Peter Schlickenrieder: Mehr Risiko, bitte!
Der Ex-Langlauf-Star rät Angerer & Co. in der AZ zu einem innovativeren neuen Trainingssystem.
Von Peter Schlickenrieder
Es ist wunderschön hier. Die Stimmung wird immer besser, allmählich kommt olympisches Flair auf. Herrlich. Was weniger schön war, war der Auftakt bei unseren Langläufern. Bei den Männern waren alle eine Enttäuschung, allen voran Axel Teichmann. Ich dachte mir schon, dass die weiter vorne mitlaufen können. Der einzige Lichtblick war Tobi Angerer mit seinem siebten Platz. Das war die beste Freistil-Platzierung seit langer Zeit.
Auch bei den Frauen war es nicht das, was ich mir erhofft hatte. Evi Sachenbacher als beste Deutsche auf Platz zwölf, naja. Es macht sich bemerkbar, dass sie jedes Jahr einen anderen Trainer mit einer anderen Philosophie hatte. Unter ihrem alten Trainer Ismo Hämäläinen waren die Trainingsumfänge nicht so hoch, das rächt sich jetzt. Wenn du wirklich vorne um die Medaillen laufen willst, musst du im Training ans Limit gehen. Nachfolger Janko Neuber hat die Schlagzahl erhöht, aber es dauert, bis sich das auswirkt.
Bei den Männern sehe ich ein anderes Problem. Nehmen wir den Tobi. Der ist ein Ausnahmeathlet, zwei Jahre lang hat er die Konkurrenz in Grund und Boden gerannt. Jetzt ist es auch für ihn schwer. Für einen der Älteren wie ihn ist es natürlich hart, sich immer neue Reize zu setzen. Und dazu kommt, dass wir seit Jahren immer das gleiche Trainingssystem fahren. Wenn ich mir die Skandinavier anschaue, da gibt es so viele Trainingspläne wie Athleten. Vielleicht sollten wir einfach mehr Mut haben, etwas Neues auszuprobieren, etwas zu verändern. Mehr Risiko, das würde ich mir wünschen.
Bei den Sprints am Mittwoch muss man jedoch die Erwartungen relativieren. Aber Olympia hat seine eigenen Gesetze, vielleicht ist für die Nicole Fessel und den Josef Wenzl doch noch was drin.
Und auch wenn die deutschen Langläufer vielleicht nicht mehr so erfolgreich sind wie vor acht Jahren in Salt Lake, ich hoffe, dass ein Angerer und eine Sachenbacher noch lange weitermachen. Das werden immer die Leitfiguren bleiben.