Sampras: „Federer spielt gern für die Geschichtsbücher“

Wie Pete Sampras, der entthronte Rekordhalter, den Triumph seines Freundes Federer erlebte.
AZ: Zehn Stunden sind Sie nach London gejettet, und jetzt sind Sie auch noch ihren Grand-Slam-Rekord los. Was sagen Sie zu Roger Federer, dem König der Tenniskönige?
PETE SAMPRAS: Roger und ich hatten eine glasklare Abmachung: Wenn er den Rekord schaffen kann, komme ich zu diesem Finale. Ich hoffte nur, dass er sich nicht Australien dafür aussuchen würde. Das wäre noch anstrengender gewesen. Roger ist nun auf dem absoluten Gipfel angekommen, er ist einfach ein unglaublicher Typ. Ich bin stolz, dass er mein Freund ist.
Hat er den Rekord verdient?
Natürlich. Wenn nicht er, wer denn sonst. Er ist ein überragender Spieler, eine Legende zu Lebzeiten. Und er hat es geschafft, Tennis weit über seine Grenzen in den weltweiten Fokus des Interesses zu rücken. Selbst in Amerika kennt ihn mittlerweile jedes Kind.
Was macht Federer so stark?
Die Selbstgewissheit, die alle großen Champions auszeichnet. Roger ist sich selbst am Ende des Tages der beste Ratgeber. Federer kann Federer trauen – das klingt banal, ist aber extrem wichtig, um solche Triumphe feiern zu können. Zweifler werden nicht König in Wimbledon.
Trauen Sie ihm eine Serie weiterer Grand-Slam-Siege zu?
Er hat sich erst mal diese ganze Rekord-Geschichte von den Schultern geworfen und dürfte nun sehr viel entspannter spielen. Ich kenne ihn: Er war schon unheimlich gefangen von dieser Bestmarke, er wollte diese Grenze überschreiten. Roger spielt, genau so wie ich, gern für die Geschichtsbücher.
Björn Borg hat erklärt, er traue Federer 17, 18 Titel zu.
Da muss es noch lange nicht enden. Er hat sicher noch drei, vier starke Jahre vor sich. Warum sollte er nicht 20 Grand Slams gewinnen können?
Sie haben ja in den letzten Monaten selbst bei Schaukämpfen gegen Federer gespielt.
…und ihn dabei auch noch ganz schön gepiesackt. Es war ein Riesenspaß, der die Zuschauer ziemlich begeistert hat. Alles habe ich ja zum Glück noch nicht verlernt. Aber ich musste mich ganz schön quälen, um für diese Events wieder fit zu werden. Sonst kannst du dich ganz schön blamieren.
Sie waren nach sieben Jahren wieder in Wimbledon auf dem Centre Court. Wie war’s?
Dieser Platz jagt einem immer noch einen kalten Schauer den Rücken herunter: Aber ich habe auch gedacht: Du kannst froh sein, dass du jetzt in der Royal Box sitzt und nicht mehr diese Nervenschlachten aushalten musst.
Interview: Jörg Allmeroth