Interview

Sebastian Vollmer im AZ-Interview: "Brady ist der Muhammad Ali des American Footballs"

Der frühere deutsche NFL-Star Sebastian Vollmer spricht exklusiv in der AZ über die Quarterback-Ikone Tom Brady, seine lange Krankenakte, Qualen weit über die Erbrechensgrenze hinaus - und schwule Footballer.
von  Matthias Kerber
"Er macht alle anderen Spielern um ihn herum so viel besser", sagt Ex-NFL-Star Sebastian Vollmer (u.) über seine früheren Teamkollegen Tom Brady (r.), hier beim Super-Bowl-Sieg 2021 mit Rob Gronkowski.
"Er macht alle anderen Spielern um ihn herum so viel besser", sagt Ex-NFL-Star Sebastian Vollmer (u.) über seine früheren Teamkollegen Tom Brady (r.), hier beim Super-Bowl-Sieg 2021 mit Rob Gronkowski. © imago images/UPI Photo

Der 37-jährige Sebastian Vollmer spielte von 2009 bis zum Karriereende 2016 als Offensive Tackle in der NFL American Football. An der Seite von Quarterback-Legende Tom Brady stand der Hüne (2.05 Meter, 145 Kilo) drei Mal im Super Bowl, triumphierte dort zwei Mal (Saison 2014 und 2016). Gerade kam sein Buch "What It Takes" (Riva-Verlag, 192 Seiten, 20 Euro) heraus.

AZ: Herr Vollmer, Sie waren jahrelang bei den New England Patriots Teamkollege von Football-Superstar Tom Brady. Wie verrückt muss man in Ihren Augen sein, wenn man dagegen wetten würde, dass er mit den Tampa Bay Buccaneers in der neuen NFL-Spielzeit den Super-Bowl-Coup der Vorsaison wiederholt?
SEBASTIAN VOLLMER: Sehr, sehr verrückt. Ich sage es seit gefühlten Jahrzehnten. Ich würde nie - ich wiederhole: nie - gegen Brady wetten. Ich erinnere mich an 2014, da haben wir bei den Kansas City Chiefs 14:41 verloren. Alle Experten haben danach das Ende der Patriots-Dynastie vorausgesagt, gemeint, dass Brady nicht mehr der Alte sei. Was passiert? Brady holt den Super Bowl! Und noch vier weitere! Vergangenes Jahr haben sie wieder sein Ende prophezeit. Die Wahrscheinlichkeit, dass Brady mit einem neuen Team, neuem Trainer, dazu noch coronabedingt ohne echte Vorbereitung mit dem Team triumphieren würde, war minimal. Aber Tom hat sie alle Lügen gestraft. Also noch mal: Wenn es um etwas geht, würde ich nie gegen Tom wetten. Ich kenne wahrscheinlich keinen Menschen, der den Wettstreit mehr liebt als er.

Klingt so als hätten Sie Ihre eigenen Erfahrungen mit Wetten gegen Brady gemacht.
(Iacht) Ich bin gegen ihn im Wetttrinken angetreten. Ich dachte, ich bin größer, schwerer, habe als Deutscher in meinem Leben auch schon zwei, drei Bier getrunken - und dann ext er ein Bier in einer Sekunde weg. Der Typ ist unglaublich. Aber man muss auch sagen, dass er seine Wettstreite gut wählt. Im 100-Meter-Sprint würde ich ihn vernaschen, aber da fordert er mich nicht heraus. Er will immer gewinnen und kennt dann auch keine Gnade.

Vollmer: Brady besteht auf Einlösen des Wetteinsatzes

Ein Beispiel?
Ich erinnere mich an ein Kartenspiel im Flieger nach einem Spiel. Eine große Runde - und Tom hat natürlich alles abgeräumt. Er besteht dann aber auch darauf, dass die Verlierer ihren Wetteinsatz einlösen. Da wird nicht zurückgesteckt, er entlässt keinen aus der Schuld.

Was treibt Brady mehr an? Wird er mehr von der Liebe etwas zu gewinnen getrieben oder dem Hass, zu verlieren?
Wow, das wurde ich so noch nie gefragt. Ich denke, dass es bei ihm eine Mischung aus beidem ist. Gewinnen macht echt Spaß, aber ich denke, dass er das Verlieren noch ein bisschen mehr hasst, als er das Gewinnen liebt. Vor allem zu verlieren, wenn man weiß, dass man besser ist. Und wenn man Tom Brady ist, weiß man, dass man besser als alle ist - oder zumindest fast alle.

