Schwestern und Konkurrenz: Riesch vs. Riesch

Whistler (dpa) - Auf der Piste ist es bei Maria und Susanne Riesch vorbei mit dem familiären Zusammenhalt. «Wir werden uns wieder am Start gegenseitig pushen, das ist unser Ritual. Aber dann sind wir Konkurrentinnen und jede will schneller sein als die andere», sagte Susanne Riesch.
Beim Slalom am 26. Februar sollen die 25 Jahre alte Kombinations-Olympiasiegerin und ihre drei Jahre jüngere Schwester Susanne die Medaillenbilanz noch einmal aufhübschen - beide zählen zum Favoritenkreis.
Einige Dutzend Geschwister tummeln sich in Vancouver im Zeichen der olympischen Ringe und auch im deutschen Team sind eine Hand voll davon unterwegs. Wie die Bob- und Rodel-Brüder Thomas und André Florschütz, die Eistänzer Christina und William Beier oder die Eisschnellläufer Stephanie und Patrick Beckert. Aber nirgendwo ist es ein Duell um Gold in einer Sportart.
«Interessant ist, wenn sie miteinander über Slalom reden, merkt man, dass keine irgendwie zurückzieht. Beide wissen voneinander, dass die eine die andere schlagen kann», sagte Chef-Bundestrainer Mathias Berthold, der nichts dagegen hätte, dass die olympische Geschwister- Geschichte auf dem Slalom-Podest fortgesetzt wird. Der Amerikaner Phil Mahre gewann 1984 Gold vor seinem Zwillingsbruder Steve Mahre. Und 1964 in Innsbruck bildeten Christine Goitschel und ihre ein Jahr jüngere Schwester Marielle Goitschel eine französische Doppel-Spitze.
In dieser Saison schaffte es Susanne Riesch erstmals, nicht nur als Schwester der «großen» Maria Riesch, sondern als eigene Ski- Persönlichkeit wahrgenommen zu werden. «Susanne hat lange genug in meinem Schatten gestanden und es war nicht immer einfach für sie», sagte Maria Riesch. «Sie hat ihre eigene Persönlichkeit und will nicht immer nur in Verbindung mit mir genannt werden.» In der Regel hatte Maria im Slalom die Nase vorn, aber das eine oder andere Mal war auch schon «die Suse» schneller. Beim Weltcup in Zagreb stand sie gar auf dem Podest und die berühmte Schwester als Vierte nur daneben.
«Den großen Sprung hat Susi vom letzten Jahr auf dieses gemacht. Sie ist zum Profi geworden und arbeitet fleißig», beschrieb Berthold. Bei Maria Riesch, die in frühen Jahren nicht mit dem letzten Eifer beim Konditionstraining dabei war, sei das ähnlich gewesen. Allerdings sei ihr auch vieles leichter von der Hand gegangen. «Letztlich sind sie schwer zu vergleich, weil beide sehr unterschiedliche Typen sind», meinte Berthold über die Vielfahrerin (Maria) und die Slalom-Spezialistin (Susanne). «Aber ehrgeizig sind beide auf alle Fälle.»
Die Schwestern-Vergleiche, sagte Susanne während der Weltcup- Saison, stören sie nur, wenn sie falsch sind. Sie sei nicht die Chaotin, als die sie im Vergleich zur wohlorganisierten Maria schon dargestellt wurde. «In meiner Wohnung ist es auch ordentlich», betonte die zweimalige Podestfahrerin, die nicht als Anhängsel der Slalom-Weltmeisterin wahrgenommen werden möchte. Aber die Schwester, mit der sie sich auch gerne im Tennis-Duell misst, sei in Sachen Ordnung extrem. «Die stört es ja schon, wenn eine Jacke über dem Stuhl hängt.»
Vor der Saison hatte Maria Riesch einmal gesagt, dass sie hoffe, dass beide mal zusammen auf dem Podium stehen können, «wer dann vorn ist, ist mir eigentlich egal». Beim Kampf ums Gold dürfte das keinem der beiden gleichgültig sein. Die Goitschel-Schwestern lösten dieses Problem vor fast einem halben Jahrhundert übrigens sehr elegant. Im Slalom war Christine vorn, im Riesenslalom Marielle. Die unterlegene gewann jeweils Silber. Für Sotschi 2014 muss Susanne Riesch also nur noch eine weitere Disziplin ins Repertoire aufnehmen.