Sensationeller WM-Auftakt in Katar: Gold und Weltrekord

Doha - Vor den beiden Goldmedaillen von Kugelstoßer Dietz (Bünde/14,87 m) und Weitspringerin Low (Bayer Leverkusen/4,79 m) hatte es in der allerersten Entscheidung der WM schon eine Bronzemedaille mit deutschem Rekord durch Frank Tinnemeier (Hillentrup/14,33) im Kugelstoßen gegeben. Jana Schmidt (Cottbus/3,73) sprang bei Lows Sieg ebenfalls auf Rang drei.
Die absolut überragende Athletin des ersten Tages war aber Low. Die 25-Jährige, die mit dem australischen Athleten Scott Reardon liiert ist und Oklahoma City in den USA lebt und trainiert, setzte mit dem Weltrekord von 4,72 im zweiten Versuch ein riesiges Ausrufezeichen - und legte im dritten mit 4,79 m gleich noch einen Weltrekord nach. Die starke Konkurrenz um die bis auf einen Zentimeter an ihre bisherige Weltbestmarke herangesprungene Italienerin Martina Caironi war geschlagen.
Low: Nicht jeder fährt so schnell wie Vettel
Low, der nach einem Unfall an einem Bahnübergang 2006 beide Beine oberhalb der Knie amputiert werden mussten, startete erstmals mit neuen, 15.000 Euro teuren Prothesen, bestehen aus drei Teilen: Einem Schaft, in dem die Oberschenkel eingepasst werden, dem Knie, einer Art Pendel, und den Federn. Dies sei aber nur ein Teil ihres Erfolgs, beteuerte die gebürtige Schwerinerin: "Man kann ja auch nicht jeden Menschen in einen Ferrari setzen, und der fährt dann so schnell wie Sebastian Vettel." Man müsse die Prothesen auch mit Kraft, Fitness und Geschick einsetzen.
Dietz' Sieg war derweil komplett überraschend, da der Diskuswurf seiner Klasse nach seinem Paralympics-Sieg in London für Rio 2016 gestrichen wurde. Der 30-Jährige sattelte "mit Wut im Bauch" um und überbot mit WM-Rekord den klar favorisierte Titelverteidiger Wladimir Swiridow aus Russland um acht Zentimeter.
Dietz will hart trainieren: "Dann rocken wir Rio"
"Das ist mega-geil", sagte Dietz danach ausgelassen: "Der Russe ist bärenstark. Ich wollte ihn einfach ein wenig ärgern. Den Angriff auf ihn hatte ich eigentlich erst für Rio geplant. Aber nun habe ich Gold geholt." Der Sieg gebe "natürlich einen riesigen Motivationsschub für Rio 2016. Ich weiß, dass dort mit dieser Weite kein Gold und vielleicht nicht einmal eine Medaille zu holen ist. Aber bis dahin ist noch viel Zeit und ich werde hart an mir arbeiten. Dann rocken wir Rio".
Für Dietz, der bei einem Autounfall 2004 eine schwere Halswirbelverletzung erlitten hatte, war es der dritte internationale Titel. Mit dem Diskus hatte er 2012 bei den Paralympics und bei der WM vor zwei Jahren Gold gewonnen.
Tinnemeier, dem nach einem schweren Motorradunfall 1999 der linke Unterschenkel mit Knie entfernt werden musste, war dagegen hin- und hergerissen. "Persönliche Bestleistung, deutscher Rekord - da hätte es vielleicht auch noch eine andere Farbe der Medaille sein können", sagte er: "Doch auch Bronze ist prima, ich bin sehr zufrieden."