Peter Angerer: "Nur Wald, sonst nix"

Peter Angerer war 1977 erstmals in Ruhpolding dabei: Hier blickt der Biathlon-Olympiasieger zurück – und staunt über Magdalena Neuner.
von  Thomas Becker
Biahtlon-Superstar Magdalena Neuner.
Biahtlon-Superstar Magdalena Neuner. © dpa

AZ: Herr Angerer, Sie wissen schon, dass Sie und Ihre Erfolge in den 80ern mit Schuld daran sind, dass Biathlon in Deutschland so populär werden konnte. Wann sind Sie in Ruhpolding zum ersten Mal gelaufen?

PETER ANGERER: Ich glaub’ 1977. Ich war ja dabei, wie der Schießstand gebaut worden ist. Da gibt’s legendäre Fotos, wo wir auf dem Pritschenwagen stehen und die Bäume umgeschnitten haben.

Mit Hans Pichler, dem Vater von Bürgermeister Claus und Russen-Trainer Wolfgang?

Genau. Der war hier der Gemeinde-Capo, wir waren im Skiverband Chiemgau und haben dann mithelfen müssen, den Schießstand rauszuschneiden. Das waren so Jungfichten, die wir rausgezogen haben. Da hat sich schon was verändert, das kann man so sagen, Respekt! Die haben hier eine gute Entwicklung gemacht.

Auch bei den Zuschauerzahlen.

Ja, aber früher war ja auch gar nicht mehr Platz als für ein paar Tausend. Da war ja nur so ein bissl aufgeschüttet, dass man höher stand auf dieser kleinen Naturtribüne. Dahinter war ja nur Wald, sonst nix. Aber es gab viel mehr Strecken: eine 5-km-Runde, zwei 3,75-km-Runden und zwei 2,5-km-Strecken. Mit abenteuerlichen Abfahrten! Richtig gut! Da hat's viele Stürze gegeben, wo danach die Waffen kaputt waren. Wenn sie die Waffe mit zwei Händen getragen haben, dann hast schon gewusst: Die ist zweiteilig geworden. Andere Zeiten.

Man sieht Sie eher selten beim Biathlon.

Ich komme jetzt nicht wegen dem großen Hype. Ich schau’ mir das gerne an, das ist auch hochklassiger Sport. Aber ich komme eher, um alte Freunde zu treffen. Das macht eigentlich fast mehr Spaß. Ich bin einfach nicht mehr so drin.

Wo sind Sie dann drin?

Ich komme gerade aus Moskau und fahre gleich weiter in die Pyrenäen: Ich betreue beim Snowboard-Weltcup die werbliche Umsetzung und die Logistik, arbeite mit dem internationalen Skiverband zusammen.

Da können Sie ja prima beurteilen, wie gut sich die Biathleten hier vermarkten.

Das ist perfekt. Und auch gut zu machen: Alles ist stationär oder mit dem Ski-Doo erreichbar. Da kannst du keine großen Fehler machen.

Ist Biathlon vom Marketing her ausgereizt?

Das muss man in den nächsten Jahren erst mal auf diesem Niveau halten! Das hängt ja alles auch von den Athleten ab.

Wie wird die Zeit nach Magdalena Neuner?

Nicht unbedingt schlechter. Das ist die Chance für andere. Viele machen dann eben einen Schritt. Vielleicht welche, die heute noch gar nicht mitlaufen und irgendwo als Junior rumfliegen. Das war immer schon so. Man muss aber auch sehen: Unser Ziel war es, eine Medaille zu gewinnen bei Olympia oder WM. Wenn man das erreicht, ist das eine super Sache. Für eine Neuner ist eine Medaille wahrscheinlich zu wenig. Die ist einfach ein anderes Kaliber. So eine gibt’s nicht so oft, weltweit momentan nur ein Mal. Auch bei ihr sieht man: Sie hat keine Lust mehr, will aufhören und andere Sachen machen. Die turnt so eine Olympiade nicht mehr an. Die hat alles erreicht. Und dann so eine Entscheidung zu treffen: Respekt!

Wirkt das befreiend?

Mir kommt’s so vor, dass sie noch mehr auflebt, seitdem sie ihren Rücktritt erklärt hat. Ich weiß nicht, was dieser Psychologe mit ihr gemacht hat. Der muss sie ja komplett umgedreht haben, der Wahnsinn! Sich selbst so einen Druck aufzubauen! Aber sie macht es. Weil sie sicher ist. Beneidenswert. Da gibt's wenige solche Sportler. Und ein lieber Mensch auch noch!
 

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