Brady wird auch als der GOAT, der Greatest of all Time, der Größte aller Zeiten bezeichnet, eine Bezeichnung, die eigentlich für Muhammad Ali reserviert war. Ist Brady der Ali des American Football?
Ohne Zweifel, Brady ist der Ali des American Footballs - das ist unstreitig. Mit ihm im Team hat man an jedem Abend die Chance, zu gewinnen. Das weiß ich aus eigener Erfahrung. Selbst, wenn man 3:28 zurückliegt, man gibt nie auf, man hat dieses Selbstvertrauen. Man denkt nie, diese Partie ist gelaufen, sondern weiß, wir haben Brady, wir haben immer eine Chance. Immer. Man muss auch sagen, dass er die anderen Spieler um sich herum so viel besser macht. Nicht nur die Receiver, denen er den Ball zuwirft, sondern uns alle. Er wirft den Ball so schnell zu den Receivern, dass ich in der O-Line eine viel bessere Chance habe, die Verteidiger zu blocken. Und er weiß immer, wo er hinwirft. Ich habe mir stets gedacht: Wenn wir anderen Spieler alles tun, damit Tom seinen Job zu hundert Prozent ausüben kann, werden wir siegen. Das einzige Problem ist, wenn wir anderen Spieler in dem Moment auf dem Platz unseren Job nicht erledigen. In 99 Prozent der Fälle ist Brady der Grund, warum du gewinnst - und sicher nicht der Anlass, dass du verlierst.

Vollmer infizierte sich mit Corona und verlor 15 Kilo

Sie spielten als Offensive Tackle bei den Patriots und gewannen mit Brady zusammen zwei Mal den Super Bowl. Eine der passendsten Beschreibung Ihres Arbeitsprofils dürfte "Bradys Lebensversicherung" gewesen sein, oder?
So habe ich mich ehrlich gesagt auch gefühlt. Es war wirklich so, wenn mal ein Sack passiert ist und ein Gegner liegt mit seinem ganzen Gewicht auf Brady drauf, tut das einem in der Seele weh. Es ist ganz viel Stolz dabei, seinen Job bestmöglich zu erledigen. Ich hatte immer den Anspruch an mich, der Beste auf dieser Position zu sein, den es in der NFL gibt, aber da war auch ganz viel Beschützerinstinkt bei mir dabei. Weil ich die direkte Verantwortung für den Menschen habe, der hinter mir steht und der sich dem Moment nicht wehren kann.

Bei Bradys letztem Coup, dem Super-Bowl-Triumph mit Tampa Bay im Februar, konnten Sie kaum zuschauen - aber nicht vor Spannung...
Das stimmt, ich hatte mich mit Corona infiziert. Es hat insgesamt etwa drei Wochen gedauert, zwei davon waren richtig intensiv. Ich habe 15 Kilo verloren, hatte über 40 Grad Fieber, Atemnot, ich musste ins Krankenhaus, um mich untersuchen zu lassen. Ich hatte zwar nie die Angst, zu sterben, aber es hat mich richtig umgehauen. Ich bin eigentlich ein fitter Kerl, esse sehr gesund, trainiere jeden Tag - und trotzdem hat es mich so krass erwischt.

Wie geht ein Mann wie Sie, der so von seiner Physis lebt, mit dieser plötzlichen Kraftlosigkeit und Schwäche um?
Es ist schwer, mental zu verarbeiten. Ich wurde in meiner Karriere zwölf Mal operiert, kenne mich mit Verletzungen aus, aber ich war mit Sicherheit, noch nie so krank. Es ging mir so schlecht, dass ich nicht essen konnte - oder wollte. Man weiß zwar, dass man essen muss, aber man will einfach nicht. Dann zum Schluss kam noch die Atemnot. Ich lag im Bett, drehte mich um, wollte nur einen Schluck Wasser trinken. Aber diese Halbdrehung hat mich so mitgenommen, dass ich echt zehn Minuten danach hecheln musste. Ich habe auch 45 Minuten gebraucht, um nach oben in die Dusche zu kommen, musste mich erst hinlegen, um wieder Kraft zu sammeln, Luft zu schnappen. Du liegst nur da, kannst nichts machen. Außer zu hoffen, dass alles gut ausgeht. Es war schwer. Auch, weil ich drei kleine Kinder habe, verheiratet bin. Meine Frau hat mir mit der Maske auf das Essen gebracht, meine Kinder kamen rein, wollten den Papa umarmen - alles mit Masken. Zum Glück sind meine besseren Hälften alle gut davongekommen - und nach zwei Monaten war auch bei mir wieder weitgehend alles in Ordnung.

