Severin Freunds langer Anlauf zurück auf die Schanze

Nach zuletzt zwei Kreuzbandrissen und zig weiteren Verletzungen hat sich Severin Freund ins Weltcup-Team zurück gekämpft.
von  Thomas Becker
Zurück im Weltcup-Team: der von zig Verletzungen genesene Olympiasieger und mehrfache Weltmeister Severin Freund.
Zurück im Weltcup-Team: der von zig Verletzungen genesene Olympiasieger und mehrfache Weltmeister Severin Freund. © picture alliance/dpa

München - Er ist wieder da: Severin Freund. Ein guter Freund der in Treue fest vor den Fernsehschirmen Daumen drückenden Fan-Gemeinde. Und die singt nun wieder fröhlich im Chor: Lange war der Sevi krank, jetzt springt er wieder, Gottseidank!

Ein wenig hatte man Severin Freund vergessen

Man hat ihn beinahe ein wenig vergessen, den mittlerweile 33-jährigen Olympiasieger und Skiflug-Weltmeister von 2014, den Doppel-Weltmeister und Gesamt-Weltcupsieger von 2015, den Tournee-Zweiten von 2015/16.

Bei der Nordischen Ski-WM 2021 holte er zudem in Oberstdorf zwar schon wieder Gold, allerdings mit der Mannschaft und stand dabei klar im Schatten der nächsten - ebenso verdammt erfolgreichen - Generation um Karl Geiger und Markus Eisenbichler.

Viele Jahre war Freund verletzt

Jahrelang hatte Freund mit Verletzungen zu kämpfen. 2016 ging es los: Hüft-OP. Im Jahr darauf: Kreuzbandriss. Nach der Rückkehr auf die Schanze: der nächste Kreuzbandriss, Olympia 2018 fand ohne den Titelverteidiger statt. Mannschaftskollege Andreas Wellinger holte Gold. Bei Freund blieb es kompliziert: Meniskus-OP 2019. Danach: Rückenprobleme. Man kann fast von einer Seuche sprechen.

Aber Freund blieb dran - mit Erfolg: Als nun in Oberstdorf die 70. Vierschanzentournee startete, stand er als einer von sieben Deutschen wieder am Start - und legte in der zeitweise vom Winde verwehten Qualifikation gleich ordentlich los: 126 Meter im ersten Versuch.

"Habe den kleinen Umweg über den Continental Cup nehmen müssen"

Den zusätzlichen Quotenplatz für das deutsche Springer-Team hatte Freund durch starke Leistungen im Continental Cup erkämpft. Vorab sagte der Routinier: "Ich freue mich wahnsinnig, dass ich bei der Tournee dabei bin. Ich habe jetzt den kleinen Umweg über den Continental Cup nehmen müssen, da ich nicht gleich von Anfang an in der Weltcup-Mannschaft dabei war. So ist im Moment die Situation im deutschen Skisprung: Wir haben international derzeit das stärkste Team. Da ist es kein Selbstläufer, dass man sich intern durchsetzt. Die sechs Springer, die am Start waren, haben sich bisher alle eindrucksvoll bewiesen."

Der ewige Rekonvaleszent ist also wieder in der Spur. ARD-Skisprung-Experte Sven Hannawald jubelt: "Es freut mich unheimlich, dass er es sich selber verdient hat und dadurch viel mehr Selbstvertrauen mit in die Tournee nimmt, als wenn er nur einfach so mitgenommen wird."

Hannawald: Freund habe "sich nach seiner Misere wieder hochgearbeitet"

In diesem Fall habe man dann nämlich "das Prinzip des Rechtfertigens in sich, will etwas zeigen, ist aber nicht locker - das funktioniert nicht", sagte Hannawald, "Severin war ja früher der dominierende Mann, hat die deutsche Fahne hochgehalten und sich nach seiner Misere wieder hochgearbeitet, zudem unter einem neuen Bundestrainer."

Anders als gewohnt ist in Oberstdorf diesmal keine nationale Gruppe an den Start gegangen. Die "zweite Reihe" darf sich erst beim Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen beweisen. Ob dann auch der achtmalige Weltcupsieger Richard Freitag, der zuletzt nur noch im drittklassigen FIS-Cup sprang, dabei sein wird, ist derzeit noch offen.

Richard Freitag: Sven Hannawald hat einfach nur Mitleid

Über den schon seit Jahren formschwachen Sachsen, dessen letzter Weltcupsieg bereits vier Jahre zurückliegt, sagt Hannawald: "Da habe ich einfach Mitleid. Wenn er so weitermacht, ist das Zeitverschwendung. Alle Menschen um ihn herum versuchen, ihm alles möglich zu machen, dass es wieder klappt. Aber wenn er sich selbst im Weg steht und seinem Gegenüber kein Vertrauen gibt, dann tut es mir leider leid."

Dabei hat der Trainer der finnischen Skisprung-Ikone und Tournee-Rekordsieger Janne Ahonen einst über den jungen, heute mittlerweile auch schon 30 Jahre alten Freitag gesagt: "So ein Talent habe ich seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen."

Aber es reicht eben nicht, nur Talent zu haben, weiß Hannawald: "Du musst auch dem Trainerteam gegenüber Vertrauen ausstrahlen. Klar, einen Kompromiss finden, aber letztlich dem Trainer folgen, nicht anders herum."

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.