Pianist oder Prügelknabe?

Adrian Sutils Karriere befindet sich am Scheideweg. Sein Rennstall will erst nach Barcelona entscheiden, wie es weitergeht
von  az

Adrian Sutils Karriere befindet sich am Scheideweg. Sein Rennstall will erst nach Barcelona entscheiden, wie es weitergeht.

Barcelona - Prügelknabe oder Unschuldslamm – an Adrian Sutil scheiden sich derzeit die Geister. Nach den Berichten über eine handfeste Auseinandersetzung in einer Disco nach dem Formel-1-Rennen in Schanghai hat das Saubermann-Image des Gräfelfinger Kratzer erhalten. Der Große Preis von Spanien am Sonntag (14 Uhr, RTL und Sky live) könnte sogar sein letzter sein; sein Rennstall Force India hat ihn nur für dieses Rennen bestätigt, seine Zukunft ist offen.

Immer wieder muss sich Sutil, der sich in der Formel 1 bisher (bis auf gelegentliche Einlagen als Bruchpilot) nie irgendwas hat zu Schulde kommen lassen, in Barcelona den gleichen bohrenden Fragen stellen: Wie betrunken war er? Hat er mit einem Bierglas zugeschlagen? Wollte er wirklich jemanden verletzen?

Doch der 28-Jährige weicht aus. „Natürlich ist alles etwas schwieriger im Moment. Aber wenn ich im Auto sitze, ist die Welt in Ordnung”, sagt Sutil.
Seine Gefühle kann er dabei allerdings nicht ganz verbergen. Man merkt, wie sehr ihn die Sache beschäftigt. Es scheint, als würde er gerne mehr sagen wollen. Doch er schweigt. Noch. Sutil will angesichts eines drohenden juristischen Nachspiels keine pikanten Details der Disco-Affäre ausplaudern.

Doch die Karriere des Hobby-Pianisten aus Gräfelfing steht auf dem Spiel. „Das Team hat das Recht, die weitere Situation zu beobachten, das ist völlig normal”, sagt Sutils Manager Manfred Zimmermann. Er gehe aber davon aus, dass Sutil auch in den weiteren Rennen in dieser Saison für Force India fahren werde.

Über den Hergang an besagtem Abend des 17. April in Schanghai gibt es verschiedene Versionen. Die Wahrheit kennen nur die Beteiligten selbst. Angeblich soll es in einer Disco zum Streit zwischen Sutil und Eric Lux gekommen sein. Dieser ist über seine Investment-Gruppe Mitbesitzer des Renault-Teams. Die Auseinandersetzung soll dann derart eskaliert sein, dass Sutil angeblich Lux mit einem Bierglas im Gesicht verletzt haben soll. Es habe nicht viel gefehlt, so wird im Fahrerlager gemunkelt, und der Rennfahrer hätte den Geschäftsmann an der Halsschlagader getroffen.

Sutil bestreitet den Vorfall nicht, beteuert aber, dass es sich um einen sehr bedauernswerten Unfall gehandelt habe. Er bedauere den Vorfall und habe sich entschuldigt. Auch Zimmermann spricht von einem „unglücklichen Unfall.” Und Lux’ Gesichtsverletzung? „Vollkommen unabsichtlich”, sagt Sutils Manager immer wieder. Er sei davon überzeugt, dass es zu einem entsprechenden Urteil komme, falls es überhaupt ein Gerichtsverfahren gäbe.
Bislang nämlich soll keine offizielle Anzeige gegen Sutil vorliegen. Dabei hatte Lux noch am Montag verlauten lassen, dass er eine Anzeige wegen eines tätlichen Angriffs und schwerer Körperverletzung einreichen werde.

Einen prominenten Zeugen hätte Sutil bei einem Gerichtsverfahren aber in jedem Fall. Sein Freund und Fahrerkollege Lewis Hamilton, dessen Sieg in China eigentlich gefeiert werden sollte in jener Nacht, soll besagte Disco erst weit nach Mitternacht verlassen haben. Doch der Brite wollte sich zunächst nicht zu diesem Thema äußern. „Vor dem Hintergrund, dass der Fall wahrscheinlich vor Gericht geht, werde ich mit niemandem darüber sprechen”, sagte er.

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