Vollmer wurde zwölf Mal operiert

Sie haben gerade das Buch "What It Takes" veröffentlicht. Eines der Schlüsselworte darin ist "unerbittlich". Der Sport American Football ist es, aber auch Sie sind es gegen sich und Ihren Körper. Ihre Krankenakte allein kann schon ein ganzes Buch füllen.
Wie gesagt, ich wurde zwölf Mal operiert, vielfach doppelt an Gelenken. Ich hatte Kreuzbandrisse an beiden Knien. In der rechten Schulter habe ich überhaupt keinen Knorpel mehr, da reibt Knochen auf Knochen, in beiden Knien habe ich kaum noch Knorpel. Ich wurde zwei Mal an der Hüfte operiert, da fehlt ein großes Stück. Ich habe mir die Beine vier Mal gebrochen, da sind sie viele Schrauben und Platten drin, das hält alles irgendwie zusammen. Wenn ich durch den Metalldetektor am Flughafen gehe, klingelt es dauernd. Da muss ich immer drei Mal durch. Die kleinen Verletzungen wie Fingerbrüche zähle ich mal nicht. Ich habe Spätfolgen, die mit Sicherheit im Laufe der Jahre nicht besser werden, dessen bin ich mir bewusst. Es gibt kaum einen Footballer, der aus einer langen Karriere herauskommt und nicht irgendwelche Probleme hat. Es ist ein brutaler Sport und das ist der Preis, den wir alle zahlen. Ist das unerbittlich? Ja. Ich bin so oft als möglich im Fitnessstudio, weil ich glaube, dass man durch Sehnen und Muskeln die Gelenke schonen kann. Ich habe drei Kinder, es wäre für mich persönlich eine Schande, wenn ich mit ihnen nicht mehr spielen könnte, nur, weil mein Körper nicht mehr mitmacht. Aber wenn ich mich in 30 Jahren so fühle wie jetzt, sage ich: perfekt.

Ein hoher Preis, den Sie da zahlen mussten.
Jeder Job bewirkt Verschleiß im Körper. Die einen haben es an den Augen oder dem Rücken, weil sie dauernd an PC und Schreibtisch sitzen. Man muss immer gewisse Dinge machen, um in seinem Job erfolgreich zu sein und für seine Familie Brot auf den Tisch zu bekommen. Ich sehe das so: Alles im Leben hat sein Preisschild.

Das beschreiben Sie in Ihrem Buch sehr eindringlich - Sie werden wahrscheinlich eine Mülltonne nie mehr mit den Augen sehen können, wie wir anderen, oder?
Auch eine Frage, die ich so noch nie gehört habe (lacht). Aber es stimmt. Diese großen grauen Tonnen aus Plastik standen immer auf dem Trainingsgelände und die Spieler haben sich reihenweise vor Erschöpfung darin übergeben. Ich selber habe das dutzende Male gemacht. Wenn ich es überhaupt bis dahin geschafft habe. Oft genug habe ich es nicht geschafft. Dann läufst du einfach durch deinen eigenen Brei hindurch. Ja, all das sind die Opfer, die hinter diesem Traum Profifootballer zu sein, stehen, die aber keiner sieht - oder wahrhaben will. Man übergibt sich, rennt durch den Brei und macht weiter. Was viele Footballer - und auch ich - als selbstverständlich ansehen, ist für die allermeisten Menschen schlicht nicht vorstellbar. Die sagen: Warum machst du sowas? Für mich war es der einzige Weg, um erfolgreich zu sein. Ich war sicher besessen vom Training, besessen alles zu geben. Besessenheit und Sucht liegen sicher sehr eng beieinander. Als meine Frau dann mit unserer Tochter schwanger war, war mir klar, ich muss in Rente gehen, damit meine Familie nicht irgendwann darunter leidet. Ich habe so viele Operationen hinter mir, irgendwann ist Schluss. Klar, ich hätte sicher noch ein paar Jahre aus meinem Körper rausquetschen können. Aber wozu? Der goldene Rollstuhl macht am Ende nicht viel Sinn. Ich konnte mit der Entscheidung immer gut leben - und kann es noch. Ich habe meinen Traum gelebt, jetzt lebe ich einen anderen Traum. Den des Familienvaters.

