haben der Welt und uns bewiesen, dass keine Macht der Welt uns am Boden halten kann“, sagte Brees, der mit Gattin Brittany eine Stiftung gegründet hat, die sich dem Wiederaufbau verschrieben hat, die sich der Kinder von New Orleans annimmt.
Die Stadt hat ihr Trauma Katrina bezwungen, sie ist zusammengewachsen. Erstmals seit 32 Jahren hat die Südstaaten-Metropole mit Mitch Landrie einen weißen Bürgermeister. „Wir alle sind New Orleans“, sagte Brees. Und die Tränen liefen ihm übers Gesicht.
kby