Petkovic ist raus: „Schlaflos in Melbourne“

Weil sie nachts nicht zur Ruhe kam, verpasste Petkovic ihren ersten Einzug in ein Halbfinale und verlor das Viertelfinale gegen die Chinesin Li Na 2:6, 4:6. Dennoch ist sie glücklich mit ihrer Bilanz bei den Australian Open: „Wie Andrea im Wunderland“
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Das war's dann: Im Viertelfinale der Australian Open scheiterte Andrea Petkovic - weil sie nicht ausgeschlafen genug war.
dpa Das war's dann: Im Viertelfinale der Australian Open scheiterte Andrea Petkovic - weil sie nicht ausgeschlafen genug war.

Weil sie nachts nicht zur Ruhe kam, verpasste Petkovic ihren ersten Einzug in ein Halbfinale und verlor das Viertelfinale gegen die Chinesin Li Na 2:6, 4:6. Dennoch ist sie glücklich mit ihrer Bilanz bei den Australian Open: „Wie Andrea im Wunderland“

AZ: Frau Petkovic, Sie haben sich nicht im Schlaf, sondern ohne Schlaf um den Halbfinaleinzug in Melbourne gebracht. Wie kann einer Profispielerin so etwas passieren?

ANDREA PETKOVIC: Seit drei Wochen bin ich in Australien die Spielerin, die abends Schicht hat. Immer in der Nachtshow – daran hatte ich mich schon so gewöhnt, dass ich mich beim Spielen um 11 Uhr wie in einem Jetlag empfand. Mein ganzes System war komplett durcheinander, die Körperfunktionen im Chaos. Ich war einfach nicht die ganze Andrea Petkovic auf dem Platz.

Und haben deshalb gegen die Chinesin Na Li deutlich mit 2:6, 4:6 verloren. Kann man sich nicht besser auf einen solchen Termin einstellen?

Ich hab’ in Boris Beckers Autobiographie gelesen, dass er Schlaftabletten massenweise nahm, um sich dagegen zu wappnen. Das finde ich aber suboptimal. Es ging einfach nicht mit dem Schlafen. Der reinste Horror. Und du weißt dann irgendwann auch schon, wie bitter das alles wird. Ich werde daraus lernen, wie aus anderen Fehlern, die ich im Spiel selbst gemacht habe. Noch einmal wird’s die schlaflose Petko nicht geben. Schlaflos in Melbourne, dieser Film reicht mir ein für allemal.

Man hat in Melbourne viele selbstzufriedene deutsche Verlierer gesehen. Wie ist Ihre Stimmung jetzt, nach dem Viertelfinal-Aus?

Kurz und knapp sieht die Titelzeile Australien so aus: Akuter Ärger über die Niederlage gegen Li Na, Genugtuung übers Gesamtpaket. Ich bin wieder ein gutes Stückchen näher an die Spitze gerückt. Die Art und Weise, wie ich mich präsentiert habe, auf und neben dem Platz, macht mich glücklich. Spornt mich aber auch an, noch besser zu werden. Die Reise im Profitennis hat für mich gerade erst begonnen. Ich bin sicher: Das wird nicht das letzte Viertelfinale bleiben, da geht noch mehr.

Oft zweifelten Sie in den letzten Jahren, im Welttennis etwas bewegen und zu den Besten gehören zu können. Haben Sie diese Zweifel besiegt?

Diese Jammerei liegt hinter mir. Die Selbstbespiegelung und das Herumrätseln. Nein, nein: Ich habe gemerkt, wie sehr ich Tennis in meinem Leben brauche, wie stark ich sein kann. Und wie schön es ist, wenn sich die harte Arbeit auszahlt. Ich schaue nicht mehr in den Spiegel und frage das Gesicht, das ich sehe: Bist Du wirklich gut genug?

Was fehlt Ihnen noch zu den Champions der Szene, zu den Top Fünf, zu den Top Ten?

Die Beständigkeit auf hohem Niveau. Die mentale Ausdauer, bei absolut jedem Turnier in der Endphase mitmischen zu können. Aber richtig weit weg sind nur vier, fünf Spielerinnen, etwa Serena Williams, Kim Clijsters – dahinter ist eigentlich alles möglich. Mein Ziel ist erst mal, unter die ersten 16 zu kommen. Das bringt Riesenvorteile in den Setzlisten der Turniere.

Sie sind in Melbourne wie nie zuvor auch in den Fokus der Weltpresse geraten, mit Fragen nach Ihren eigenwilligen Videodrehs, nach Ihrem Politikstudium oder dem Berufswunsch, mal Bundeskanzlerin zu werden. Genießen Sie die Aufmerksamkeit?

Ich laufe immer noch ein bisschen wie Andrea im Wunderland durch die Gegend. Ich genieße diese herrliche Zeit auf der Tour - und die Tatsache, dass mich die Leute offenbar mögen, mein Tennis und meine Persönlichkeit. Machen wir uns doch nichts vor: Als Profi hat man schon ein unheimlich privilegiertes Leben. Früher habe ich von Australien als Reiseziel geträumt, heute spiele ich hier Tennis und verdiene mein Geld damit, als wär’s das Selbstverständlichste auf der Welt.

Wie schaffen Sie es denn, nebenbei noch ein Studium der Politikwissenschaften zu betreiben?

Mit eiserner Disziplin. Es ist auch ganz gut für den Kopf, wenn man sich nach sieben, acht Stunden in diesem Tenniszirkus noch mit was anderem beschäftigt. Sich ums Studium kümmert, ein gutes Buch liest, eine gute Diskussion führt. Während der US Open büffelte ich sogar für eine Klausur zur europäischen Verfassungsgeschichte – die schrieb ich dann zwei Tage nachdem ich im Achtelfinale ausgeschieden war. Man kann viel erreichen, wenn man nur will.

Barbara Rittner, die Fed Cup-Chefin, sagte unlängst, Sie würden am liebsten drei Leben führen - als Tennisspielerin, als Musikerin und Politikerin.

Sie kennt mich halt zu gut. Aber sie weiß auch, dass Tennis absolute Priorität hat. Tennis ist die Nummer 1 in meinem Herzen. Ich brauchte zwar eine gewisse Zeit, um das herauszufinden, aber nun lebe ich das konsequent aus.

Interview: Jörg Allmeroth

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