Schnell, schneller, Usain Bolt
Im Nationalstadion von Peking hat Usain Bolt Sportgeschichte geschrieben. Der Jamaikaner lief die 100 Meter als erster Mensch unter 9,70 Sekunden - und hatte dabei schon weit vor der Ziellinie Zeit zum Jubeln.
Leicht und locker wie im Reggae-Rhythmus hat Usain Bolt in unglaublichen 9,69 Sekunden eine ganze Insel verzückt und die Sportfans weltweit in Staunen versetzt. Als erster Jamaikaner schenkte der 21-Jährige seinen 2,7 Millionen Landsleuten am Samstag Olympia-Gold im 100-Meter-Sprint. Der Fabelweltrekord als Zugabe machte den heißen Sommerabend in Peking perfekt und die Freude grenzenlos. Mit Beifallsstürmen feierten die 91.000 Zuschauer im ausverkauften Nationalstadion den schnellsten Mann der Welt, der mit der jamaikanischen Fahne eine Runde um die Anzeigetafel mit der magischen «9.69» drehte.
Jubelnd zum Weltrekord
«Ich wusste, dass es so passieren würde. Das sind schon gute Jungs, die mithalten - da muss man schon einiges bieten», sagte der noch atemlose Olympiasieger. Schon nach 90 Metern nahm der Held des Abends den Schnellgang heraus, drehte sich halb zur düpierten Konkurrenz um und tänzelte dann in seinen goldenen Schuhen mit ausgebreiteten Armen ins Ziel. Mit einer Wahnsinns-Überlegenheit löschte Gold-Bolt im Finale seine erst vor kurzem aufgestellte bisherige Bestmarke (9,72) aus und entzündete in der Karibik ein Feuer der Begeisterung. Auch Silbermedaillengewinner Richard Thompson aus Trinidad und Tobago, zwei Zehntel hinter Bolt im Ziel, konnte nur noch staunen: «Der Rekord von Usain - Wahnsinn! Das ist ein fantastischer Athlet.» Dritter wurde der Amerikaner Walter Dix (9,91). Ex-Weltrekordler Asafa Powell durfte sich nur für Bolt Freude, mehr als Platz fünf war für den zweiten Jamaikaner in 9,95 Sekunden nicht drin.
Double im Visier
76 Tage nach seinem Weltrekord-Rennen in New York machte der Mann aus Kingston Town erneut halblang: Basketballfan Bolt ist «von Hause aus» 200-Meter-Spezialist und feierte auf dieser Strecke als WM- Zweiter von Osaka seinen bis Samstag größten Erfolg. Der 16. August 2008 wird für den langen Jamaikaner, dessen Sprinttalent einst von einem Cricket-Trainer entdeckt wurde, wohl der größte Tag in seinem Sportlerleben bleiben. Am Mittwoch will Bolt auch auf seiner «Schokoladenstrecke» gewinnen - das bislang letzte olympische Sprint- Double hatte vor 24 Jahren Carl Lewis (USA) bei den Spielen in Los Angeles geschafft.
Tyson Gay scheitert im Halbfinale
Tyson Gay wird den Finaltag dagegen aus dem Kalender streichen: Der dreifache Sprint-Weltmeister aus den USA war im Halbfinale sensationell gescheitert. «Ich bin total enttäuscht, meine Technik war nicht perfekt», gestand der 26-Jährige, nachdem er in seinem Halbfinale nur Fünfter in 10,05 Sekunden geworden war. «Es gibt keine Entschuldigung.» Gay wollte das 17. Gold für die US-Boys in der olympischen Geschichte seit 1896 erobern - selbst mit der erwarteten Medaille in der Sprintstaffel wird er den Frust wohl nicht besiegen können. Erst viermal seit 1964 ging der Olympiasieg mit Weltrekord weg, zuletzt war dies 1996 dem Kanadier Donovan Bailey (9,84 Sekunden) gelungen.
Nadine Kleinert enttäuscht im Kugelstoßen
Zuvor hatte es Nadine Kleinert verpasst, mit der Kugel die Stoßrichtung für die deutsche Mannschaft vorzugeben: Die Magdeburgerin verpasste als Siebte die erhoffte Medaille deutlich. Vier Jahre nach ihrem Olympia-Silber von Athen konnte Kleinert nicht in den Medaillenkampf eingreifen: Die zweifache Vize- Weltmeisterin blieb mit 19,01 Metern weiter unter ihren Möglichkeiten. «Einfach nur Scheiße», schimpfte sie. Weltmeisterin Valerie Vili trug ihre Favoritenrolle auf kräftigen Schultern und siegte mit 20,56 Metern vor den Weißrussinnen Natalija Michnewitsch (20,28) und Nadeschda Ostaptschuk (19,86). Olympia-Novizin Christina Schwanitz aus Neckarsulm wurde Elfte.
Siebenkampf-Gold an die Ukraine
Zwei Ukrainerinnen gewannen im Siebenkampf Gold und Silber. Olympiasiegerin wurde Natalija Dobrinska mit 6733 Punkten vor Ludmilla Blonska, die nur 33 Zähler weniger sammelte, und US- Meisterin Hyleas Fountain. Die Europameisterschaft-Dritte Lilli Schwarzkopf aus Paderborn belegte als beste Deutsche mit 6379 Punkten den neunten Platz. Vize-Weltmeister Robert Harting musste in der Diskus- Qualifikation etwas zittern. Er warf die Scheibe bei zwei ungültigen Versuchen nur auf 64,19 Meter, kam aber über die Platzierung weiter. «Das war nicht so schön. Ich war weder fit noch munter, eher lahm und fast gelähmt», ärgerte sich der Berliner. Nun hofft er im Finale am Dienstag auf einen Coup wie im vergangenen Jahr in Osaka. (dpa)
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