Roger Federer - die globale Marke

Einst belächelten die US-Amerikaner den Schweizer, nun wird er als Gigant verehrt: „Er ist der Boss der Open, die prägende Figur.“
NEW YORK Als Roger Federer vor fünf Jahren seine ersten US Open gewann, war er für die Amerikaner ein „fremder Champion aus den Alpen“ (Newsday). Unbehelligt marschierte der Weltranglisten-Erste durch Manhattan. „Schweizer Käse und Schweizer Schokolade sind bekannter“, notierte das „Sports Business Journal" damals. Passé! Wenn Federer am Wochenende seinen sechsten Titel beim Grand Slam-Spektakel ins Visier nimmt, ist klar: Hier spielt einer, der auch Amerika erobert hat, der Supermann seines Sports.
„Jeder kennt Roger. Sein Name ist zur globalen Marke geworden“, sagt Tony Godsick, der beim Vermarktungsriesen IMG für den Branchenprimus arbeitet. Bei den US Open bejubeln die Einheimischen Federer selbst dann, wenn er gegen Amerikaner spielt. „Jemand, der solche Rekorde aufstellt, der wie ein Fels in der Brandung die Nummer-1-Position verteidigt, wird hier verehrt", sagt Patrick McEnroe, der Chef des US–Davis-Cup-Teams. Dass Federer nun in Flushing Meadows mit einem 16. Triumph wieder einen neuen Grand Slam-Rekord aufstellen könnte, heizt die Hysterie nur noch weiter an.
So war eine schwarze Trainingsjacke von Federer, die Ausrüster Nike vor Ort anbot, nach zwei Tagen restlos ausverkauft. Der Bekleidungsgigant hat dem Schweizer eine eigene Kollektion geschneidert. Seit Federer vor vier Jahren sein Management der IMG überließ, wurde aus ihm ein Star, der die Grenzen seines Sports überschreitet. Federers Freundschaft mit Golf-Gigant Tiger Woods zahlte sich ebenso aus wie beharrliche Öffentlichkeitsarbeit. Nach den US Open-Siegen der letzten Jahre putzte Federer die Klinken der TV-Studios: Er war in der Früh bei „Good morning, America" und abends bei den Late-Night-Talkern Letterman oder Leno. „Die meisten finden es phänomenal, dass jemand aus einem Land mit sieben Millionen Einwohnern einen Sport dominiert", sagt Federer selbst, „es war nie ein Nachteil, Schweizer zu sein."
Die „New York Times“ widmete dem 28-Jährigen zu Turnierbeginn fast eine ganze Seite. Der Tenor: „Selbst im Film- , Musik- oder Showbusiness gibt es kaum jemanden, der so unverwechselbar als Marke dasteht." Mittlerweile gibt es im legendären Carlyle-Hotel am Central Park sogar eine „Roger-Federer-Suite“ – in der bei den US Open Federer samt Gattin Mirka und den Zwillingstöchtern logiert.
Zu den globalen Topverdienern zählt der Basler auch: Rund 50 Millionen Euro pro Jahr kassiert er. „Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht eine Sponsorenanfrage eingeht“, sagt IMG-Mann Godsick, „aber wir legen Wert auf Klasse. Roger soll für wenige, herausragende Produkte stehen.“ So taucht er dieser Tage nicht nur auf dem Court auf, sondern auch als Reklamefigur für Rasierer, Rackets oder Uhren. „Er ist in jeder Beziehung der Boss der Open, die prägende Figur“, sagt Jimmy Connors. Jener Connors, der einst selbst alles überstrahlte.
Jörg Allmeroth