Rock’n’Roll mit Biosprit
Multimilliardär Richard Branson will wieder Sex und Glamour in die Formel 1 bringen. Und deshalb sponsert er mit seinem Firmenkonglomerat Virgin das neue Brawn-Team.
MELBOURNE Der Mann, der der technikgläubigen Formel 1 wieder Glamour und Sex schenken will, hat ein sonnengegerbtes Gesicht, trägt blonde, schon ins graue übergehende lange Zottelhaare und spricht nicht einfach. Richard Branson singt beim Reden eher. Und er lacht dabei.
Branson ist der erste und einzige Sponsor des neuen Wunderteams BrawnGP. Das Formel-1-Establishment empfing den 58 Jahre alten Multimilliardär am Wochenende so, als ob es lange auf ihn gewartet hätte. In gewisser Weise trifft das auch zu. „Bernie Ecclestone wollte mich schon länger in die Formel 1 holen“, verriet Branson, „aber bis jetzt waren wir immer eine widerspenstige Braut.“ Wir, damit meint Branson vor allem sich selbst und sein Firmenimperium Virgin.
In Melbourne aber sagte die Braut endlich ja. Nicht aber dem greisen Zampano, sondern dem jüngsten Spross von Ecclestones Vermarktungsmaschinerie. Branson, der im richtigen Leben nach eigener Aussage glücklich verheiratet ist, zwei Kinder hat, und im Fahrerlager trotzdem nur mit zwei Schönheiten in weißen Tanktops mit rotem Virgin-Schriftzug und ebenso roten Hot-Pants an der Seite auftrat, dieser Lebemann also vermählte sich am Freitag mit Ross Brawns neuem Wunderteam. Zwei Tage später feierten Brawn und Branson schon den ersten Doppelsieg der Piloten Jenson Button und Rubens Barrichello. Ein Märchen, wie Button meint?
Eher ein normales Geschäft, nach Gusto des Multimilliardärs. „Virgin ist eine Marke mit Sex und Rock’n’Roll“, sagt Branson, „Virgin hat der Welt die Rolling Stones und die Sex Pistols geschenkt. Und jetzt wollen wir Leben in die Formel 1 bringen und einige Dinge auf Virgin-Art machen.“
Virgin-Art bedeutet, Erfolg zu haben, ohne sich selbst dabei zu ernst oder zu wichtig zu nehmen. Branson leidet seit seiner Kindheit an Dyslexie, einer Lese- und Rechtschreibschwäche; wenn er versucht Bücher zu lesen, verschwimmen die Buchstaben vor ihm. Umso besser kann Branson dafür Menschen lesen. Seine Kommunikations- und Überzeugungsfähigkeit ist legendär.
Ross Brawn jedenfalls, den Branson als „fantastischen Ingenieur“ bezeichnete, scheint er schon überzeugt zu haben, das gerade erst gekaufte Team wieder abzugeben. „Wir werden demnächst etwas Großes ankündigen", sagte Branson der AZ. Insider sind sicher, dass Branson BrawnGP in sein Virgin-Imperium integriert. „Auf jedem Flughafen stehen Virgin-Jets, auf jedem Bahnhof stehen Virgin-Züge, bald werden auch Virgin-Raumfähren im Weltall sein“, erklärte Branson, auf sein ehrgeiziges Projekt anspielend, bald für rund 200000 Euro Weltraumflüge für Touristen anbieten zu wollen. Ein Virgin-Formel-1-Team würde da passen. Auch, um Werbung zu machen für ein weiteres ehrgeiziges Projekt. Im September 2006 kündigte Branson an, drei Milliarden Dollar in die Erforschung erneuerbarer Energien zu investieren. „Wir haben einen Biosprit entwickelt, der wirklich funktioniert“, sagte er am Samstag, „ich hoffe, dass ich die Formel 1 überzeugen kann, ihn mal bei den Rennen einzusetzen.“
Der Mann will auch den Umweltschutz sexy machen.
F. Cataldo, P. Hesseler
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