Rasta-Mann Brown: "Ein Lebenskünstler"

Der Deutsch-Jamaikaner Dustiin Brown zeigt beim Sieg über Lleyton Hewitt seine Extraklasse. "Einfach ein toller Bursche."
Jörg Allmeroth |
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Der Deutsch-Jamaikaner Dustiin Brown zeigt beim Sieg über lleyton Hewitt seine Extraklasse. "Einfach ein toller Bursche."

London - Seine gestiegenen Popularitätswerte konnte Dustin Brown (28) am Mittwoch in Wimbledon Schritt für Schritt ermessen. Kaum hatte der „Germaican“ mit den wehenden Rastzöpfen den größten Sieg seiner Karriere auf den grünen Rasen gezaubert, das Vier-Satz-Kunststück gegen den alten australischen Heroen Lleyton Hewitt, war er auch schon für eine kleine Medientournee in der Nervenzentrale der internationalen TV-Anstalten unterwegs – vom deutschen Bezahlkanal Sky zur britischen BBC, dann zu den US-Sendern ESPN und Tennis Channel. Und schließlich auch noch zum panasiatischen Sender Star TV. „Ich weiß gar nicht mehr, was ich noch sagen soll“, stöhnte Brown schließlich auf, „dabei bin ja sonst gar nicht auf den Mund gefallen.“

 Brown ist ein schillernder Exot in der eher sterilen Welt des modernen, durchregulierten Tennis. Nicht nur wegen seiner Lebensgeschichte, die ihn von Deutschland, der Heimat seiner Mutter, nach Jamaika, in die Heimat seines Vaters, führte – und dann wieder zurück, wegen der Tenniskarriere. Sondern auch wegen seines Spiels auf den Courts im kleineren und größeren Tourbetrieb. Ist Brown am Start, ist der Zirkus in der Stadt. „Ein Typ zum Gernhaben“ sei Brown, sagt Ex-Profi Rainer Schüttler, inzwischen Turniereigentümer in Düsseldorf, „er ist einfach ein Lebenskünstler. Und ein toller Bursche.“ Das zeigte er am Mittwoch wie vielleicht niemals zuvor in seinem Leben als Berufsspieler, gegen Hewitt: Es war ein Spektakel, ein mitreißender Auftritt, ein Spiel, in dem Brown die sonderlichsten Schläge mit schöner Regelmäßigkeit bot. „Man hat gesehen, was in ihm steckt. Viel mehr als das, was die Weltrangliste aussagt“, erklärte Ex-Davis Cup-Chef Patrik Kühnen.

 Als Nummer 189 führt ihn die Spielergewerkschaft ATP gerade in ihrer Hackordnung, den Mann, der sich über die letzten Jahre eher auf kleinen Schauplätzen verdingen musste. „Ich war oft nahe dran, in die engere Weltspitze durchzubrechen“, sagt Brown, „aber dann hat der letzte, entscheidende Kick gefehlt.“ Fast wie ein Mythos klingt die abenteuerliche Geschichte des Tennis-Vagabunden und seines Wohnmobils – doch tatsächlich zog er in ganz entbehrungsreichen Karrierejahren mit einem Campingwagen von Turnier zu Turnier, bereitgestellt von den Eltern, die ihm so überhaupt eine Fortsetzung der Laufbahn ermöglichten. „Geld war und ist immer ein Thema bei mir gewesen“, sagt Brown, „ich hätte sicher auch gerne im Hotel geschlafen damals.“

 Die knapp 75.000 Euro Preisgeld für den Drittrunden-Einzug im All England Club, die bisher höchste Einnahme seiner Karriere, kann Brown gut gebrauchen – aber auch noch ein bisschen aufstocken. Denn in seinem Terrain des Auslosungs-Tableaus sind serienweise große Namen verschwunden, all die Nadals, Isners, Tsongas und Federers. Stattdessen trifft Brown am Freitag nun auf den Franzosen Adrian Mannarino, dem er unlängst im März bei den BH Telekom Indoors in Sarajewo begegnet war, einem kleinen Challenger-Turniere. Brown verlor das Finale in zwei hartumkämpften Sätzen und findet es „einfach nur verrückt, dass wir jetzt in Wimbledon wieder gegeneinander antreten.“ Dann könnte sich auch die Zahl seiner Twitter-Jünger weiter nach oben geschraubt haben – am Mittwoch, bei seinem Coup gegen Hewitt, verdoppelte sich die Zahl seiner Anhänger da binnen weniger Stunden von 7.000 auf 15.000. „Dafür“, so Brown“, hätte ich normaler Weise ein paar Jahre gebraucht.“ Doch was ist schon normal bei diesem Wimbledon des Jahres 2013.

 

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