Revolution bei den Roten: Klinsmann startet Zukunftsprojekt FC Bayern

Mit einer Kampfansage an die Konkurrenz hat Heimkehrer Jürgen Klinsmann die Titeljagd mit seinem neuen Zukunftsprojekt FC Bayern München eingeläutet. Rund 600 Bayern-Anhänger verfolgten Klinsmanns Start in seine dritte Karriere. Ein Report vom ersten Trainingstag.
von  Abendzeitung
Trainer Jürgen Klinsmann (r) mit dem neuen Torhüter Hans-Jörg Butt beim Bayern-Training.
Trainer Jürgen Klinsmann (r) mit dem neuen Torhüter Hans-Jörg Butt beim Bayern-Training. © dpa

Mit einer Kampfansage an die Konkurrenz hat Heimkehrer Jürgen Klinsmann die Titeljagd mit seinem neuen Zukunftsprojekt FC Bayern München eingeläutet. Rund 600 Bayern-Anhänger verfolgten Klinsmanns Start in seine dritte Karriere. Ein Report vom ersten Trainingstag.

Säbener Straße 51, Montag, 15.30 Uhr: Trainingsstart beim Rekordmeister FC Bayern, der selbsternannten „Nummer eins für immer“. Forever Number one? Auf zu neuen Ufern? Auf zu neuen Heldentaten? Auf, den furchtbaren Uefa-Cup vergessen zu machen? Der AZ-Report vom Auftakt der Roten.

DER AUFTRITT

Heiter, fröhlich, mit einem Lächeln. Um 15.25 Uhr kommt Jürgen Klinsmann mit seinem Trainerstab aus der Kabine. Vorbei an der Pflanzenwand aus Zypressen und Bambmusstauden, die die Bayern aufgestellt haben, um auf dem Weg zwischen Gebäude und Platz besser abgeschirmt zu sein. Vor den Medien, vor den Zuschauern. Die Spieler tragen ihre neuen Trainingsanzüge mit rotem Oberteil, in blauer Hose, der Trainerstab um Klinsmann dagegen hat sich bei 25 Grad dick eingepackt. In blauen Kapuzenpullis.

Nach einer guten halben Stunde wird es Klinsi und seinen Betreuern (siehe Personal) aber doch zu warm. Von neuen und spektakulären Traingsmethoden ist allerdings erst einmal herzlich wenig zu sehen. Es beginnt konventionell mit Dehnübungen. Die Revolution startet konservativ. Dafür ist die Ansprache fortschrittlich. Mehrsprachig. Klinsmann spricht auf Deutsch und Englisch, Assistenz Martin Vasquez Englisch und Spanisch.

DAS PUBLIKUM

Rund 1000 Zuschauer sind zu Klinsmanns erster Übungseinheit gekommen. Sie stapeln sich jetzt nicht mehr gleich nach dem großen Durchgang aufeinander, sondern müssen jetzt einmal links herum um den halben Platz. Dafür haben die Bayern den Zaun entschärft und von rund drei Metern auf nur noch 1,20 Meter Höhe heruntergebaut. Die Mauer muss weg. Für freien Blick auf Klinsi.

Das Publikum ist sehr jung, mag aber auch an der Uhrzeit liegen. Viele Kinder sind da, vormittags hätten sie noch Schule gehabt. Manche von denen, die Klinsmann Mitte der Neunziger noch als Aktiven bei Bayern erlebt haben, haben ihre alten Fantrikots herausgekramt und übergestreift. Den schon legendären, rot-blauen Klinsi-Dress mit der Nummer 18.

Auch für Verpflegung ist gesorgt, obwohl die bisherige Fan-Gaststätte „Insider“ dicht gemacht wurde. Da wird fleißig an den neuen Lounges für die Spieler gewerkelt. Dafür gibt es eine Grillstation, wo die Fans gut versorgt werden. Und das zu fairen Preisen. Die Rostbratwurst in der Semmel gibt’s schon für zwei fünfzig. Löwen-Fans sind keine da. Die waren nämlich schon da. Am Hohen Weg hinter dem Trainingsplatz haben sie ihren Spuren in der Wiese hinterlassen. „1860“ ist zu lesen. Ob das wirklich eine würdige Revanche dafür war, dass die Bayern unlängst die Westkurve im Sechzger rot anpinselten?

DIE STARS

Es kann nur einen geben. Jürgen Klinsmann. Von den Spielern sind die da, die aus Südamerika kommen, aus Ländern, die sich nicht für die EM qualifiziert haben oder keine deutschen Nationalspieler sind. Breno, Sosa, van Buyten, Lell, Ottl, Rensing. Ze Roberto fehlt, er bekam in Absprache mit dem Verein noch drei Tage mehr Urlaub in Brasilien. Auch Neuzugang Hans-Jörg Butt ist da, der Ersatztorwart. Er wird oft fotografiert, manche Kiebitze rätseln jedoch: „Wer is’n nachhad des?“

DAS PERSONAL

Sieben Betreuer kümmern sich um zwölf Spieler. So eine Quote hat es bei Bayern noch nie gegeben. Früher gab es etwa einen Csernai und 30 Spieler. Die in den blauen Kapuzen-Pullis sind Klinsmann, Vasquez, Torwarttrainer Walter Junghans, Chefscout Nick Theslof. Dazu kommen noch die die drei Fitnesstrainer. Thomas Wilhelmi, Darcy Norman und Marcello Martins. Sie dürfen aber von vornherein kurze weiße T-Shirts tragen.

DER PLAN

Umbauen. Und zwar damit sich die Profis gerne an der Säbener Straße aufhalten. „Wir haben alle Wände rausgerissen, die wir rausreißen dürfen“, sagte Klinsmann bei fcb.de, „wir haben Räumlichkeiten geschaffen, in denen die Spieler relaxen, sich zurückziehen oder fortbilden können. Ein fantastisches Zentrum, bei den Trainern kribbelt es wahnsinnig. Einzigartig auf der Welt, das hat kein Real Madrid, kein FC Barcelona.“ So wird die Säbener Straße zum Wohlfühl-Basislager. Für den europäischen Gipfelsturm. Vielleicht klappt es ja auf Vereinsebene.

J. Schlosser, F. Kinast

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