Schmitt, die Kuh und die Fliegerei
OBERSTDORF - Beim Comeback-Versuch von Martin Schmitt soll alles wieder gut werden.Der Routinier, Sechster in der Quali, hat wieder Spaß am Job. Schuster lobt: „Er ist in Rufweite. Martin hat sich souverän in die Top Ten eingereiht.“
Martin und Lisa – sie geben ein bezauberndes Bild ab. Mit sanften Händen fährt Martin Schmitt, der deutsche Geheimfavorit auf den Sieg bei der Vierschanzen-Tournee, der Bilderbuch-Kuh Lisa durch das braune Fell. Der so lange flügellahme deutsche Adler und das Tier mit dem prallen Euter, beide posieren sie in Oberstdorf für die Fotografen.
Es ist auch ein Bild der Zuversicht vor der Tournee, die am Montag in Oberstdorf beginnt. Bereits am Sonntag in der Qualifikation hat der Schwarzwälder mit Rang sechs und 132,5 Metern aufgetrumpft. Schmitt ist zurück. Oder wie Werner Schuster sagt: „Er ist in Rufweite.“ Der Bundestrainer: „Martin hat sich souverän in die Top Ten eingereiht. Für ihn ist derzeit viel lösbar.“ Eine Marketing-Aktion für seinen Sponsor Milka, wie jene mit Kuh Lisa im Vorfeld, ist Schmitts leichteste Übung. Seit zehn Jahren trägt er nun das Logo des Schokoladenherstellers auf dem Helm. „Diese zehn Jahre sind wie im Flug vorbeigegangen", resümiert der 30-Jährige. Das mag für die Dauer seiner Werbe-Allianz gelten. Schmitt hingegen konnte nach seinen Glanzzeiten, sein letzter Weltcup-Sieg liegt fast sieben Jahre zurück, lange keine Höhenflüge starten.
Schmitt, die Kuh, die Fliegerei – jetzt, beim Comeback-Versuch, soll alles wieder gut werden. „Er hatte in den letzten Jahren viele einzelne gute Resultate, aber jetzt scheint sein Aufwärtstrend nachhaltig zu sein", glaubt etwa Alfons Hörmann, der Skiverbands-Präsident. Auch Schmitt selbst ist optimistisch wie lange nicht: „Ich weiß momentan, was ich zu tun habe. Meine Sprünge kommen auf hohem Niveau. Ich lasse mich nicht verrückt machen, gehe meinen Weg. Wenn ich morgen ans Optimum springe, bin ich konkurrenzfähig.“
Seit drei Wochen zeigt die Formkurve wieder nach oben. Und die Schattenbergschanze in Oberstdorf lag ihm schon immer. Von 1998 bis 2000 konnte er hier dreimal gewinnen, das gelang außer ihm noch keinem. Sein Ex-Kollege Sven Hannawald, der 2002 den letzten deutschen Sieg in Oberstdorf holte und als einziger alle vier Tournee-Springen einer Saison gewann, sagt in „BamS“ sogar: „Martin kann bei der Tournee gewinnen.“
Doch woher kommt die neue Zuversicht? Nicht allein die guten Platzierungen, wie der vierte Rang beim Weltcup in Engelberg, spenden Hoffnung. Der Skispringer wirkt ausgeglichen. In Oberstdorf strahlt er in jedes Fotohandy, das Passanten immer noch reflexartig zücken. Als eine ältere Dame „Viel Glück, Martin!" ruft, lächelt er und streckt den Daumen hoch.
„So fröhlich habe ich ihn lange nicht mehr gesehen“, befindet der Schweizer Tournee-Favorit Simon Ammann. Und Schmitt genießt die Tournee-Atmosphäre. „Das hat etwas sehr Vertrautes. Ich fühle mich sehr wohl hier“, sagt er.
Dann greift er in den Schubkarren, der vor ihm steht und hält Lisa, der Kuh, ein Büschel Heu hin. Nun ist auch Lisa froh. Wie lange nicht.
Reinhard Keck
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