Piraten auf Rädern
Die Spaltung der Formel 1: Acht Hersteller, darunter auch BMW, Mercedes und Ferrari, wollen nicht mehr mit Mosley zusammenarbeiten und gründen eine eigene Rennserie
SILVERSTONE Um 1.16 Uhr in der Nacht war der Eklat perfekt: „Die Zeit der Kompromisse ist vorbei. Wir haben deswegen keine Alternative als mit den Vorbereitungen für eine neue Meisterschaft zu beginnen, die die Werte der Teilnehmer und Partner widerspiegelt", hieß es in einer von der Rennstall-Vereinigung Fota veröffentlichten Erklärung. Ferrari, BMW, McLaren-Mercedes und die anderen Rebellenteams haben keine Lust mehr auf Formel 1. Sie wollen eine eigene Piratenserie gründen, in der die alten Formel-1-Zampanos Bernie Ecclestone und FIA-Boss Max Mosley nichts mehr zu sagen haben werden.
Nach 58 Jahren wollen die Teams, Piraten auf vier Rädern gleich, die Formel 1 zu Grabe tragen. "Das ist der Totalschaden für die Formel!", sagte Ex-Weltmeister Niki Lauda.
Die AZ beantwortet die wichtigsten Fragen:
Wieso die Spaltung?
Vordergründig geht es um den seit Monaten schwelende Streit zwischen Herstellern und dem Automobil-Weltverband FIA um das neue Regelwerk. Mosley hatte einen radikalen Sparkurs für die nächste Saison befohlen und eine Budget-Obergrenze von 45 Millionen Euro beschlossen. Die Hersteller nicht so viel auf einmal sparen. Freilich waren sie am Ende der Verhandlungen nicht mehr weit auseinander.
In Wahrheit geht es also vor allem um die Macht.
„Ich denke, die Teams fühlten sich seit langer Zeit schikaniert“, sagte Formel-1-Legende Jackie Stewart. Die meisten Herstellern wollten nicht mehr mit dem bisweilen starrköpfigen Mosley arbeiten.
Gibt es einen Weg zurück?
Das hoffen vor allem die alten Formel-1-Kämpen. "Jetzt ist Bernie Ecclestone gefordert, er weiß, wie man die Dinge erledigt“, sagte Stewart, „meine Hoffnung ist, dass das Säbelrasseln der Teams dazu führt, dass man mit Mosley einen Kompromiss findet. „Klar ist: Die FIA und Mosley können die Teams nicht so einfach mit ihren Ideen überfahren", meinte Lauda.
Was passiert jetzt mit der Formel 1?
Die FIA reagierte per Pressemitteilung. Man sei „traurig, aber nicht überrascht", hieß es darin. Am Samstagvormittag will die FIA die endgültige Starterliste für 2010 bekanntgeben. Die Formel 1 wird es nächste Saison weiter geben - nur eben mit Rennställen, die nur wenige kennen. Wie „Campos", "Manor". Auch der Straubinger Franz Hilmer hat große Chancen, mit dem wiederbelebten Brabham-Team dabei zu sein. Von den bisherigen Rennställen werden nur Williams und Force India weiter in der Formel 1 bleiben. „Interessieren wird das aber nicht mehr viele", sagt Lauda.
Und auch finanziell würde die Formel 1 ausbluten. Umgerechnet knapp 1,6 Milliarden Euro haben die acht Rebellenteams zuletzt zum jährlichen Gesamtumsatz der der Königsklasse beigetragen. Gut eine Milliarde davon wurde von den Teameigentümern investiert, knapp 500 Millionen von Sponsoren, der Rest durch Zulieferfirmen. Diese Summe würden Ecclestone und Mosley verlieren. Auch die Zuschauereinnahmen werden drastisch sinken.
Können BMW und Mercedes verklagt werden?
Nein. BMW hatte sich, genauso wie McLaren-Mercedes, Toyota, Renault und Brawn GP nur unter Vorbehalten für die neue Saison eingeschrieben. Sie besitzen für 2010 keinen rechtsgültigen Vertrag mit der Formel 1. „Die können machen, was sie wollen", sagte Bernie Ecclestone. Anders verhält es sich mit Ferrari und den Red-Bull-Teams. Die Scuderia verpflichtete sich 2004 per Sondervertrag mit Bernie Ecclestone und der FIA bis 2012 in der Formel 1 zu sein, Red-Bull-Boss Didi Mateschitz hat ebenfalls ein Agreement unterzeichnet. Ecclestone drohte schon, Ferrari verklagen zu wollen.
Warum fahren die Teams dieses Jahr noch weiter?
Für 2009 gibt es rechtsgültig Verträge mit der Formel 1. „Solange wir in der Formel 1 sind, werden wir weiter um Siege kämpfen", sagte Ferrari-Chef Stefano Domenicali.
Auf welchen Strecken werden die Freibeuter fahren?
In Frage kommen die Rennstrecken, die sich die Formel 1 zuletzt wegen der hohen Lizenzgebühren Ecclestones nicht mehr leisten konnten. Etwa Imola, Montreal, Indianapolis. Auch der Hockenheimring hat für 2010 noch keinen endgültigen Vertrag mit Ecclestone unterschrieben. „Rennstrecken gibt es genug", sagt Ferrari-Boss Luca di Montezemolo.
Was bringt die Piratenserie den Fans?
"Wir wollen eine Serie schaffen, die die Bedürfnisse der Fans ernst nimmt", beteuert die Fota. Die Eintrittspreise sollen zudem sinken. Außerdem würden in der Piratenserie die schnellsten Autos und die besten Fahrer antreten.
Filippo Cataldo