Es heißt ja immer "mens sana in corpore sano" - in einem gesunden Körper lebt ein gesunder Geist. Würden Sie nach all den Erfahrungen im Sport sagen, dass der Geist den Körper manchmal zu ungesunden Dingen treibt?
Das war bei mir sicher ganz oft der Fall. Ich war mit Sicherheit einer, der zu viel gemacht hat. Nach einem Kreuzbandriss habe ich nach zwei Tagen Pause wieder trainiert und zwei weitere Tage später wieder gespielt, obwohl mir ein Topmediziner geraten hat, mindestens sechs Wochen auszusetzen. Man blendet die Schmerzen irgendwie aus, die Angst um den Job treibt dich voran. Man kann mit dem Kopf, mit der Willenskraft ganz viel bewirken. Wenn der Körper aus Erschöpfung erbricht, könnte man davon ausgehen, dass er am Ende ist. Aber das stimmt schlicht nicht: Man kann sich viel weiter quälen, als der Körper glaubt. Man kann ziemlich weit über die Erbrechensgrenze hinaus trainieren. Mit mentaler Stärke, die auch trainiert werden muss, kann man sich viel weiterbringen, als man sich vorstellen kann. Ob das gesund ist, ist eine ganz andere Frage. Aber Fakt ist: Es geht.

Vollmer über Druck in der NFL: "Ein unbarmherziges System"

Sie sprechen in Ihrem Buch den extremen mentalen Druck und Drill im Training an, fühlen sich an den Soldaten-Film "Full Metal Jacket" erinnert.
Ja, man wird zwar nicht an die Wand gereiht und angeschrien wie bei Full Metal Jacket, aber man wird angebrüllt. Durch die Gefahr, in jeder Sekunde seinen Job zu verlieren, wird ständig Druck aufgebaut. Den Job zu verlieren, kann jedem passieren. Groß, klein, gut schlecht, teuer, billig - jedem. Das drohende Ende schwingt bei allem immer mit. Manche kommen damit sehr gut klar, - andere nicht. Es gibt die, die dadurch "zugrunde gehen", sie kommen nie an ihre körperliche und geistige Leistungsgrenze, erreichen nie ihr wahres Potenzial, andere wachsen an diesem Druck. Dazu habe ich auch gehört. Ich habe mir, immer wenn ich angeschrien wurde, gesagt: Dem zeige ich es! Dann muss ich eben besser werden. Natürlich will man das alles nicht hören, schon gar nicht, wenn es mit Schimpfwörtern ausgeschmückt wird, es ist ein hartes Pflaster. Aber am Ende zählt: Man gewinnt. Es ist ein unbarmherziges System, aber ein erfolgreiches. Und ich wollte immer Erfolg.

Damit wären wir wieder bei unerbittlich.
Ich habe früh gelernt, es ist sehr leicht, für sich selber Entschuldigungen zu finden. Dieses "Warum nicht" als ständiger Begleiter. Davon war ich auch selber befallen. Sehr viel Energie wird in negative Gedanken gesteckt. Es kostet aber die gleiche Energie, sich positive Gedanken zu machen, sich etwas in den Kopf zu setzen, um etwas zu erreichen. Wenn man für sich selber ein Prioritätensystem definiert, muss für das, was an Nummer 1 steht, alles andere weichen. Das ist ein sehr einfaches Lebensmotto. In der Theorie! Das Problem ist aber, dass die Dinge, die dafür weichen müssen, oft auch sehr wichtig sind - und das ist oft sehr verletzend für andere. Ich hab Hochzeiten und Geburtstage der Menschen, die mir besonders wichtig sind, verpasst, auch Geburten. Ich habe Silvester über Jahrzehnte nicht mit anderen feiern können. Es ist hart, ich habe sicher zehn Jahre geopfert, um dieses Leben jetzt führen zu können. Aber ich bereue nichts.

