Pesic: "Die schönsten Frauen gehen zum Basketball"
Herr Pesic, Ihre Profis werden beim FC Bayern von früh bis spät umsorgt, trainieren oft mehrmals täglich – wie war das damals, als sie mit 18 als junger Basketballer zu Partizan Belgrad, dem Euroleague-Gegner Ihrer Mannschaft am Donnerstagabend, gekommen sind?
SVETISLAV PESIC: Also wir haben schon auch zweimal am Tag trainiert! Und wir hatten auch damals einen Assistenz- und einen Athletiktrainer. Aber ich war damals Student, Mittag gegessen habe ich im Studentenwohnheim. Mit den heutigen Strukturen im Profisport ist das natürlich nicht mehr vergleichbar.
Sie als junger Bursche aus der kleinen Stadt Pirot – hat man Sie in Belgrad gleich erkannt?
Ja! Ich war einer der talentiertesten Spieler auf meiner Position in Jugoslawien im meinem Alter. Und unsere Spiele sind jedes Wochenende im ersten Programm im jugoslawischen Fernsehen gelaufen, live! Da kennt dich jeder. Und das ist auch jetzt noch so, wenn ich nach Belgrad komme. Basketball hat in Serbien einen sehr, sehr hohen Stellenwert. Es ist Volkssport Nummer eins.
Wie Fußball in Deutschland.
Ganz genau. Jeder redet darüber – und man muss natürlich mitreden können. Nur dass es dann nicht um Viererketten geht, sondern um Zonen- und Mannverteidigung, warum jemand gespielt hat – oder nicht. Und jeder will es besser wissen, als der Trainer.
Fußball ist hier immer noch Männerdomäne. Wie ist das mit dem Basketball in Serbien?
Frauen-Basketball hat ebenfalls einen sehr hohen Stellenwert und eine große Tradition.
Gibt es viele weibliche Fans?
Die schönsten Frauen gehen zum Basketball! Und dann vielleicht zum Fußball. (lacht)
In Belgrad gibt es zwei große Basketball-Vereine – Partizan und Roter Stern. Eine Rivalität mit großer Tradition, oder?
Zu meiner Zeit als Spieler gab es nur eine Partei, die sozialistische. Und im Basketball gab es nur eine entscheidende Frage: Bist du für Partizan oder für Roter Stern? Mein Bruder war Partizan-Fan, ich mochte Roter Stern lieber. Dass ich am Ende nicht dorthin gegangen bin, lag am damaligen Trainer von Partizan. Er hatte mir gesagt, dass es besser für meine Karriere sein würde, wenn ich bei ihm spielen würde. Ich hatte verstanden, er war nämlich auch Nationaltrainer.
In München gibt es den erfolgreichen und finanzstarken FC Bayern – und den Arbeiterverein TSV 1860. Wie sind die Rollen in Belgrad verteilt?
Partizan war ursprünglich ein Armee-Verein, der gesamte Verein war etwas mehr am damaligen Gesamt-Jugoslawien orientiert. Bei Roter Stern gab es auch viele Sportler aus den früheren jugoslawischen Staaten. Aber ich bin mir nicht sicher, ob Roter Stern nicht doch ein bisschen mehr serbisch geprägt war.
2008 sind Sie dann als Trainer zu Roter Stern gegangen. Hat das für böses Blut gesorgt?
Mir hat damals sicherlich geholfen, dass ich mit der letzten jugoslawischen Nationalmannschaft Welt- und Europameister geworden bin – das vergessen die Leute nicht, die Nationalmannschaft bedeutet in Serbien alles! Aber ganz leicht war es nicht. Die Partizan-Fans haben gespottet: Ihr habt wohl keinen eigenen Trainer gefunden und musstet unseren Mann nehmen. Nach dem Motto: Du darfst dort Trainer sein, aber du wirst immer einer von uns sein. Die Fans von Roter Stern haben entgegnet: Er hat immer schon zu uns gehört! Heute freue ich mich, dass ich überall gern gesehen bin und Freunde aus beiden Vereinen treffe, wenn ich in Belgrad bin.