Schumi-Comeback geplatzt: "Ich habe absolut alles versucht"

Die Vernunft siegt gegen das Verlangen nach Adrenalin: Schmerzen im Nacken zwingen Schumi zur Aufgabe. Er muss erkennen, dass er kein Renn-Roboter mehr ist. Irgendwie beruhigend.
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STUTTGART - Die Vernunft siegt gegen das Verlangen nach Adrenalin: Schmerzen im Nacken zwingen Schumi zur Aufgabe. Er muss erkennen, dass er kein Renn-Roboter mehr ist. Irgendwie beruhigend.

Und so haben wir also doch noch den Moment erlebt, in dem Michael Schumacher zum Menschen geworden ist. Gestern vormittag hat der Rekordweltmeister seine Rückkehr wieder abgesagt. „Ich habe absolut alles versucht, dieses Comeback auf Zeit möglich zu machen, aber zu meinem größten Bedauern klappt es nicht“, schreibt Schumacher auf seiner Website.

Die Motorsport-Lichtgestalt kann seinen beim letzten Rennen in Budapest verunglückten Freund Felipe Massa nicht vertreten. Der Rekordweltmeister kann die Formel 1 nicht retten. Nicht mehr.

Weil er eben nicht mehr der Rennfahrer-Roboter ist, als der er während seiner großen, 15 Jahre währenden Karriere bezeichnet worden war. Weil er nicht mehr die Mensch gewordene Maschine ist, die sich in ein Formel-1-Auto setzt, zwei Stunden mit halsbrecherischer Geschwindigkeit im Kreis fährt, dann jubelnd aussteigt und dabei aussieht, als ob er von einem Spaziergang zurückkehrt.

Schumacher ist ein nunmehr 40 Jahre alter Mann, der vor bald drei Jahren seine Karriere beendet hat. Ein Motorsport-Rentner mit einem verwundbaren und verwundeten Körper. „Die Schmerzen im Nacken, die nach dem privaten Formel-1-Tag in Mugello auftraten, haben wir leider nicht in den Griff bekommen – auch wenn wir alles versucht haben, was medizinisch und therapeutisch machbar ist“, schreibt Schumacher.

Altfolgen eines schweren Unfalls verhindern sein Comeback Die Schmerzen im Nacken, von denen der siebenmalige Weltmeister schreibt, hat er freilich nicht erst seit jenen Testfahrten mit einem zwei Jahre altem Ferrari, die er vor zwölf Tagen in der Toskana absolvierte. Es sind die Altfolgen eines schweren Unfalls.

Im Februar war Schumacher im spanischen Cartagena bei privaten Testfahrten mit seinem Superbike-Motorrad gestürzt, mit dem Kopf auf den Asphalt geprallt und sogar bewusstlos gewesen. Beim Anbremsen auf die erste Kurve hatte Schumacher bei rund 110 Stundenkilometern die Kontrolle über das 190 PS starke Motorrad verloren. „Heute hatte ich einen Abflug beim Motorradtest in Cartagena, und vorsichtshalber sind wir ins Krankenhaus gefahren“, erklärte Schumacher noch am selben Tag auf seiner Internetseite, gab aber gleich Entwarnung: „Mir geht es soweit gut, die Tests haben nichts ergeben. Deshalb bin ich am Abend nach Hause geflogen.“ Das, freilich, entsprach alles andere als der Wahrheit.

Tatsächlich hatte sich Schumacher bei diesem Abflug, wie er nun erstmals zugab, „Brüche im Bereich Kopf und Hals zugezogen“, welche ihn noch immer behinderten. „Daher kann mein Nacken den extremen Belastungen der Formel 1 nicht standhalten“, so Schumacher weiter. „Konkret hatte Michael eine Verletzung im Bereich des Kopfes, am Halswirbel und Verletzungen an einer Arterie“, präzisierte gestern Schumachers Sprecherin Sabine Kehm. „Es war der schwerste Unfall, den Michael in seiner Motorsportkarriere hatte“, sagte Schumachers Manager Willi Weber gestern.

Seine Frau Corinna hielt nichts von seinen Rückkehrplänen.

Die Frage, wieso es nichts wird mit Schumachers Rückkehr, wäre damit beantwortet. Offen bleibt aber, wieso er sich trotzdem nochmal mit voller Kraft auf seine Rückkehr stürzte, wieso er die letzten 14 Tage wie ein Besessener für das Comeback des Jahrzehnts trainierte. Schumacher wusste schließlich um die Schwere seiner Verletzung. Er wusste, dass seine Frau Corinna sich nach dem Motorradunfall große Sorgen um ihn gemacht hatte und den gewagten Rückkehrplänen, genauso wie sein Manager und größter Vertrauter Weber, eher skeptisch sah.

Doch Schumachers Verlangen nach der Geschwindigkeit, sein, von ihm freilich immer geleugnetes, Verlangen nach Adrenalin war wohl einfach größer. Er wollte. Aber es ging nicht mehr. Weil auch Schumachers Körper keine Maschine ist. Und irgendwie ist das auch beruhigend.

Filippo Cataldo

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