Sextner Dolomiten: Hochpustertal im Aufbruch

"Na, drehen wir 'ne Runde?" Alfred Prenn (53) Marketingchef der Bergbahnen "Sextner Dolomiten" mit Skilehrer-Vorbildung, strahlt über das ganze Gesicht. Das mochte am Kaiserwetter liegen, am stahlblauen Himmel und der Sonne, welche die schneebedeckten, spitzen Gipfel der Berge ringsum in ein traumhaftes Naturszenario verwandelte.
Aber mehr noch war es eine Mischung aus Stolz und Vorfreude, an diesem Traumtag die Erfüllung eines Traumes zu präsentieren, der für eine ganze Region in Erfüllung gegangen ist. "Giro", Runde also, haben sie jene abwechslungsreichen 35 Kilometer getauft, die einem auf Skiern die berühmten "Drei Zinnen" näher bringen denn je und nur möglich geworden sind, weil in einem finanziellen Kraftakt 28 Millionen Euro in die Zukunft investiert wurden. Dafür werden die Giro-Fahrer mit einer spektakulären Tour belohnt, die bis ins italienische Comelico führt.
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Im Gebiet Stiergarten, der neuen Verbindung von Helm und Rotwand Foto:Uli Eder
Abfahrt ist am neuen Bahnhof in Vierschach - auf Skiern, nicht mit dem Zug. Allerdings halten hier seit dieser Saison die in den Landsfarben Südtirols bunt lackierten Wagons des Ski Pustertal Express', der das neue Skidorado mit dem benachbarten Kronplatz verbindet und den Brettlfreunden noch mehr Möglichkeiten eröffnet. Wir nehmen die Gondel ab dem ebenfalls neu gebauten Servicezentrum "Purka" und entschweben zur ersten Etappe des Giro hinauf in Richtung des 2.434 Meter hohen Helm. Es ist der Anfang einer Tour, auf der fünf Skiberge grüßen und gut 10.000 Höhenmeter überwunden werden. Wer schnell zu Ski ist, schafft den Giro mit Hilfe der neuen Achter-Gondeln, welche die Abfahrten von Helm und Rotwand über den 2.092 hoch gelegenen Stiergarten verbinden, in weniger als vier Stunden. Aber atemlos seine Spuren in den Schnee zu setzen, ist besonders hier nicht Sinn der Sache. All die Aus- und Einblicke auf und neben den Pisten zu übersehen, wäre pure Ignoranz. Deshalb sollte man sich wenigstens einen Tag Zeit nehmen und am besten am nächsten Morgen gleich wiederkommen, um diese Entdeckungsreise für Skigourmets auszukosten. "Wir sind der ideale Ort für Genuss-Skifahrer," preist Alfred Prenn die insgesamt 57 Abfahrten seines Arbeitsplatzes. Es ist mehr als nur eine Marketingaussage. Es ist eine Ansage.
Im Mittelpunkt stehen Skierlebnisse mit Genuss
Pistchenchef Egarter (r.) und Ex-Rennläufer Patrick Holzer, mit zwei Weltcupsiegen das Skiidol des Hochpustertals Foto:Uli Eder
Die Genuss-Abfahrten: "Was die Pistenqualität angeht, gehören wir mit Sicherheit zu den Top drei in Südtirol," sagt Rudolf Egarter, als Technischer Direktor für deren Zustand und Sicherheit verantwortlich. 15 Pistenfahrzeuge präparieren die Spielwiesen der Skifahrer, ebnen die breiten, weißen Runs, die sich wie Highways ins Tal schlängeln. Und weil sie dabei Buckel schon im Ansatz glätten, verliert selbst eine Abfahrt wie die Holzriese im Gebiet der Rotwand, mit einem Gefälle von 71 Prozent die steilste in ganz Südtirol, ihren Schrecken.
Hinzu kommt, dass insgesamt 260 Schneekanonen die Gegend von Frau Holle nicht nur völlig unabhängig machen, sondern jederzeit für perfekte Bedingungen sorgen. Auf heimtückische Eisplatten trifft man hier ungefähr so oft wie der in der Wüste. Auch darauf ist Pistenchef Egarter ziemlich stolz: "Weil wir viel in die Sicherheit investieren, sind die Skiunfälle in den letzten Jahren um rund 40 Prozent zurückgegangen."
Dank solcher Motive weltberühmt: die Drei Zinnen Foto:Tourismusverband Hochpustertal
Die Genuss-Optik: Wer einmal unter blauem Himmel auf Helm oder Stiergarten jenseits der 2.000 Höhenmeter die Dolomiten um sich herum erlebt, begreift spätestens dann, warum sie zu den spektakulärsten Gesteinsformationen der Welt gehören. Mittendrin die Drei Zinnen und die Sextner Sonnenuhr, deren Gipfel von links nach rechts deshalb Neuner bis Einser heißen, weil sie nacheinander stündlich von der Sonne gekratzt werden und sich früher die Bauern im Sommer so an der größten Uhr der Welt orientieren konnten. Dieses Phänomen ist mindestens so verblüffend wie die Fernsicht, bei der an klaren Tagen in gut 180 Kilometern Entfernung die Öztaler und die Zillertaler Alpen zum Greifen nahe sind. In nächster Nähe: Fünf gemächliche Kilometer auf dem Skiweg Unseco als Teil des Giro. Langsam Dahingleiten auf einem Wanderweg und die verschneite Schönheit eines Weltkulturerbes mit allen Sinnen erleben. Einmalig!
