"Schlicht phänomenal"

Der nächste deutsche Triumph im US-Sport nach Nowitzkis NBA-Sieg: Dennis Seidenberg aus Schwenningen holt sich mit Boston den Stanley Cup
Vancouver - Sehnsüchtig blickte Dennis Seidenberg auf das silberne Monstrum, das Objekt der Begierde. Immer wieder wischte er sich Schweiß und Freudentränen aus dem bärtigen Gesicht. Dann war es soweit: Der Nationalverteidiger bekam den Stanley Cup, die prestigeträchtigste Trophäe im Eishockey, in die Hände. Seidenberg stemmte die 35 Pfund schwere Trophäe in die Luft, ein langer „Jaaa!”-Schrei begleitete die Triumphgeste.
„Ich bin überglücklich”, sagte der 29-Jährige, der sich mit den Boston Bruins im entscheidenden Finalspiel mit 4:0 gegen die Vancouver Canucks durchgesetzt hatte und der den Triumph mit Siegerzigarre und Champagner-Duschen feierte. „Das ist der Höhepunkt meiner Karriere”, sagte Seidenberg, der bei den Bruins einen 13-Millionen-Vertrag über vier Jahre unterschrieben hat, und reckte dabei den Siegerdaumen empor.
Richtung Tribüne. Dorthin, wo seine Eltern und Bruder Yannic, der in der DEL bei den Mannheim Adlern spielt, saßen. Sie waren aus dem heimatlichen Schwenningen angereist, um die Krönung von Dennis Seidenberg zu erleben.
"Darauf wird man ein Leben lang angesprochen!"
Seidenberg, der Eis-Nowitzki. Nur ein paar Tage nachdem der Deutsche mit den Dallas Mavericks die Basketball-Welt erobert hat, ist der Deutsche Seidenberg nun im Eishockey-Olymp angekommen. Als zweiter Deutscher nach Ex-Bundestrainer Uwe Krupp, der den Stanley Cup 1996 mit Colorado und 2000 mit Detroit gewinnen konnte, hat Seidenberg, der zwei Treffer beim 4:0 vorbereitet hatte, den größten Triumph erlebt. „Das ist der Höhepunkt seiner Karriere”, sagte Krupp, „Darauf wird man ein Leben lang angesprochen. Dieser Erfolg, die Tatsache, dass mit Seidenberg bei den Bruins und Christian Ehrhoff bei den Canucks zwei Deutsche im Finale standen, ist schlicht phänomenal.”
Der phänomenale Seidenberg hat eine triumphale Heimkehr geplant. Er will den Stanley Cup mit nach Schwenningen bringen. „Das wäre toll. Ich war einige Jahre nicht mehr in Deutschland”, sagte Seidenberg, der 2002 in die NHL gewechselt war und mit der Amerikanerin Rebecca verheiratet ist. Das Paar hat zwei Töchter, Story Linn ist drei Jahre alt, Noah Crace acht Monate. „Ich fühle mich zwar als Deutscher, aber mein Lebensmittelpunkt ist die USA”, sagte Seidenberg, der eigentlich eine Karriere als Tennis-Spieler angestrebt hat: „Als Krupp 1996 den Cup holte, war Eishockey nicht das Wichtigste für mich. Ich war auf Tennis fixiert. Seinen Erfolg habe ich wahrgenommen, aber er hat mich nicht euphorisiert.” Jetzt, 15 Jahre nach Krupp, ist er selber Deutschlands Eishockey-König – und vollkommen euphorisiert.