Riesen am Roten Platz

Box-Pate Don King will den Kampf zwischen Vitali Klitschko und Nikolai Walujew vor 150 000 Menschen in Moskau steigen lassen. „Ich ruf’ gleich meinen Freund Wladimir Putin an!“
BERLIN Eins, zwei, drei, vier. Und was ist mit Nummer 5?
Die Box-Brüder Wladimir und Vitali Klitschko haben nun durch Vitalis grandiose Ringvernichte von Weltmeister Sam Peter, der nach der achten Runde schwer verbeult und noch schwerer demoralisiert aufgeben musste, die WM-Titel der Verbände WBC, IBF, WBO und IBO inne. Nur der Titel der WBA, der fehlt noch in der Gürtelsammlung. „Wir hätten gerne alle Gürtel in Familienbesitz“, sagte Vitali, der nach dem Fight seine Eisenfaust röntgen lassen musste. Das Ergebnis: Kapselriss und Knochenprellung.
Den letzten klitschkofreien Titel, den Gürtel der WBA, hat Box-Riese Nikolai Walujew (2,13 m). Und Don King, der Sam Peter promotet, wäre nicht Don King, wenn er nicht im Moment der größten Pleite schon gleich wieder hochtrabende Gedanken und Pläne hat. „Vitali gegen Walujew, das wäre ein Naturereignis! Der Russe Walujew gegen den Ukrainer Klitschko. Wer die jüngste Geschichte verfolgt hat, weiß, wie sehr sich diese Länder nicht leiden können. Was wäre da besser, als diese beiden Riesen den Kampf stellvertretend im Ring austragen zu lassen? Am besten in Russland, am Roten Platz. Das würde mindestens 100000 Leute anziehen“, sagte der berüchtigte Promoter, der Pate des Boxens, der AZ, „ach, was rede ich! Sagte ich 100000? Mindestens 150000. Mindestens!“
Nur gut, dass King 50 Prozent der Promotionsrechte an Walujew gehören. Deswegen wirft er eben die PR-Maschine an, die ihm mal wieder Abermillionen an Dollars in seine gierigen Hände bringen soll.
Doch King hat eben nicht die alleinigen Rechte an Walujew, die anderen 50 Prozent gehören Wilfried Sauerland. „Ja, wenn King die Idee mit Russland so gut gefällt, dann soll er am besten gleich mal dran arbeiten“, meint Sauerland zur AZ. „So ein Kampf kann überall steigen. Auch in Amerika, auch in Deutschland. Auch dort in einem großen Stadion, der Schalke-Arena etwa. Klar, wäre ein Kampf Klitschko gegen Walujew toll. Aber vor Mitte 2009 geht nichts. Aber wenn ich die Wahl habe, will ich lieber Wladimir als Gegner als Vitali.“
Denn vor dem großen Klitschko, da hat Sauerland großen Respekt. „Walujew schüchtert ja allein durch seine physische Präsenz ungemein ein. Nur der eine Kerl da draußen, der dadurch sicher nicht unsicher, nicht nervös wird, das ist eben Vitali. Bei Wladimir wäre das ganz anders, der ist im Kopf nicht so stabil. Der müsste damit erstmal zurechtkommen. Wenn es aber zum Kampf Walujew gegen Vitali kommen sollte, ist Vitali der Favorit.“
Das sieht auch King, dessen Frisur auf Viagra-Rückstände im Shampoo schließen lässt, so. „Vitali ist der König. Aber Nikolai der Riese, der ihn vom Thron stoßen könnte. Die ganze Box-Welt will sehen, ob der Königssturz möglich ist. Ach, was sage ich, die ganze Welt will das sehen. Ich werde gleich meinen guten Freund Wladimir Putin anrufen, damit er das möglich macht“, sagt King, dreht sich weg und täuscht gleich ein Gespräch vor. „Wladimir? Hi, ich bin’s, Don, wir müssen reden. Ich hab’ da eine tolle Idee.“
Dann klappt Gockel Don das Handy wieder zu und lacht in seiner affektiert-hysterischen Falsett-Stimme. „Ich ruf ihn nachher wirklich an.“
Matthias Kerber