Schmitts Absturz: Zu Neujahr gleich ein Kater
GARMISCH-PARTENKIRCHEN - Den Podestplatz dicht vor Augen zeigte Martin Schmitt Nerven beim zweiten Springen der Vierschanzentournee und fiel von Platz drei im ersten Durchgang auf Rang acht zurück. Sieger: Wolfgang Loitzl aus Österreich.
Es war schon fast dunkel, da tauchte Martin Schmitt nochmal auf. Im fast verlassenen Stadion unterhalb der Schanze hatten ein paar Fans ausgeharrt. „Kopf hoch Martin!“, rief einer. Doch Schmitt zeigte keine Regung. Sein Kopf blieb gesenkt. Mit starrem Blick kritzelte er Autogramme. Wortlos. Frustriert.
Dabei hatte das Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen, das zweite der Vierschanzentournee, gut für ihn begonnen. Nach seinen 135 Metern im ersten Durchgang war Schmitt Dritter. Doch im Finale patzte Martin, kam nur auf 124 Meter und landete am Ende auf dem achten Platz. „Die Ausgangsposition war super“, sagte Schmitt später, „die Enttäuschung ist daher natürlich riesig, da werde ich erst mal bisschen brauchen, bis ich das verarbeitet habe.“ Schmitts Absturz – zu Neujahr gab’s gleich einen Kater.
Nach zwei von vier Springen der Tournee ist Schmitt plötzlich wieder im Tal der Tränen angelangt, Und sein Comeback in der absoluten Weltspitze ist wieder etwa in die Ferne gerückt. „Es war viel schwieriger zu springen im zweiten Durchgang“, meinte Schmitt, der nun in der Gesamtwertung Sechster ist, mit deutlichem Rückstand auf das Spitzenduo Loitzl und Ammann.
„Ich habe einen kleinen technischen Fehler gemacht, der hatte eine große Wirkung. Andere haben diese Situation besser gemeistert“, seufzte der 30-jährige Schwarzwälder über die schwierigen Windverhältnisse. Jene anderen waren der Sieger Wolfgang Loitzl, der einen perfekten Sprung hinlegte und auch der Zweitplatzierte Simon Amman. „Die Bedingungen waren nicht optimal. Aber sie waren im Finale trotzdem fair“, sagte der Schweizer. Und Trainer Schuster urteilte: „Andere sind vielleicht etwas witterungsresistenter.“ Schon in Oberstdorf hatte Schmitt beim zweiten Versuch gepatzt. Dort rutschte er am Ende vom vierten auf den fünften Platz ab. Damals noch halb so wild und als positives Indiz für eine neue Stabilität gewertet. „Wir alle dachten, jetzt ist es greifbar“, sagte Trainer Schuster über die erhoffte Podestplatzierung seines Hoffnungsträgers, die nun zu einem Griff ins Leere wurde.
„Grundsätzlich ist es ja gut, dass er sich damit nicht zufrieden gibt und jetzt enttäuscht ist. Das spricht für ihn“, versuchte der Bundestrainer eine positive Deutung. Außerdem habe sein Landsmann Loitzl auch lange warten müssen.
„Beim Wolfgang hat es fast 29 Jahre bis zum ersten Sieg gedauert, da werden wir das mit dem Martin auch noch erwarten können.“ Doch wie lange noch? Wolfgang Loitzl selbst, der anerkannte Experte in Sachen Geduld befand: „Martin ist in einer guten Verfassung. Was ihm momentan einfach fehlt, ist ein Erfolgserlebnis, das ihn dann endlich zu Höheren beflügeln könnte.“ Womöglich habe Schmitt „dem Druck nicht ganz standhalten“ können.
Nun wird der Druck auf Schmitt weiter wachsen. Die vorletzte Chance auf ein Erfolgsergebnis hat Schmitt beim dritten Springen in Innsbruck (4.1.), bevor es dann zum Tournee-Abschluss nach Bischofshofen geht.
„Martin hat jetzt ein wenig Zeit, das alles zu verarbeiten“, sagte Schuster. Und das will Schmitt nun in aller Einsamkeit tun. „Ich muss mich jetzt ein wenig zurückziehen“, seufzte er. Dann ließ er die letzten Fans im Stadion allein. Auch die konnten nicht helfen, seinen bösen Neujahrskater zu lindern.
Reinhard Keck
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