Scampi, Bier und Gold

Ein Prosit der Gemütlichkeit: AZ-Report vom Eröffnungsabend im Deutschen Haus, das tatsächlich ein deutsches Erdgeschoss ist in einem Nobelhotel. Ein Münchner Caterer ist raus, auch bei einer Münchner Brauerei gab es Irritationen.
von  Abendzeitung

Ein Prosit der Gemütlichkeit: AZ-Report vom Eröffnungsabend im Deutschen Haus, das tatsächlich ein deutsches Erdgeschoss ist in einem Nobelhotel. Ein Münchner Caterer ist raus, auch bei einer Münchner Brauerei gab es Irritationen.

Von Florian Kinast

Rechts hinten in einem Eck lümmelte Nicolas Kiefer vor seinem Abendessen, innendrin versuchte sich Dirk Nowitzki im Tischtennis, unter Hohngelächter der übrigen Basketballer, die hofften, dass er sich heute beim Fahnentragen bei der Eröffnungsfeier (ab 13 Uhr, ARD) geschickter anstellen möge. Und draußen im Garten düdelte eine Drei-Mann-Combo den Peter, Paul & Mary-Hit „500 miles away from home". Ein bisschen mehr sind es, schon 4813 Meilen von München nach Peking. 7746 Kilometer.

Gestern war Eröffnung, nicht die der Spiele, aber die des Deutschen Hauses. Dem olympischen Treffpunkt für Sportler, Funktionäre, Reporter. Und für die deutsche Wirtschaft. Businesshalber. Weil die Sponsoren des deutschen Sports müssen bei Olympia ja auch irgendwo unterkommen.

Genau genommen ist das Deutsche Haus in Peking diesmal ein deutsches Erdgeschoss, in relaxter Chillout-Atmoshäre zum Abspannen, cool. Im Hotel Kempinski an der 3. Ringstraße, eine der vielen Stadtautobahnen Pekings, hat die Deutsche Sportmarketing (DSM) auf rund 1000 Quadratmetern unten den Westteil des Nobelhotels angemietet. Und das ist ganz neu.

Wie so vieles neu ist.

Denn zum ersten Mal nach acht Jahren ist Gerhard Obermayr nicht mehr der Versorger des Deutschen Hauses. Der Münchner Caterer, der immer containerweise Weißwürste, Leberkäs und andere deutsche Schmankerl einfliegen ließ, nach Salt Lake 2002, Athen 2004 und bei den Spielen von Turin nach Sestriere 2006, wurde ausgebootet. „Ich wäre gerne runtergefahren nach Peking", sagte Obermayr der AZ, "aber da sie sich fürs Kempinski entschieden haben, ist das nicht mehr möglich. Letztes Jahr im Sommer haben sie uns gesagt, dass sie diesmal ohne uns arbeiten. Wobei ich das Gefühl habe, dass es früher familiärer war."

Gerade bei den Winterspielen 2002 in Salt Lake, wo das Deutsche Haus auf dem Uni-Campus stand. Oder 2006 in Turin, wo sie oben in den Bergen in Sestriere eine Pizzeria angemietet hatten.

Nun machten sie es nicht unter dem Kempinski, wo es dann ja auch die Sache mit der Münchner Brauerei gab. Auf der Ostseite des Hotels betreibt Paulaner seit Jahren einen Pekinger Ableger des Bräuhauses. Dumm nur, dass die Nockherberger nicht offizieller deutscher Sponsor sind. Das ist dafür eine Brauerei, die mit der Biermösl-Blosn mal einen Streit hatte, weil die meinten, das Bier gehöre in einen Castor-Behälter. Jedenfalls passte das nicht zusammen, Spekulationen, die Münchner Brauer müssten ausziehen, bewahrheiteten sich nicht. Und weil das Deutsche Haus im Westbereich des Hotels angesiedelt ist, gehen sie sich schließlich aus dem Weg, die beiden Bierriesen. Ein Prosit der Gemütlichkeit.

Um das Essen für die Gäste kümmern sich jetzt 90 Köche und Bedienungen von Hotelmanager Marco Sander, natürlich gab es vom Innenministerium als oberster Sportbehörde strenge Vorschriften hinsichtlich Hygiene und Lebensmittel. „Aber da", sagt Sander zur AZ, „hatten wir eh nie Probleme. Nur es geht halt nicht, dass wir ums Eck auf dem nächsten Markt einkaufen, wir müssen die Lieferkette nachweisen, von vorne bis hinten." Hinten ist dann, wenn die Köche draußen im Garten stehen und es auf ihren Silberplatten mächtig bruzzelt. So etwas nennt sich heute „Live Cooking". Gestern gab es da Spanferkel, gegrillte Ente in Pfeffersoße, oder auch Dim-Sum mit Garnelen und Hackfeisch. Und so kann man die nächsten zwei Wochen allabendlich vor der Sponsorenwand die deutschen Olympiasieger sehen, wenn die einen dann den Scampi-Spieß und das Bierglas in der Hand halten, und die anderen die Medaille um den Hals.

Gerhard Obermayr wird auch reinschauen – in den Fernseher. Auf der Expo 2008 in Saragossa, wo er gerade im Deutschen Pavillon für reichlich Essen und Trinken sorgt. „Das Geschäft geht auch da gut", sagt er, „aber Wehmut ist da schon dabei, weil wie für jeden Sportler war auch für mich Olympia was besonderes." Vielleicht in eineinhalb Jahren wieder. In Vancouver bei den Winterspielen. Falls er rüber nach Kanada fliegt. „Da gibt es eine Ausschreibung", sagt der Münchner, „ob ich da dabei bin, ist noch nicht sicher." In jedem Fall ist es in Vancouver cooler als in Peking. Von Haus aus.

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