Rettung aus Südamerika? Riem setzt nun auf Polo

Am Sonntag startet die Herbstsaison. Riem-Boss Kurt Zwingmann verfolgt einen mutigen Plan zur Sanierung des Rennvereins. Der Polo-Weltverband will ab 2009 im Innenraum Turniere austragen.
AZ: Herr Zwingmann, vier Wochen hat der Rennbetrieb in Riem geruht, am Sonntag laufen die Pferde wieder. Haben Sie bereits eine Zwischenbilanz für 2008 gezogen?
KURT ZWINGMANN: Leider lief es in diesem Jahr nicht so gut. Wir hatten von Anfang an starke Einbußen bei den Außenwetten (die Wetten, die nicht vor Ort getätigt werden, d.Red.), da fehlen uns 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Aber wir haben ja noch fünf Renntage. Die sportliche Bilanz ist ausgezeichnet, mit acht Siegen und zahlreichen Platzierungen sind Münchner Rennpferde von der Großen Woche aus Baden-Baden zurückgekehrt.
2007 hatten Sie noch einen Gesamtumsatz von knapp 2,8 Millionen Euro.
Das werden wir in diesem Jahr nicht mehr erreichen. Wir hatten einige sehr gute Besuchertage, aber der Wettumsatz hat leider nicht gestimmt. Am erfreulichsten war der Dallmayr-Renntag mit 17000 Besuchern und 375000 Euro Wettumsatz, 30000 Euro weniger als 2007.
Weil die Leute nicht mehr so viel Geld haben? Oder weil der typische Rennbahn-Besucher langsam ausstirbt?
Sehen Sie, das ist ein Trugschluss. Unsere Besucher sind nicht alles ältere Menschen, wie man das vielleicht von früher kennt. Und das Elitäre ist längst weg, Gott sei Dank, hätte ich beinahe gesagt. Wir haben durch unser tolles Familienprogramm viele junge Leute nach Riem gelockt.
Wie das?
Bei uns können die Kinder umsonst Ponyreiten, Spielstationen und das Kinderkino besuchen, während die Eltern die Rennen verfolgen. Ein Besuch bei uns ist ein Erlebnis, wir machen uns wirklich viel Arbeit, um den Menschen einen schönen Sonntag zu bieten, auch am Benefiz-Renntag.
Wie sieht's mit den Verbindlichkeiten aus? Zuletzt sprach Ihr Präsident von 5,5 Millionen Euro...
Ohne die hohen Zinszahlungen könnten wir mit dem Betrieb wahrscheinlich eine glatte Null schreiben, aber in den nächsten Wochen – so wurde uns signalisiert – will ein Investor und Hotelbetreiber das mit Baurecht ausgestattete Tierklinik-Grundstück kaufen. Das sind 1,6 Hektar von insgesamt 100 Hektar im Vereinseigentum. Damit sind wir nicht nur schuldenfrei, sondern können auch wieder in das Nötigste investieren.
Wie wir aus Reiterkreisen vernommen haben, soll sich der Polo-Weltverband aus Buenos Aires für Teile der Anlage in Riem interessieren.
Das ist richtig. Es laufen Verhandlungen über die Nutzung des riesigen Innenraums der Trainingsbahn, das sind mehr als 200000 Quadratmeter. Es müssen aber noch viele Detailfragen geklärt werden.
Was würde das für den Rennverein bedeuten?
Nur so viel, dass alljährlich in unserer rennfreien Phase (Ende August/Anfang September, d.Red.) der Polo Weltcup in Riem mit den weltbesten Spielern Station machen soll.
Welche Einnahmen hat der Rennverein sonst noch?
Wir verdienen unser Geld schon lange nicht mehr durch Wetten. So haben wir vor vier Jahren eine Multifunktionshalle gebaut, die sich durch Mieteinnahmen schon fast amortisiert hat.
In nur vier Jahren?
Ja, während der Rennsaison ist es eine Wetthalle – 800 Plätze, Wettkassen, überall Monitore. Danach vermieten wir sie. Auto-Präsentationen, Modenschauen und auch türkische Hochzeiten. Die finden hier fast jeden Samstag statt. Mit ihren 400, 500 Gästen kommen unsere türkischen Mitbürger in keinem Gasthaus unter. Und auch unser verpachteter Golfplatz läuft prächtig.
Interview: Joscha Thieringer