Phillies holen Titel: "28 Jahre gewartet!"

Philadelphia triumphiert in der World Series bei den Baseballern in der US-Profiliga MLB.
28 Jahre mussten die Fans in Philadelphia warten, aber jetzt hat das Warten ein Ende. Die Philadelphia Phillies haben erstmals seit 1980 die Meisterschaft in der nordamerikanischen Major League Baseball gewonnen, doch so richtig schien das außerhalb von Philadelphia in den USA niemanden zu interessieren. Als sich das Team von der Ostküste in der Nacht zum Donnerstag im Duell der grauen Mäuse mit 4:3 (Endstand der Best-of-seven-Serie 4:1) gegen die Tampa Bay Rays durchsetzte, schalteten jenseits des Atlantik so wenig Zuschauer wie nie zuvor ihren Fernseher ein. Nach einer von Wetterkapriolen bestimmten Finalserie verfolgten am Ende nur noch acht Prozent der Amerikaner ihren Nationalsport.
Temperaturen um den Gefrierpunkt, Eisregen und polare Winde, die die Fans schon vor Spielende aus dem Stadion trieben – die World Series 2008 setzten zumindest abseits des Sportlichen neue Maßstäbe. Kurioser Höhepunkt war der Montagabend, als die „Boys of Summer“ der weißen Kugel im knöcheltiefen Matsch hinterherjagten. Mitte des Spiels hatte Commissioner Bud Selig endlich ein Einsehen und brach die Begegnung beim Stand von 2:2 ab. Nach einer erneuten Absage am Dienstag konnten beide Mannschaften 46 Stunden später im dritten Anlauf endlich ihr Geschäft beenden.
Die Phillies hatten dabei 28 Jahre nach ihrer ersten und einzigen Meisterschaft das bessere Ende für sich. Als Third Baseman Pedro Feliz im siebten Inning den siegbringenden Schlag verbuchte, war das eine späte Genugtuung für jenen Klub, der in seiner traurigen Geschichte über 10.000 Niederlagen verbuchte, und eine Erlösung für die ganze Stadt. In keiner US-Metropole waren Profiteams in den vier großen Sportarten Baseball, Football, Basketball und Eishockey erfolgloser als in Philadelphia. Zuletzt konnten die Korbjäger der 76ers 1983 einen Meistertitel erringen. So entstanden im Dauerfrust die gefürchtesten Sportfans des Landes. Nur in der „Stadt der brüderlichen Liebe“ mussten sich die Vereine regelmäßig Pfiffe von den eigenen Fans anhören, vor wenigen Jahren wurde bei einem Football-Spiel selbst der Weihnachtsmann aus dem Stadion gebuht.
Zumindest am Mittwochabend war das für ein paar Stunden alles vergessen. Umjubelter Held war Werfer Brad Lidge, der zum 48. Mal in dieser Saison in der Schlussphase auf den Platz trollte, um den Vorsprung zu halten. „Das ist der Wahnsinn. Mit uns hatte niemand gerechnet“, sagte der Pitcher, nachdem er sich aus dem Menschenknäuel auf dem Wurfhügel befreit hatte. Anschließend schossen die obligatorischen Feuerwerkskörper in den Himmel, überdimensionale Champagnerflaschen wurden über den Köpfen der Fernsehreporter ausgeleert. Am Ende gab es dann aber doch wieder Business as usual in Philadelphia. Als Commissioner Selig die World-Series-Trophäe überreichte, wurde er gnadenlos ausgepfiffen.