Sebastian Vollmer im AZ-Interview: "Der pure Wahnsinn! Aber es ist erst der Anfang"

AZ: Herr Vollmer, Sie haben in Ihrer illustren Football-Karriere, in der Sie als einziger Deutscher zwei Mal den Super Bowl gewonnen haben, viel erlebt, aber so eine Stimmung wie beim ersten Gastspiel der NFL in Deutschland bei der Partie zwischen den Tampa Bay Buccaneers und den Seattle Seahawks in der Allianz Arena dürfte auch für Sie einzigartig gewesen sein, oder?
SEBASTIAN VOLLMER: Absolut. Wie Sie schon sagten, ich habe viel erlebt, aber so eine Atmosphäre beim American Football, das kennt man in den USA eigentlich nicht, das war der pure Wahnsinn. Ich war ganz zum Schluss der Partie genau zu dem Moment an der Seitenlinie, als die Fans aus vollsten Kehlen "Sweet Caroline" angestimmt haben und sie die Arena mit ihren Handys erleuchtet haben. Das war Gänsehaut, einfach gigantisch.
Da wären Sie, der 2017 die Karriere beendet hat, sicher gerne noch mal als Spieler auf dem Feld gestanden.
Klar, das hätte ich auch gerne mal erlebt. Aber es ist gut, wie es ist. Ich weiß sehr genau, warum ich meine Karriere beendet habe. Ich bin jetzt einfach glücklich, dass ich ein Teil dieses Projekts bin und dass ich das miterlebt habe.

Sebastian Vollmer: "Liga war extrem beeindruckt, wie Football hier in Deutschland zelebriert wurde"
Sie sind Botschafter der NFL, der nordamerikanischen Football-Profiliga.
Ja. Ich kann nur sagen, die Liga war extrem beeindruckt, wie Football hier in Deutschland zelebriert wurde, welche Begeisterung hier für den Sport herrscht. Ich habe in den USA immer Werbung für Deutschland gemacht, habe denen erzählt – ja, vorgeschwärmt –, wie die Atmosphäre in deutschen Stadien ist. Aber das waren eben nur Worte. Das ist nichts im Vergleich zu dem Erlebnis vor Ort. Ich war mit den Vertretern der New England Patriots...
Für die Sie jahrelang gespielt haben und die sich neben den Buccaneers, Carolina Panthers und den Kansas City Chiefs die exklusiven NFL-Vermarktungsrechte für Deutschland gesichert haben.
Genau. Ich habe deren Begeisterung gesehen. Ich kann nur sagen, Deutschland kann wirklich stolz darauf sein, was hier in München auf die Beine gestellt wurde. Wie die Klubs hier aufgenommen wurden, das hat Eindruck hinterlassen.

"Es gibt viele Ideen"
Viele träumen davon, dass irgendwann mal der Super Bowl in Deutschland ausgetragen wird, dass es einen eigenen NFL-Verein in Europa geben wird.
Es gibt viele Ideen, es steckt aber auch viel Logistik dahinter. Aber eines ist klar: Wir stehen hier in Deutschland erst ganz am Anfang dieser Entwicklung. Wenn man sich überlegt, wie es mit London vor 15 Jahren in Europa angefangen hat und wie es dort jetzt mit der NFL aussieht, sieht man, was möglich ist. Wenn ich daran denke, wie es war, als ich vor 25 Jahren aktiv mit Football angefangen habe und wo der Sport hier jetzt ist, ist das unglaublich.
Eigentlich war ja geplant, dass München im Wechsel mit Frankfurt nur alle zwei Jahre ein NFL-Spiel ausrichten wird, jetzt sieht es so aus, dass München schon 2023 wieder Gastgeber sein könnte, weil der Ausbau des Stadions am Standort Mexiko-Stadt nicht rechtzeitig fertig wird.
Das lass ich jetzt mal unkommentiert so stehen. Wenn es was zu verkünden gibt, wird die NFL es tun.
Sie haben nach dem Spiel mit Ihrem alten Teamkollegen Tom Brady, der die Buccaneers in München zum Sieg geführt hat, gesprochen: Wie angetan war er eigentlich von dem Event in München?
Sehr. Er war ehrlich beeindruckt. Er ist auch der perfekte Mann dafür, wenn es darum geht, für Aufmerksamkeit zu sorgen. Denn: Er liefert immer ab, wenn es wichtig ist. Egal, ob im Super Bowl oder jetzt, wenn die Liga sich auf einem neuen Markt präsentiert. Dann, wenn andere vielleicht unter dem Druck Probleme haben, wächst er über sich hinaus. So ist Tom. Als Spieler, aber auch sonst.

Wie sehr nehmen Sie ganz persönlich die stetig wachsende Football-Popularität in Deutschland wahr?
(lacht) Der Grund, warum, ich mich bei Ihnen etwas verspätet gemeldet habe, ist, dass ich am Flughafen dauernd angesprochen wurde, ob ich mit jemand ein Selfie machen könnte. Mach ich natürlich gerne.
Sie leben ja seit vielen Jahren in den USA. Was haben Sie sich denn in der alten Heimat alles gegönnt, bevor es zurückgeht?
(lacht) Deutsches Essen. Brezn, Schweinshaxn, Schnitzel. Ich habe ja nach der aktiven Karriere viel abgenommen. . .
. . .um die 45 Kilo.
Davon sind jetzt sicher wieder ein, zwei mehr wieder drauf.