"Ritter Schumi": Stehen nicht plötzlich ganz vorn
BARCELONA - "Das erste Rennen in Europa ist wie ein zweiter Saisonbeginn." Verhaltene Kampfansage vom frisch ernannten Ritter der französischen Ehrenlegion: Michael Schumacher hat vor dem Europa-Auftakt der Formel 1 vor zu hohen Erwartungen gewarnt.
"Der Fortschritt in Barcelona wird etwas größer sein als der, den wir bei jedem Rennen machen, aber man darf auch nicht erwarten, dass wir dann plötzlich ganz vorne stehen werden», sagte der 41 Jahre alte Rekordweltmeister auf seiner Homepage. Nach seinem völlig verkorksten Rennen zuletzt in China mit Platz zehn «hätte ich nichts dagegen, wenn ich etwas besser dastehen würde», räumte der Mercedes-Pilot ein.
Platz zehn im Gesamtklassement, eine deftige mediale Schelte nach dem schwachen Auftritt in Shanghai - Schumacher, der von Teamkollege und Landsmann Nico Rosberg als WM-Zweiter derzeit in den Schatten gestellt wird, ist bei seinem Comeback noch vom Erfolgskurs früherer Tage weit entfernt. «Michael hatte in den ersten vier Rennen - meist ohne sein Verschulden - einen weniger guten Lauf. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass sich das alsbald ändern wird», meinte Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug in der offiziellen Teamvorschau.
Am besten schon auf dem Circuit de Catalunya, dem Gradmesser aller Rennstrecken. Daher nutzte Mercedes ebenso wie die anderen Teams trotz der Rückreise- und Transportverspätungen durch den Vulkanausbruch auf Island die Zeit nach dem China-Grand-Prix. Teamchef Ross Brawn kündigte den ersten Entwicklungsschritt am MGP W01 an. «Michael wird in Barcelona ein anderes Chassis einsetzen, denn nach den Überseerennen werden an seinem ursprünglichen Chassis ein paar Schäden repariert», erklärte der ehemalige und aktuelle Weggefährte Schumachers. In den Werken in Brackley und Brixworth werde äußerst hart gearbeitet, um die Neuerungen rechtzeitig fertigzustellen.
«Nun wird sich zeigen, wie groß unsere Entwicklung im Vergleich zu den anderen Teams sein wird», erklärte Schumacher, der sich gewaltig ranhalten muss, will er gleich in seinem ersten Comeback-Jahr tatsächlich noch ein Wörtchen bei der Titelvergabe mitsprechen. Immerhin beträgt der Rückstand auf den führenden Titelverteidiger Jenson Button aus England im McLaren-Mercedes 50 Punkte, 40 Zähler mehr auf dem Konto hat Schumachers eigener Teamrivale Rosberg. «Das erste Rennen in Europa ist wie ein zweiter Saisonbeginn und ich will dabei meinen guten Lauf mit zuletzt zwei dritten Plätzen in Folge fortsetzen», sagte der 24-jährige Wiesbadener: «Darauf freue ich mich.» Schließlich folgt eine Woche später auch noch der Klassiker in Rosbergs Wahlheimat Monaco.
Auch Schumacher, der nach seinem Shanghai-Rennen sichtlich zerknirscht war, mangelt es weiter nicht an persönlichem Antrieb. Ganz im Gegenteil, der ehrgeizige siebenmalige Weltmeister meinte: «Nach meinen drei Jahren Pause bin ich extrem motiviert. Die Situation spornt mich daher umso mehr an.» Und seit Donnerstag ist der Kerpener auch noch Offizier im Orden der Ehrenlegion. Zusammen mit Gattin Corinna war er dazu in Paris. «Ich fühle mich natürlich sehr geehrt über diese Auszeichnung, und sie macht mich auch stolz. Die Zeremonie war sehr bewegend und feierlich.»
Es ist die ranghöchste französische Auszeichnung für militärische und zivile Verdienste. Sie wurde bereits 1802 auf Initiative von Napoleon Bonaparte per Gesetz geschaffen. Schumacher bekam sie von Premierminister François Fillon überreicht. Dieser verglich den Deutschen mit dem legendären argentinischen Rennfahrer Juan Manuel Fangio (1911-1995). Der fünfmalige Titelträger sei geschichtlich Schumachers einziger Rivale - in einer Woche in Barcelona wird der Kerpener wieder deutlich mehr haben. (dpa)