Petk.o.! Schmerzen, Tränen & Ängste
MELBOURNE Als Barbara Rittner vor vier Tagen in einer SMS-Botschaft von Andrea Petkovic das Wort „Schmerzen” las, schwante ihr gleich Böses: „Wenn die Andrea dieses Wort benutzt, ist allemal Gefahr im Verzuge”, sagt die deutsche Fed-Cup-Chefin.
Dass sie Recht behalten würde mit ihrem „ganz unguten Gefühl”, war für die Bundestrainerin am Dienstagabend Gewissheit. Da rauschte vom anderen Ende der Welt die nächste Petko-SMS heran: die Nachricht von der Absage der deutschen Nummer eins für die Australian Open – wegen eines Ermüdungsbruches im Kreuz-Darmbein-Gelenk. „Es ist zum Mäusemelken”, verkündete Rittner bei Facebook, „das ist ein bitterer, ganz trauriger Start in die Saison.” Petkovic selbst spricht von einer „riesigen Enttäuschung”, davon, „dass man wochenlang alles dem Sport unterordnet, sich quält und schindet und dann plötzlich außer Gefecht gesetzt ist”.
Mit der Absage der 24-jährigen Darmstädterin erlangten die Bilder Nachrichtenwert, die vor zwei Tagen bei Petkovics Achtelfinal-Niederlage in Sydney gegen Agnieszka Radwanska untergegangen waren. Die Bilder zeigen eine am Boden liegende Petkovic. Mit schmerzverzerrtem Gesicht wird die Weltranglisten-Zehnte an diesem Dienstag im Olympic Tennis Center gleich mehrere Male von einer Physiotherapeutin der Spielerinnengewerkschaft WTA behandelt, Tränen schießen ihr ins Gesicht. „Ich habe immer wieder gedacht, das wird alles in Ordnung kommen. Deshalb habe ich die Schmerzen lange Zeit weggedrückt”, sagt Petkovic.
Doch an diesem Tag geht Petko einen Weg, den sie immer wieder verschoben hat – den Weg ins Krankenhaus, zu einer eingehenden computertomographischen Untersuchung. Seit drei Monaten hat Petkovic immer wieder Schmerzen in der Rückengegend gehabt. Aber die „Eisenharte" machte weiter, immer weiter, sprach nicht über die Probleme im Rücken, selbst nicht, als sich das deutsche Fed-Cup-Team Mitte Dezember in Offenbach zu einem Kurzlehrgang befand. „Sie hat normal trainiert”, sagte Rittner, „wie immer hart gearbeitet.” Petkovic folgte ihrer Devise, die ihr „manchmal selbst unheimlich” ist: „Du musst beißen, beißen, beißen, um vorne dran zu bleiben.”
Die Probleme wurden nicht kleiner, als Petkovic am 1.Weihnachtstag in Australien landete. Die Schmerzen wurden so schlimm, dass das Training erst in Brisbane, später dann auch in Sydney spätestens nach einer Dreiviertelstunde zur Qual wurde. Sie nahm Schmerzmittel, um überhaupt die Spiele durchstehen zu können. Es wirkte alles ein wenig wie bei ihrem letzten größeren Auftritt bei den US Open, als sie trotz eines Meniskuseinrisses den Grand-Slam-Kampf fortsetzte – und im Ehrgeiz, noch einen WM-Platz zu ergattern, gegen den Rat fast aller Freunde und Experten weiterspielte.
„Augen zu und durch – das hilft aber nicht weiter”, sagt DTB-Frau Rittner jetzt, „Andrea muss noch mehr lernen, auf ihren Körper zu horchen. Man kann Erfolge nicht einfach erzwingen wollen.”
Jetzt ist Petkovic k.o., gewissermaßen Petk.o. – der Start ins Olympiajahr ist ihr gründlich vermasselt. Der in Sydney diagnostizierte Ermüdungsbruch kostet Petkovic die ersten beiden Saisonmonate, neben den Australian Open wird sie auch beim Fed-Cup-Duell der Deutschen gegen Titelverteidiger Tschechien und wohl auch für die Turniere in Paris, Doha und Dubai ausfallen.
Die Frage ist nun aber: Wie steckt Petkovic die Verletzungen psychologisch weg? Wovor sie Angst habe, wird Petkovic in einem gerade erschienenen Interview des Magazins „Fit for Fun” gefragt. Sie sagt darauf, dass sie „Angst vor einer Verletzung” habe, die alles beenden könne, eine Angst, die sie letzten Sommer einmal bei ihrem Meniskuseinriss ansatzweise verspürt habe: „Da habe ich sogar das erste Mal ans Aufhören gedacht.”
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