Schumis Sensations-Comeback: „Ich fühl' mich wie zwölf“

Der Rekord-Champion wagt es tatsächlich: Mit 41 Jahren wird er erstmals für Mercedes in der Formel 1 starten. Und er träumt sogar vom achten Titel. „Mein Rennfahrerhunger ist erwacht“
Am 3. Januar wird Michael Schumacher 41 Jahre alt. Er selbst freilich fühlt sich jünger, viel jünger. „Ich komme mir vor wie ein zwölfjähriger Junge, der durch die Gegend hüpft“, sagte Schumacher, fast juchzend, am Mittwoch. Der Grund für die Wieder-Kindwerdung: Schumi ist zurück. Zurück in der Formel 1.
Dienstagnacht hat der mit sieben gewonnenen Weltmeisterschaften erfolgreichste Autorennfahrer aller Zeiten in Stuttgart einen Vertrag mit Mercedes unterschrieben. Für schier unmögliche drei Jahre will Schumacher wieder mit Vollgas über die Rennstrecken rasen – und wieder Weltmeister werden. „Das Ziel kann natürlich nur sein, am Ende wieder ganz oben auf dem Treppchen zu stehen“, sagt er am Morgen nach der Vertragsunterschrift der AZ in einer Mercedes-Telefonkonferenz.
1239 Tage werden beim Saisonauftakt am 14. März in Bahrain vergangen sein seit seinem letzten Rennen. Weit mehr als drei Jahre, in denen Schumacher sein Leben als Vollgas-Rentner wirklich genossen hat. Das sagen alle, die ihn kennen. Und das sagt auch er selbst: „Mir hat all die Zeit wirklich nichts gefehlt. Ich hatte viel Spaß am Leben, mir war nie langweilig.“
Die Sucht nach dem Adrenalin
Tatsächlich schien sich er sich gut eingerichtet haben in seinem neuen Leben. Ein Leben, das aus Familie bestand, aus regelmäßigen Pokerabenden mit alten Freunden, aus Klettern, Fallschirmspringen, Motorrad- und Kartrennen. Schumacher schien den Absprung geschafft zu haben vom Kreiseldrehen, vom Adrenalin, von dem alle Rennfahrer irgendwie süchtig sind.
Schumacher war clean – und kehrt doch wieder zurück. Das hat viel mit dem zu tun, was diesen Sommer geschehen ist. Damals, als er für den verletzten Felipe Massa bei Ferrari einspringen wollte, hatte Schumacher einsehen müssen, dass sein Körper verwundbar ist. Dass auch einem Michael Schumacher nicht alles gelingt, was er möchte. Eine Verletzung am Nacken, die er sich bei einem schweren Motorradunfall im Februar zugezogen hatte, verhinderte die Rückkehr. Schumacher zog sich – tief enttäuscht, frustriert und verletzt – wieder zurück ins Privatleben.
Doch die Geister, die er rief, ward er fortan nicht mehr los. Er trainierte weiter, so verbissen, als ob er doch wieder dazugehören würde zum Vollgaszirkus, machte Nackenübungen, nahm an Kartrennen teil, ehrgeizig wie zu besten Formel-1-Zeiten. „Auf einmal ist mein alter Rennfahrerhunger wieder erwacht“, sagt er nun.
„I did it your way“
Und als dann im November Ross Brawn kam, sein alter Weggefährte, „Superhirn“ genannt, kam und ihn fragte, ob er sich eine Rückkehr vorstellen könnte, da war es um Schumacher geschehen. Brawn hatte gerade mit dem nach ihm benannten Rennstall und den allenfalls als durchschnittlich begabt geltenden Jenson Button zum Titel geführt und war kurz davor, seinen Rennstall an Mercedes verkaufen. Brawn saß bei allen sieben Titeln Schumachers am Kommandostand, über die Jahre hatten sie sich richtig angefreundet. Bei einer Party im Fahrerlager im Sommer am Nürburgring hatte Schumacher nachts mit freiem Oberkörper den Sinatra-Klassiker „My way“ gesungen. Nur, dass er „I did it your way“ sang und dabei auf Brawn gezeigt hatte.
Nun will Brawn mit Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug, auch ein Freund Schumachers, den Silberpfeil-Mythos wieder auferstehen lassen. Zwei Wochen überlegte Schumacher, dann „kam das alte Feuer wieder hoch“, sagte er, „ich bin total heiß auf das nächste Jahr, und offen gesagt juckt es mich heute schon bei der Aussicht, wieder ins Lenkrad zu greifen.“
Spätestens im Februar, wenn die Formel 1 wieder testen darf, wird Schumacher das tun, was er am besten kann. Dieses Mal wird das Comeback nicht platzen. „Meinem Nacken“, sagt Schumacher, „geht es bestens“.
Filippo Cataldo