Politik unter Palmen: Die munteren 1860-Chefs
Von Linde will bauen, Wettberg Präsident werden und Ziffzer eine Löwen-Firma. Nicht nur Spieler und Trainer, sondern auch die Bosse des TSV 1860 München präsentieren sich auf der Ferieninsel Teneriffa äußerst umtriebig.
PLAYA DE LA AMERICAS Sie sind fleißig, die Löwen auf Teneriffa. Cheftrainer Marco Kurz lässt die Profis auf dem Trainingsplatz gehörig schwitzen. Und auch die 1860-Bosse präsentieren sich auf der Ferieninsel äußerst umtriebig. Geschäftsführer Stefan Ziffzer geht mit Sponsoren auf eine Mountainbike-Tour ("Das war eine Qual"), und Präsident Albrecht von Linde hat sich bei seinem Besuch im Trainingslager mit Vize Karsten Wettberg auf dem Tennisplatz amüsiert. Am Samstag sind die beiden abgereist. Sie hatten ja für genügend Gesprächsstoff gesorgt. Die Löwen-Chefs machten im Trainingslager fleißig Politik unter Palmen.
Präsident Albrecht von Linde: Unter Spaniens Wintersonne dachte er schon an den Herbst. Eigentlich, so war es bei seinem Amtsantritt ausgemacht, sollte er dann sein Amt nach 18 Monaten zur Verfügung stellen. Davon rückt er nun ab. Auf Teneriffa stellte der Präsident klar: "Ich will die drei Jahre Amtszeit durchziehen." Er sei vom Aufsichtsrat schließlich mit 9:0 Stimmen bestellt worden und habe erst im November die "Legitimation durch die Delegierten bekommen". Ob sie das gern hören bei 1860?
Von Linde und das Hallenprojekt
Von Linde hat Geschmack daran gefunden, Löwen-Präsident zu sein und möchte sich auf dem Klubgelände an der Grünwalder Straße noch ein bauliches Denkmal setzen: "Ich will unbedingt das Hallenprojekt in Angriff nehmen", sagt von Linde. Die Pläne sind ja noch im Archiv des Vereins. Einst hatte Amtsvorgänger Karl-Heinz Wildmoser schon eine Halle dort bauen wollen, für die Fußballer. Von Linde, Mitglied der Leichtathletik-Abteilung, hat anderes im Sinn: "Wir wollen dem Breitensport wieder etwas anbieten, das Mutter-Kind-Turnen ist da zum Beispiel eine Lücke. Wir müssen in anderen Sportarten um Mitglieder kämpfen." So klingen Wahlkämpfer.
Wettberg und das Präsidentenamt
Vizepräsident Karsten Wettberg: Eigentlich wollte er ja selbst Löwen-Boss werden. Als das nicht mehrheitsfähig erschien, reihte er sich als zweiter Mann hinter von Linde ein. Als Duo funktionierten die beiden lange recht gut. Jetzt droht Ungemach weil Wettberg wieder nach dem Präsidentenamt trachtet. "Wir wissen alle, dass im Herbst eine Rotation angedacht ist. Bis jetzt wissen wir aber nicht, wer im Herbst Präsident ist." Die Frage ist, ob dann Franz Maget oder Wettberg will. Der SPD-Politiker Maget hat eine Kandidatur ("Keine Zeit") bereits abgelehnt. Also bliebe: Wettberg.
Der ehemalige Trainer ging auf Teneriffa taktisch vor. "Dazu sage ich nicht Nein", erklärt Wettberg. Und nutzt im Trainingslager die Gelegenheit, Nähe zu demonstrieren zur Geschäftsführung, mit der von Linde immer wieder Scharmützel ausgetragen hat, posierte für Fotos lächelnd neben Sportdirektor Stefan Reuter. Wettberg: "Ich habe mit Reuter ein sehr gutes Verhältnis."
Ziffzer und die Firma
Geschäftsführer Stefan Ziffzer: Der reiste erst am Freitag an und hielt gleich stundenlang Hof vor den Journalisten mit dem Hinweis, nicht alles zu veröffentlichen, was er ihnen so erzähle.
Ziffzer, der als strenger Kritiker von Lindes gilt, positionierte sich deutlich. Wenn das Präsidium Reuters Vertrag nicht verlängere, drohte er, "würde ich auch sofort meinen Hut nehmen".
Er stellte seinen Errungenschaften dar, rühmte den Verkauf der Business-Seats in der Allianz Arena unter seiner Leitung ("711 gegenüber 540 im Vorjahr") und erläuterte einmal mehr seine Vorstellungen von den Löwen: "Sechzig muss wie eine Firma funktionieren, professionell von den Füssen bis in die Haarspitzen. Vereinsmeierei ist nicht mehr gefragt. Es muss klar sein, dass es um Sechzig geht und nicht um persönliche Eitelkeiten. " Es war nicht schwer, dies als Spitze gegen das Präsidium zu werten. Nach der Politik unter Palmen droht den Löwen neues Ungemach.
Oliver Griss