Robert Harting feiert grandiosen Heimsieg

Große Klappe, viel dahinter: Mit einem sensationellen letzten Versuch hat sich «Bad Boy» Robert Harting in seiner Heimatstadt den WM-Titel im Diskuswurf gesichert.
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Das Trikot musste wieder dran glauben: Robert Harting
dpa Das Trikot musste wieder dran glauben: Robert Harting

BERLIN - Große Klappe, viel dahinter: Mit einem sensationellen letzten Versuch hat sich «Bad Boy» Robert Harting in seiner Heimatstadt den WM-Titel im Diskuswurf gesichert.

Erst zerriss er vor Freude sein Trikot, dann rannte er wie besessen durchs Stadion und schulterte Maskottchen Berlino: Zumindest im Diskus-Ring hat «Bad Boy» Robert Harting wieder den richtigen Dreh gefunden und mit Sensations-Gold seine verbale Entgleisung vom Vortag zunächst in den Hintergrund gedrängt. Mit Wut im Bauch nach den von ihm selbst verursachten Negativ-Schlagzeilen durch die Beleidigung der DDR-Doping-Opfer schleuderte der Berliner 2,01-Meter-Recke die Zwei-Kilo-Scheibe im letzten Durchgang auf die persönliche Bestweite auf 69,43 Meter und erkämpfte unter dem euphorischen Jubel «seines» Publikums nach Silber 2007 in Osaka die zweite Medaille bei Weltmeisterschaften.

Malachowski ganz stark, Harting noch stärker

Es war der 50. Titel für deutsche Leichtathleten und das 14. Edelmetall der Diskuswerfer in der Geschichte der Titelkämpfe (7/2/5), für das deutsche WM-Team in Berlin zudem die insgesamt fünfte Plakette. «Dit war absolut super. Ick hab Jold», brüllte er seine Freude im urberliner Dialekt nach dem Triumph ins Stadionmikrofon. Er habe nach den Diskussionen um sein Verhalten eigentlich mit Pfiffen und Buh-Rufen des Publikums gerechnet, doch die blieben an diesem Abend aus.

Piotr Malachowski, der mit einem gebrochenen Zeigefinger der Wurfhand warf und bis zu Hartings Goldwurf führte, kam mit 69,15 Metern und polnischem Landesrekord zu Silber. Für den Olympiasieger und Titelverteidiger Gerd Kanter, endete die Konkurrenz mit einer Enttäuschung: Der zuvor in 28 Wettkämpfen in Serie ungeschlagene Este kam mit 66,88 nur auf den Bronze-Rang, Altmeister Virgilijus Alekna aus Litauen wurde mit 66,36 Vierter.

«Ich habe mich selbt innerlich ein bisschen geprügelt»

«Ich kann doch nicht zulassen, dass jemand anders kommt und hier Weltmeister werden will. Den Titel habe ich nicht zu verteidigen, aber das Stadion, das ist meins», hatte Harting schon vor dem großen Kräftemessen vollmundig angekündigt. In der Stunde der Entscheidung wirkte er voll konzentriert, setzte gleich im ersten Versuch mit 68,25 Meter eine «Hausnummer», die er selbst bisher nur einmal in seiner Karriere übertroffen hatte. Zu diesem Zeitpunkt führte Malachowski die Konkurrenz jedoch bereits mit einer Weite von 68,77 an. Im vorletzten Versuch segelte der Diskus des Polen dann über die 69-Meter-Marke - und der Wettkampf schien entschieden.

«Nachdem Malachowski die 69,15 rausgehauen hatte, habe ich mich selbst innerlich ein bisschen geprügelt. Und es hat geholfen», sagte Harting auf der internationalen Pressekonferenz. Herzlich bedankte er sich immer wieder beim Publikum: «Die Massen waren so geil. Das war ganz bestimmt eine komfortable Situation für mich», sagte Harting und fügte hinzu: «Es gibt keine bessere Position als die, wenn man den Führenden unter Druck setzen kann. Jetzt werde ich wohl ein paar Tage brauchen, um dieser Situation zu realisieren», räumte er ein.

Erst Party, dann Aufarbeitung

Heute (Donnerstag) wird bei der Pressekonferenz des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) von Harting Aufklärung über seine diffamierenden Sprüche gegenüber DDR-Doping-Opfern erwartet. Unabhängig von seiner sportlichen Glanzleistung muss Harting, der sich im ersten Fernsehinterview nach dem Sieg für seine Worte entschuldigte («Es tut mir wirklich von Herzen leid»), mit Konsequenzen vonseiten des DLV rechnen. Präsident Clemens Prokop kündigte bereits an, dass sich die DLV-Gremien nach der WM eingehend mit dem Fall beschäftigen werden.

Zuvor aber verabschiedete sich der neue Weltmeister erstmal in eine rauschende Partynacht. «Im Moment bin ich ziemlich schlapp. Jetzt trinke ich drei, vier Red Bull und dann geht es richtig los», kündigte der 2,01-Meter-Recke kurz vor Mitternacht den Besuch des Deutschen Hauses und des Berliner Champions Clubs an. Dort warteten zahlreiche Fans und Sponsoren auf den umstrittenen Diskus-Champion, um mit ihm den Titel zu feiern. (nz/dpa)

Das Ergebnis im Diskuswurf:

1. Robert Harting (Berlin) 69,43 m DJB;
2. Piotr Malachowski (Polen) 69,15;
3. Gerd Kanter (Estland) 66,88;
4. Virgilijus Alekna (Litauen) 66,36;
5. Casey Malone (USA) 66,06;
6. Zoltan Kövago (Ungarn) 65,17;
7. Bogdan Pischtschalnikow (Russland) 65,02;
8. Gerhard Mayer (Österreich) 63,17;
...
20. Markus Münch (Wedel/Pinneberg) 60,55 (Qualifikation)

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