Petkovic jubelt – Panikattacken sind vergessen
Peking/Frankfurt – Die Panikattacken von New York sind vergessen, in Peking hat Andrea Petkovic ihr lange vermisstes "Grundselbstvertrauen" wiedergefunden. Nur zwei Tage nach dem Überraschungs-Coup gegen die Weltranglistenzweite Wiktoria Asarenka (Weißrussland) besiegte die Darmstädterin die ehemalige US-Open-Siegerin Swetlana Kusnezowa (Russland) in 2:05 Stunden mit 4:6, 6:4, 6:1.
Im Match um den Einzug ins Viertelfinale des mit 5,2 Dollar dotierten Hartplatzturniers wartet nun am Donnerstag Linkshänderin Lucie Safarova (Tschechin). "Es ist wichtig für mich, zu sehen, dass ich die Top-Spielerinnen noch schlagen kann. Das gibt mir Selbstvertrauen", sagte Petkovic, die Finalistin von 2011: "Ich bin super glücklich. Die Atmosphäre, die Plätze, Peking scheint mir zu liegen."
Auf dem Lotus Court im National Tennis Center begeisterte die 26-jährige Petkovic gegen Kusnezowa erneut die Zuschauer. Sieben Monate nach ihrem letzten Comeback und nach vier schweren Verletzungen scheint die ehemalige Nummer neun der Welt endlich wieder auf dem Weg zurück zu alter Klasse zu sein. "Andys Leistungen werden auf hohem Niveau immer konstanter. 2014 kann interessant werden", sagte Fed-Cup-Teamchefin Barbara Rittner dem SID. Die 40-Jährige traut Petkovic den Sprung unter die Top 15 zu: "Dann sehen wir weiter."
Wimbledon-Finalistin Sabine Lisicki unterlag dagegen im Achtelfinale der früheren French-Open-Siegerin Li Na (China/Nr. 4) mit 5:7, 4:6. Die Weltranglisten-16. aus Berlin musste viermal ihren Aufschlag abgeben. Die an Nummer sieben gesetzte Angelique Kerber (Kiel), in der Vorwoche in Tokio erst im Finale an Petra Kvitova (Tschechien) gescheitert, trifft am Donnerstag in der Runde der letzten 16 auf Roberta Vinci aus Italien.
Für Kerber geht es in Peking um einen Platz beim Masters der acht weltbesten Spielerinnen in Istanbul (22. bis 27. Oktober). Die 25-Jährige ist derzeit die Nummer acht in der Wertung "Road to Istanbul".
Petkovic zeigte derweil auch gegen die im Ranking 18 Plätze besser notierte Kusnezowa (WTA: 25) ansteigende Form. Selbst als die Russin im zweiten Satz nach einem 2:5-Rückstand auf 4:5 verkürzte und zwei Spielbälle zum Ausgleich hatte, behielt die Hessin kühlen Kopf. Wohlwissend, dass der Körper inzwischen hält und die Matchpraxis ihr übriges tut. In den letzten acht Partien musste Petkovic sechsmal über drei Sätze gehen – dabei sprangen vier Siege heraus.
Ende August hatte die konstanteste Grand-Slam-Spielerin von 2011 nach ihrer enttäuschenden Erstrunden-Niederlage bei den US Open in New York gegen Bojana Jovanovski (Serbien) noch über das fehlende "Grundselbstvertrauen" geklagt. "Ich werde auf dem Platz panisch, wenn ich in ungewohnte Situationen kommen", hatte "Petko" damals unter Tränen erklärt: "Ich muss akzeptieren, dass ich nach meinen Verletzungen all die Emotionen nochmal durchmachen muss. Es ist, als würde ich von vorne beginnen."
In Peking scheint sie sich alles im Schnelldurchlauf zurückzuholen. Mittelfristig will die stets nach Höherem strebende Einser-Abiturientin wieder in die Weltspitze. "Man muss hohe Ziele haben. Ohne geht es nicht", meinte Petkovic. Schon gar nicht für sie.
Auch deshalb überlässt sie in ihrer zweiten Karriere, wie sie es nennt, nichts dem Zufall. Teil des Teams ist zurzeit auch Trainingspartner Dusan Vemic. Der Ex-Profi gehörte bis vor kurzem noch zum Stab des Weltranglistenersten Novak Djokovic (Serbien). Auch eine Physiotherapeutin ist stets dabei.
Ex-Profi Nicolas Kiefer traut Petkovic den Sprung zurück in die Top Ten jedenfalls zu. "Es wird ein langer Weg, aber Andrea kann das packen. Der Vorteil ist, dass sie weiß, wie man dahinkommt", sagte die frühere Nummer vier der Welt dem SID.
Inzwischen ist bei Petkovic in Sachen Trainingsumfang weniger mehr. Sie absolviert kürzere Einheiten mit höherer Intensität und ernährt sich nach einem speziellen Plan. "Ich will alles versuchen, um wieder dahin zu kommen, wo ich mal war", sagte die Fed-Cup-Spielerin.