Pavic beendet Karriere: Raus aus dem Hamsterrad

Kickbox-Weltmeister Florian Pavic stand vor einer großen Karriere, seine Kämpfe liefen im TV. Nun tritt der Münchner überraschend zurück. „Ich war wie ein Rechner, der einfach nur funktioniert hat”
von  Julian Galinski
Kickboxer Florian Pavic.
Kickboxer Florian Pavic. © Rauchensteiner/Augenklick

MÜNCHEN Die Versuchung, auf Risiko zu gehen war groß. Florian Pavic war unbesiegter Kickbox-Weltmeister des Verbandes WKA, zuletzt hatte er es an der Seite von Christine Theiss sogar ins Mainstream-TV geschafft: Sat.1 übertrug seine Kämpfe. Wenn der 26-jährige Münchner also in wenigen Monaten sein Studium beendet, hätte höchstwahrscheinlich eine große Kampfsport-Karriere auf ihn gewartet.


Hätte. Denn Pavic hat seine Profikarriere überraschend beendet. „Als Kickboxer erfolgreich zu sein war mein großer Traum”, sagt Pavic. „Aber Geld und Ruhm sind die eine Seite, Gesundheit und Zufriedenheit die andere. Ich war wie ein programmierter Rechner, der einfach nur funktioniert hat."


Pavic, der gerade bei der EADS an seiner Masterarbeit („Detektion von Sprengstoff” im Fach Mikro- und Nanotechnologie) schreibt, hat sich für eine Karriere abseits der Fernsehbildschirme entschieden – als Personal-Trainer. „Ich habe mir die Entscheidung, meine Karriere zu beenden, nicht leicht gemacht”, sagt Pavic. „Der entscheidende Punkt war die Dreifachbelastung. Ich wollte raus aus dem Hamsterrad: Personal-Training, Kickboxen und Studium gleichzeitig, das funktioniert nicht.”


Um halb fünf aufstehen, trainieren, lernen, arbeiten, wieder trainieren, wieder lernen, um 23 Uhr todmüde ins Bett fallen, an drei großen Projekten gleichzeitig zu arbeiten – und auch nach den WM-Kämpfen keine Pause. Pavic hatte das satt. „Die Klitschkos können nach einem Kampf erst einmal Urlaub machen – mein letzter Urlaub war vor vier Jahren”, sagt er.


Zuletzt hatte ihn das Pfeiffersche Drüsenfieber geschwächt, Pavic war, auch wenn er ohne Niederlage blieb, unzufrieden mit seinen Leistungen im Ring. „Natürlich ist es schön, im Fernsehen aufzutreten”, sagt Pavic. „Aber wenn ich weitergemacht hätte, hätte das aber auch bedeutet: Immer bessere Gegner – und eine immer höhere Erwartungshaltung. Dafür war am Ende die Leistung einfach nicht mehr da.” Seinen letzten Profikampf gewann er am 28. September in München gegen Pacome Assi, in der Klasse bis 95 Kilogramm.


Mladen Steko, sein bisheriger Manager, muss ihn schweren Herzens ziehen lassen. „Es ist sehr schade, so einen Kämpfer zu verlieren, er hat zur Familie gehört”, sagt Steko nicht ganz uneigennützig. „Klar akzeptieren wir Florians Entschluss. Aber ich weiß nicht, ob mit 26 schon der Zeitpunkt für einen finalen Entschluss gekommen war.”

Was Theiss bei den Frauen ist, sollte Pavic bei den Männern werden: das Gesicht seines Stalls, Erfolgsmodell: Gutaussehend, wissenschaftlicher Hintergrund, eloquent – also weit weg vom Klopper-Klischee. „Man konnte ihn sehr gut vermarkten”, sagt Steko. „Er hätte medientechnisch noch viel erreichen können.” Pavic weiß, was er Mladen und seinem Trainer Pavlica Steko zu verdanken hat: „Mit ihnen hatte ich viele tolle und erfolgreiche Jahre”, sagt er.


Theiss hat Pavics Rücktritt schwer getroffen. „Wir haben zehn Jahre lang eng zusammengearbeitet, das ist menschlich ein großer Verlust und tut schon weh”, sagt sie. „Er war ein absoluter Topkämpfer, keiner war technisch so exakt wie er.”


Die 32-Jährige war vor fünf Jahren, kurz vor dem Ende ihres Medizinstudiums in der gleichen Situation wie Pavic – und musste sich für oder gegen den Profisport entscheiden. „Ich habe mich getraut, Florian nicht”, sagt Theiss. „Ich hoffe, dass er seine Entscheidung nicht eines Tages bereut.” 

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