Selbst Rocky ist zu schwach

Die DTM-Saison ist vorüber, den Titel hat sich Mike Rockenfeller geholt. Der ist kaum bekannt – und die Rennserie wenig glamourös. Strietzel Stuck erklärt die Probleme voin Audi, Mercedes und BMW.
von  Ralf Loweg

Zandvoort - Der Titelgewinn von Mike Rockenfeller passt irgendwie zur trostlosen DTM-Saison. Und das auch noch im niederländischen Nirgendwo an der Nordsee. Aus Marketing-Gesichtspunkten wird die DTM immer mehr zum Fiasko. Audi hat einen Meister, den kaum jemand kennt und der deshalb schwer zu vermarkten ist. Dieser „Rocky” ist zu leise und zu lieb.

Mercedes fährt seit drei Jahren hinterher. Mehr als 100 Millionen haben sich die Schwaben das kosten lassen. Und BMW ist ein Jahr nach dem Überraschungs-Coup durch Bruno Spengler hart gelandet. Die AZ nimmt mit Motorsport-Legende Hans-Joachim Stuck (62) die drei Hersteller unter die Lupe.

AUDI: Die Ingolstädter schaffen es nicht, Kapital aus dem Titel zu schlagen. Vor zwei Jahren wurde Martin Tomczyk Meister. Aber wer weiß das noch? Der ging zu BMW, Audi schaute in die Röhre. Stuck gibt nicht nur den Herstellern die Schuld, sondern auch dem Fernsehen. „Die ARD hat es nicht geschafft, die DTM-Fahrer bekannt zu machen. Schade”, sagt Stuck, der sich als Präsident des Deutschen Motor Sport Bundes natürlich eine starke DTM wünscht.
Wie man aus „Rocky” einen Helden machen soll, weiß auch der „Strietzel” nicht: „Er kann ja nicht nach jedem Rennen drei Saltos schlagen.” Mit Wehmut denken Fans an die großen DTM-Zeiten. Damals waren die Fahrer die Hauptdarsteller. Jeder kannte Klaus Ludwig, Bernd Schneider, Christian Danner oder Stuck. Und heute? „Spengler war ein toller Meister, aber ehrlich: Den kennt man nicht”, sagt Stuck. Wenn man schon einen Mädchenschwarm wie Spengler nicht wahrnimmt, was ist dann ein Titelträger Rockenfeller für die kriselnde DTM wert? Ob Audi dank ihm ein einziges Auto mehr verkauft, darf bezweifelt werden. Das war zu Stucks DTM-Zeiten anders. Er löste durch seinen Titel 1990 einen Boom aus und machte die Marke Audi bei den DTM-Fans erst bekannt.

MERCEDES: Jahrelang beherrschten die Stuttgarter die DTM. Schneider (5) und Ludwig (3) holten acht Titel. Jetzt versucht Mercedes mit einer Truppe von Namenlosen (Merhi, Juncadella, Wickens, Wehrlein, Vietoris, Paffett) die Kurve zu kriegen. Für mehr als 30 Millionen pro Saison! Dieses Geldvernichten kommt inzwischen intern nicht gut an. Ginge es nach dem Daimler-Betriebsrat, sollte das Abenteuer DTM beendet und das Geld in den Erhalt von Arbeitsplätzen gesteckt werden.
Für Stuck war es ein „Armutszeugnis”, was Mercedes abgeliefert hat: „Bei denen läuten sicher alle Alarmglocken.” Vietoris hat als bester Silberpfeil-Pilot halb so viele Punkte geholt wie Rockenfeller. In der Marken-Wertung ist Mercedes abgeschlagen Letzter. „Wenn das Konzept von Anfang an nicht stimmt, hat man keine Chance, das aufzuholen”, sagt Stuck. Der neue Motorsportchef Toto Wolff scheint kein großer DTM-Fan zu sein. Er lässt sich bei den Rennen gerne von Pressesprecher Wolfgang Schattling vertreten. „Ich kann ihn verstehen. Er wusste schnell, dass er mit dieser Truppe nicht Meister wird”, sagt Stuck. Das steigert nicht gerade den Stellenwert der DTM. Für Vorgänger Norbert Haug wäre es undenkbar gewesen, ein einziges DTM-Rennen auszulassen.

BMW: Die Bayern kommen mit einem (weiß)-blauen Auge davon. Wer nach 20 Jahren Pause auf Anhieb alle drei Titel holt, hat einen Bonus verdient. „Die BMW-Rückkehr war ein Segen für die DTM”, sagt Stuck. Immerhin fuhr Augusto Farfus bis zum vorletzten Rennen um den Titel mit. Im Gegensatz zu Mercedes, weiß BMW genau, wie wichtig bekannte Fahrer sind. So holten die Münchner Formel-1-Pilot Timo Glock – der größte Coup auf dem Transfermarkt. Zudem gibt es Gerüchte, dass Superstar Juan Pablo Montoya 2014 in die DTM kommen könnte. Der fuhr einst schon mit großem Erfolg in der Formel 1 für BMW. Sollte das klappen, steht jetzt schon fest, wem die Schlagzeilen gehören. Da kann Rockenfeller so viele Titel gewinnen wie er will... 

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