Sabine Lisicki: Auf Tränen gebaut

Sabine Lisicki steht zum 2. Mal im Viertelfinale von Wimbledon – und fühlt sich doch reifer und abgeklärter als noch vor zwei Jahren.
von  Jörg Allmeroth

London - Bei einer ordentlichen Portion Pasta im Spielerrestaurant hatte Richard Lisicki auch die ganz praktischen Seiten des Erfolgs vor Augen: „Die Hausmiete für zwei Wochen in Wimbledon war gut angelegt", sagte der stolze Trainervater an einem strahlenden Sommertag in Wimbledon, an dem seine Tochter Sabine ihren Aufenthalt im All England Club und im familiären Heim in der Fremde vorerst weiter verlängerte.

Nach dem glanzlosen, aber glatten 7:6 (7:3), 6:1-Sieg gegen die Tschechin Petra Cetkovska war die Berlinerin nun schon im exklusiven Klub der letzten Acht in Wimbledon angekommen, genau so wie vor zwei Jahren, als sie sich ihren Spitznamen „Fräulein BumBum" mit dem Viertelfinalvorstoß verdient hatte. „Dieser Erfolg jetzt bedeutet mir aber sehr viel mehr", sagte Lisicki, die letzte und höchst tatkräftige Deutsche an der Church Road, „denn er ist auf vielen Tränen, vielen Enttäuschungen und vielen Rückschlägen aufgebaut."

Während ihr Yorkshire-Hündchen „Happy" zuhause von der Tante luxuriös bekocht wird („Dem geht´s richtig gut"), verwöhnt Lisicki sich selbst und ihre Anhänger mit einem zweiten, höchst erstaunlichen Siegeszug auf den grünen Tennisfeldern im Südwesten Londons. „Es tut einfach gut, in Wimbledon zu gewinnen. Das entschädigt mich für vieles, was ich einstecken musste in den letzten beiden Jahren."

Bis auf Platz 23 war Lisicki in ihrem ersten Tennis-Leben vorgestoßen, nach dem Wimbledon-Viertelfinale gegen die damalige Weltranglistenerste Dinara Safina, danach folgte der Schmerz der Verletzungen, die Bitternis im letzten Jahr, „die Spiele aus London nur am Fernseher sehen zu können, und der steinige Weg zurück in die internationale Spitze. „Dass sie es so schnell wieder nach oben geschafft hat, verdankt sie ihrem starken Willen", sagt Vater Richard Lisicki, „sie ist auch jemand, der immer positiv bleibt und nie den Optimismus und den Glauben an sich verliert."

Und trotzdem: Wer Lisicki noch vor fünf Wochen sah, als sie bei den French Open nach vergebenem Matchball gegen Russlands Grand Slam-Größe tränenüberströmt mit einer Trage aus der Stierkampafarena transportiert wurde, konnte das „kleine Wunder von Wimbledon" (Lisicki-Manager Olivier van Lindonk) nicht ganz fassen. Selbst Fed Cup-Chefin Barbara Rittner verschlug es angesichts diesser Lesitung fast die Sprache: „Sie findet immer einen Weg, um sich hier zu behaupten."


Bis zum Dienstagabend hatte sich Rittner in ihrer traditionellen Bed and Breakfast-Bleibe in Wimbledon einquartiert, doch bei dieser Buchung bis zum neunten Wettkampftag hatte die Leverkusenerin wohl eher an ihre Frontfrauen Petkovic und Görges gedacht - und noch nicht an Lisicki, nominell nur die Nummer 3 der deutschen Hackordnung. „Ich kann nur sagen: Irre, was die Sabine leistet. Das ist ein irrer Aufstieg in den letzten zehn Wochen", sagte Rittner.

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