Sarah, mein Motivator
Tommy Haas schwärmt von seiner Freundin – und träumt vom Körper eines 19-Jährigen.
AZ: Herr Haas, Sie sind drei Mal an der Schulter operiert worden. Sie haben Monate und Jahre pausiert, immer neue Comebacks begonnen, werden bald 31 Jahre alt. Warum treten Sie noch immer zu einem Match an?
TOMMY HAAS: Bin ich mit fast 31 ein Rentner? Auf dem Abstellgleis? Nein. Ich bin noch hungrig, ich bin fit, ich bin ehrgeizig, ich fühle, dass ich auch noch eine Gefahr für die Top Guns sein kann, für die Federers, die Nadals. Es kribbelt einfach noch, wenn ich einen dieser großen Plätze betrete, ein Match auf dem Centre Court spielen kann. Tennis war mein Leben, es ist mein Leben, und es wird auch noch ein paar Jahre mein Leben bleiben.
Was ist für Sie jetzt der perfekte Moment auf dem Platz?
Wenn ich siege und keine Schmerzen spüre. Wenn ich nicht darüber nachdenken muss, ob es in der nächsten Sekunde im Ellbogen oder der Schulter zwickt. Das ist mein Glück. Ich Freude mich wie ein kleines Kind, wenn ein Match vorbei ist und keine Schmerzen da waren.
Ihre Verlobte Sarah Foster hat Ihnen empfohlen, hier in Melbourne zu starten. Warum?
Letztes Jahr um diese Zeit war ich verletzt, und sie hat gesehen, wie traurig ich war, dass ich nicht bei den Australian Open spielen konnte. Wir saßen ziemlich deprimiert vor dem Fernseher und haben uns die Matches angeschaut. Deshalb hat sie jetzt auch gesagt: Du schleppst Frust mit dir rum, wenn du nicht nach Australien fährst.
Auf der Tribüne geht es immer ziemlich lebendig zu, wenn sie Ihre Matches verfolgt.
Sie ist ein absoluter Tennisfreak. Sie würde selbst gerne gut spielen, aber wenn wir zusammen auf dem Platz sind, sagt sie jedes Mal: Wie machst Du das nur? Sie ist mein bester Motivator, sie treibt mich an, sie pusht mich, sie war ganz wichtig bei diesem Comeback. Wenn ich meine Hausaufgaben nicht mache, ist sie die Erste, die sagt: Hoppla, was ist jetzt los. Entweder oder, mein Freund. Andererseits: Wenn ich sagen würde, es ist vorbei mit dem Tennis, würde sie mir auch um den Hals fallen und wäre stolz auf das, was ich geschafft habe als Spieler.
Früher hatten Sie dieses Playboy- und Glückskind-Image. Das Image, Tommy Haas sei einer, dem alles in den Schoß fällt.
Das Bild, das von mir gezeichnet wurde, war immer falsch. Ich bin kein großer Partygänger, keiner, der sich ins Rampenlicht drängt. Sondern eher ein zurückhaltender Typ, der auch am liebsten seine eigenen Wege geht. Die letzten Jahre im Tennis haben mir gezeigt, dass nichts selbstverständlich ist. Nicht die Erfolge, nicht die Gesundheit, einfach nichts. Als junger Bursche lebst du in den Tag hinein und machst dir keine Sorgen.
Tennisprofi - war das, ist das ein Traumberuf für Sie?
Absolut. Ich wollte schon mit sieben Jahren ins große Tennis. Ich sehe mich manchmal auf Familienvideos, wo ich das stolz verkünde. Ich würde den Weg jederzeit wieder so gehen, wie ich ihn gegangen bin.
Nun sind Sie ein Veteran der Tour. Fragen Sie sich nicht manchmal, wo die Zeit geblieben ist? Sie reisen jetzt schon 13 Jahre durch die Welt.
Natürlich wachst du manchmal auf und denkst: Meine Güte, jetzt bist du schon über 30. Und denkst auch, wie lange es her ist, dass du mit 17 den langen Weg nach Australien zum ersten Mal gemacht hast, einen der schwersten Trips überhaupt. Je älter ich werde, umso öfter ziehe ich Bilanz. Auch wenn ich das noch gar nicht will. Ich will noch ein paar Jahre spielen und mein Leben genießen auf der Tour.
Wie fällt die Bilanz denn aus?
Der allerletzte Triumph hat sicher gefehlt, ein Grand Slam, ein Davis Cup-Sieg. Das haben mir auch die Verletzungen zerstört. Aber eine Olympia-Silbermedaille, Platz 2 in der Welt, große Turniersiege, Grand Slam-Halbfinals - das ist so schlecht ja nicht. Heute habe ich einen Traum, einen Tommy Haas mit dem Kopf eines 30-jährigen und dem Körper eines 19-jährigen. Das wäre ein Spieler.
Interview: Jörg Allmeroth
- Themen:
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- Thomas Haas