In der NFL ändert sich im Umgang mit Gehirnerschütterungen, die früher nicht ernst genommen wurden, viel. Line-backer-Ikone Junior Seau ist das erschreckende Beispiel. Er hatte in der Karriere so viele Gehirnerschütterungen erlitten, dass er danach jeden Tag unerträgliche Kopfschmerzen hatte, Depressionen bekam und am Ende Selbstmord beging. Sein Gehirn wurde danach untersucht, es war so mitgenommen, wie das eines 90-Jährigen.
Ich habe mit Junior noch gespielt. Ich hätte diesen Suizid nie erwartet. Wenn man gesehen hat, wie er um fünf Uhr morgens mit seiner Ukulele dasaß und alle unterhalten hat, war er für mich gefühlt der glücklichste Mensch der Welt. Aber die inneren Dämonen, die er bekämpfen musste, waren stärker, die vielen Gehirnerschütterungen haben einen großen Faktor gespielt, keine Frage.

Vollmer: Schwul-Sein sollte "für alle einfach normal" sein

Carl Nassib von den Las Vegas Raiders hat sich als erster aktiver NFL-Spieler als homosexuell geoutet. Ist das immer noch so ein Tabuthema?
Ich habe persönlich mit einem Footballer zusammen gespielt, der nach seiner Karriere offenbart hat, dass er schwul ist. In einem Magazin hat er dann davon erzählt, dass er gedacht hat, dass er sich, wenn er mit Football fertig ist, umbringt, weil er damit nicht klarkam. Er hat dann einen Psychologen aufgesucht, der ihm geholfen hat, aus dieser inneren Finsternis rauszukommen. Dass es solche Ängste und Vorurteile in unserer Zeit noch gibt, ist krass. Menschen, die den Mut haben öffentlich zu bekennen, homosexuell zu sein, die den ersten Schritt wagen, um anderen zu zeigen, dass sie nicht allein sind, kann man nur unterstützen. Ich hoffe sehr, dass wir irgendwann zu dem Punkt kommen, dass Schwul-Sein für alle einfach normal ist. Jeder sollte sein können, wie er ist. Ich glaube auch nicht, dass es im Football ein Problem ist. Ein Team ist so eine geschlossene, verschworene Gemeinschaft, dass es den anderen in meinen Augen egal ist, was einer im Schlafzimmer macht. Ich kenne keinen Footballer, der sagen würde, mit dem spiele ich nicht, weil er schwul ist.

Zuletzt haben einige Footballer mit Ihren Niederknie-Protesten beim Anspielen der US-Hymne für Aufregung gesorgt. Der damalige Präsident Donald Trump diffamierte diese Spieler als "Hurensöhne".
Das ist in Amerika - je nachdem, mit wem man spricht - immer noch ein heikles Thema. Die Schwierigkeit, die ich sah, ist, dass Football ein Teamsport ist und die Aktionen von einigen damit alle betroffen haben. Es gibt in den Teams viele Spieler, die etwa beim Militär waren, die sagen, ich könnte nie vor der Flagge niederknien. Wobei die Geste ja nicht als Zeichen gegen das Militär, die Flagge, das Vaterland gedacht war, sondern als Zeichen gegen Rassismus und Polizeigewalt. Aber das ging in der Diskussion irgendwann unter.

Was halten Sie von Sportlern wie dem Footballer Colin Kaepernick, dem Basketballer LeBron James, die ihre Bühne nützen, um sozialpolitische Themen in den öffentlichen Fokus zu rücken?
Als Sportler hat man über Social Media eine Riesenplattform, wenn man die für Gutes nutzen kann - in welcher Form auch immer - befürworte ich das. Für etwas einzustehen, an das man glaubt und dadurch vielleicht Veränderung herbeizuführen, ist absolut etwas Gutes. Letztlich tun wir das alle auf unsere Weise. Wir alle haben eine Meinung, wir vertreten sie mit unseren Mitteln, auf unserer Plattform. Diese Sportler haben eben Mittel, die die große Öffentlichkeit erreichen. Ich sehe es so: Wenn man am Ende des Tages gut schlafen kann weil man sagen kann, dass man für sich selbst alles richtig gemacht hat, war es ein guter Tag.

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