Schumi in Monte: Das Ende der Zurückhaltung
MONTE CARLO - Michael Schumacher legt sich – endlich – wieder mit Kollegen und (englischen) Reportern an. Für den AZ-Autor ist das ein Zeichen, dass der Rekord-Weltmeister zu alter Stärke zurückfindet.
Es war eine illustre Gesellschaft, die sich am Donnerstagabend in der Lobby des edlen Hotel Hermitage in Monte Carlo versammelt hat. Die Ex-Formel-1-Stars Jackie Stewart, Stirling Moss und Jacques Laffite waren da, natürlich auch FIA-Boss Jean Todt und Formel-1-Oberzampano Bernie Ecclestone, im Schlepptau mit Flavio Briatore, übrigens. Der hat zwar eigentlich wegen der Crashgate-Affäre des Vorjahres bis 2013 Formel-1-Verbot, aber eine gute Party hat sich Flavio noch nie entgehen lassen. Am Donnerstag feierte die Formel 1 sich selbst. Am Montag ist es schließlich 60 Jahre her, dass zum ersten Mal ein Formel-1-Rennen gestartet wurde.
Michael Schumacher war nicht zur Party gekommen. Am Freitag haben die Fahrer während des Monaco-Wochenendes zwar immer frei, Schumacher hätte also durchaus ausschlafen können. Doch der Rekordweltmeister zog es vor, rechtzeitig ins Bett zu gehen und am frühen Morgen in den umliegenden Bergen Rad zu fahren.
Am Sonntag beim Rennen (14 Uhr, sky und RTL live) will Schumacher schließlich endgültig in die Saison starten.
Das ordentliche Rennen in Barcelona vergangene Woche, als Schumacher trotz eines eher lahmen Silberpfeils guter Vierter wurde, scheint im Rekordweltmeister endgültig wieder den Ehrgeiz frühere Tage geweckt zu haben. In Monaco präsentiert sich Schumacher dieser Tage so angriffslustig wie noch nie zuvor in den letzten Monaten. Beim freien Training am Donnerstag lieferte er sich endlich Duelle auf Augenhöhe mit Sebastian Vettel, Nico Rosberg und Fernando Alonso. Immer, wenn einer eine schnellere Runde auf den Asphalt brannte, versuchte Schumacher nachzuziehen. Mit Erfolg: Am Ende hatte er als Fünfter nur zwei Zehntel Rückstand auf Alonso. „Ich hatte heute viel Spaß auf der Strecke“, sagte er.
Abseits der Strecke hielt sich der eher in Grenzen. Anders als während der Rennen in Übersee, als er noch jeden Misserfolg auf der Strecke souverän weggelächelt hatte, legte er sich in Monaco mit einigen britischen Journalisten an. „Ihr langweilt mich“, sagte er während der offiziellen FIA-Pressekonferenz. Die Reporter hatten es gewagt, Schumacher nach einem der unfairsten Aktionen seiner Laufbahn zu fragen: dem Parkmanöver in der Rascasse 2006. „Ich rede nicht mehr über 2006“, sagte Schumacher nun barsch.
Schumachers Reaktion kann man, wie es die englischen Reporter getan haben, sicher als Arroganz abtun. Aber sie zeigt auch, dass Schumacher endlich wieder der Alte ist. Es gehörte immer zu Schumachers Stärken, im Zweifel immer nur sich selbst der Nächste zu sein. Diese Erfahrung musste in Barcelona auch schon Weltmeister Jenson Button machen, den Schumacher beim Überholen wegblockte. Ein waghalsiges, ein grandioses Manöver, freilich am Rande der Legalität. Ein typisches Schumacher-Manöver eben, an das sich die Rivalen wieder gewöhnen sollten. Schumacher hat die Zurückhaltung abgelegt. Der Silberpfeil wurde nach seinen Bedürfnissen umgebaut, mit vierten Plätzen wird er sich nicht mehr lange zufrieden geben.
Filippo Cataldo