Der Gourmet-Genuss: Gehört dazu wie die Liftkarte. Wer mehr möchte, als nur den kleinen Hunger zwischendurch zu stillen, sollte den Einkehrschwung hier ansetzen: 1. Lärchenhütte an der Talabfahrt Sexten. Bekannt für die besten Schlutzkrapfen im Skigebiet, mit einer wunderbaren Kartoffel-Quark-Füllung die unabhängige Antwort auf die italienischen Ravioli. 2. Rudihütte neben der Bergstation der Rotwand-Bahn. Rudi ist nicht nur ein hervorragender Koch regionaler Spezialitäten, sondern auch ein glänzender Entertainer. Wenn der Chef singt, schmeckt's doppelt gut. 3. Hahnspielhütte, über den Sessellift Helm zu erreichen. Genießt auf 2.150 Metern nicht nur den Ruf der höchst gelegenen Hütte, sondern wird vor allem für eine Spezialität höchst gelobt. Die Spaghetti aglio e olio sind legendär. 4. Der Wintergarten im neuen Servicezentrum Punka an der Talstation Vierschach-Helm. Excellente italienische Karte. Marketingchef Alfred Prenn hat sogar die Auswanderungspläne nach Neuseeland vereitelt, um Küchenchef Giovanni im Tal zu behalten. 5. Jora-Hütte am Haunold. Das Beste zum Schluss, "Mountain Dining" bei Markus Holzer, Spitzenkoch und Buchautor ("Pasta on the rocks"). Sterne-Niveau auf der Piste. Die Topadresse für Gourmets im Hochpustertal.
Attraktion für Kinder im Rotwand-Gebiet: die Rentierfütterung Foto:Tourismusverband Hochpustertal
Genuss für Kids: Die bis zu zehn Meter hohen Riesenschneemänner der Rotwand, eine Ski-Cross-Strecke am Haunold, drei Rodelbahnen - für die Kids haben sich die Verantwortlichen schon immer einen Gedanken mehr gemacht. Genial aber war die Idee mit den Rentieren. Rudolf Egarter, damals noch Verantwortlicher für das Skigebiet der Rotwand, importierte anno 2000 ein paar Exemplare und gewöhnte sie in mühevoller Kleinarbeit an ihre neue Heimat. Eine Attraktion sind die wöchentlichen Fütterungen der sechsköpfigen Rentier-Familie, und wenn sie der Weihnachtsmann im Dezember vor seinen Schlitten spannt, sehen die Kinder mit eigenen Augen, wie ihre Geschenke transportiert werden. Wie das Leittier heißt? Blöde Frage - Rudolf natürlich.
Ein Mann und seine Vision: "Müssen in der ersten Liga spielen"
Ja, es herrscht Aufbruchstimmung im Hochpustertal und seinen Dörfern Sexten, Innichen, Toblach, Niederdorf und Prags. Endlich. Und damit kommen wir zu einem Mann, ohne den wohl nichts so wäre, wie es ist. Als Erwin Lanzinger, 72 und neben seinem Job als Hotelier auch Präsident des Tourismusverbandes Hochpustertal, vor mehr als 15 Jahren erste Studien für einen Zusammenschluss der Skigebiete Helm und Rotwand vorstellte, hielt man ihn - milde ausgedrückt - für einen Fantasten. Jetzt, nach "der Verwirklichung meines größten Traumes", wie er sagt, empfinde er "große Genugtuung". Denn: "Wir müssen in der ersten Liga spielen, auf Augenhöhe mit Gröden oder Alta Badia." Für sein Hochpustertal hat Lanzinger schon immer gekämpft. Jüngst ist ihm wieder einmal ein Coup geglückt, der den Sextner Dolomiten weltweit eine gute Presse garantiert: vom 26. bis 29. März hat sich das "Star Team for Children" zum Charitiy-Event mit Ski Cross- und Biathlonrennen angesagt. Mit Gründer und Schirmherr Fürst Albert von Monaco. Der wird übrigens standesgemäß in der Präsidentensuite von Lanzingers Sport- und Kurhotel Bad Moos residieren, wo auch das Galadinner stattfinden wird.
Lockte Fürst Albert von Monaco ins Tal: Visionär Erwin Lanzinger Foto:Uli Eder
Und so gehört auch der Visionär selbst zu den zahlreichen Gewinnern im Hochpustertal, das von einem Winter auf den anderen attraktiv wie nie wurde. Wenn das kein Grund zu guter Laune ist.
Infos, Anreise: Brennerautobahn bis Ausfahrt Brixen/Pustertal, danach circa 70 Kilometer bis Sexten. Hotel-Tipp: Hotel Leitlhof (4 Sterne) in Innichen. Innovatives Haus mit autarker Energieversorgung. Der 24-jährige Stephan, Sohn des Eigentümers Robert Möhlmann, hat ein Blockheizkraftwerk mit Holzvergasung zur beispielhaften Vorzeigeanlage perfektioniert. Sie versorgt das komplette Hotel inklusive des auf 30 Grad beheizten Außenpools mit Wärme. Der Leitlhof (auch mit eigener Schafzucht sowie Kräuter- und Gemüsegarten) ist Mitglied der Hotelvereinigung Green Pearls, die für umweltschonenden Tourismus steht. Weitere Informationen: Tourismusverband Hochpustertal, www.hochpustertal.info und Sextner Dolomiten, www.SextnerDolomiten.com