Schulz über Pianeta: "Das hätte einen Makel"
AZ: Herr Schulz, am Samstag kämpft der Deutsch-Italiener Francesco Pianeta gegen Ruslan Chagaev um die WM im Schwergewicht. Ein Titel, den bisher nur ein Deutscher – Max Schmeling – gehalten hat. Sie selber scheiterten drei Mal bei dem Versuch. Was halten Sie von dem Kampf?
AXEL SCHULZ: Ich Freude mich für Pianeta, aber man muss nicht drumherum reden: Dieser Titel, sollte Pianeta ihn holen, ist mit einem Makel belegt. In jeder anderen Gewichtsklasse wäre es egal, kaum ein Mensch kennt die Weltmeister im Mittel- oder Fliegengewicht. Aber im Schwergewicht? Da weiß jeder, dass es Wladimir Klitschko gibt, der das Schwergewicht nach Belieben dominiert. Dass sich da vielleicht noch ein anderer Weltmeister nennt, interessiert nicht, das versteht auch keiner.
Was halten Sie von Pianeta als Boxer?
Er ist technisch ganz gut, aber er ist nicht in einer Liga mit Klitschko, das hat man gesehen, als er vor zwei Jahren gegen ihn antrat. Das war Zielschießen von Klitschko. Ich mag Pianeta, aber bei ihm hat man schon ein bisschen das Gefühl, dass das Herz ein bisschen in die Hose rutscht, wenn es gegen große Namen geht. Wenn man ihm richtig auf die Füße tritt, dann geht’s bergab. Das war gegen Oliver McCall so, gegen Francois Botha so, gegen Klitschko sowieso.
Harte Worte von einem Mann, der selber nicht gerade als mutigster Boxer der Welt galt.
Das stimmt, das klingt gerade aus meinem Munde sicher alles sehr komisch. Aber ich bin da sozusagen Experte (lacht). Ich wäre zum Beispiel Ende der 80er Jahre nie gegen Mike Tyson in den Ring gestiegen. Für kein Geld der Welt. Der hatte damals eine Ausstrahlung, die war nicht mehr menschlich, nur animalisch. Der hätte mir den Kopf von den Schultern geschlagen, da hätte jeder schon beim Einmarsch gesehen, dass da ein Angsthase in den Ring steigt.
Ihre Meinung zu Chagaev?
Ein bisschen war ich schon verwundert, dass der nochmal da oben mitmischt. Viel geboten hat er ja die letzten Jahre nicht. Gegen den Riesen Nikolai Valuev, das war sein Meisterstück, aber danach? Chagaev ist für Pianeta schlagbar. Aber auch dann ist er nicht Max Schmelings Erbe, da fehlt ihm ein gutes Stück.
Sie hatten drei Mal die Chance, Weltmeister zu werden, haben es nie geschafft. Woran lag es?
Gut, bei meinem ersten WM-Kampf gegen George Foreman, da habe ich eine sehr gute Leistung abgerufen, klar, gegen einen alten Mann...
Foreman war damals 46.
Ja. Ich war ja nur als Aufbaugegner vorgesehen. Ich war unerfahren, ein Nobody, der nicht gewinnen durfte. Da hing viel zu viel Geld dran. Der große Foreman durfte nicht gegen diesen Axel Schulz verlieren. Im zweiten Versuch gegen Botha war es ähnlich. Don King...
Der berüchtigte Promoter...
Der hatte gerade Botha unter seine Fittiche genommen und zog die Strippen. Nach vier Runden wurde mir im Kampf gesagt, dass man alle Runden Botha gegeben hätte, da hat auch noch mein Kopf dichtgemacht. Nach dem Kampf wollte ich meine Karriere beenden.
So desillusioniert?
Ja, da war mir bewusst geworden, dass es im Boxen eben Machenschaften gibt, gegen die du als kleiner Axel Schulz aus Ostdeutschland nicht ankommst. Ich wollte nicht mehr, wenn man keine faire Chance hat.
Was hat Sie umgestimmt?
Ganz offen?
Bitte.
Ich habe mich hingesetzt und durchgerechnet, wie viel Geld ich mit Boxen verdiene und wie viel Kohle ich ohne den Sport machen kann.
Der dritte Versuch war dann gegen Michael Moorer.
Da war ich richtig schlecht. Den habe ich ganz klar verloren. Auch, wenn mich ein Punktrichter vorne hatte. Das muss ein Blinder gewesen sein. Ein Blinder reichte aber nicht, ich hätte zwei gebraucht (lacht).
So haben Sie immerhin den Titel, Deutschlands beliebtester Verlierer zu sein.
Stimmt. Ich trage den Titel mit Stolz (lacht).
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