„Patricia hat Martin immer beigestanden“
Skisprung-Experte Dieter Thoma über Schmitts sensationelle Rückkehr in die Weltspitze mit Platz vier bei der Vierschanzentournee – und die Rolle, die dessen Freundin beim Comeback spielt.
AZ: Herr Thoma, hat sich Martin Schmitt bei der Vierschanzentournee in der Weltspitze zurückgemeldet?
DIETER THOMA: Ja, er ist in die Weltspitze zurückgekehrt. Er hat in Innsbruck bewiesen, dass er es aus eigener Kraft aufs Podest schaffen kann. Ich habe immer gesagt: Martin ist ein Killertyp, wenn er wieder vorne mitmischen kann. Dass er es ist, hat er jetzt bewiesen. Ein Riesencomeback. Ich finde das einfach gigantisch.
Hätten Sie das nach den Jahren der Erfolglosigkeit noch für möglich gehalten?
Natürlich habe ich es immer gehofft. Eben weil mir der Martin schon immer am Herzen lag. Aber kaum jemand hat wirklich davon gesprochen, dass er es nochmal schaffen könnte. Er hatte ja auch wirklich viele Sprünge, die weit weg von der Weltspitze waren. Ich selbst hatte auch mal zwei Jahre, in denen ich komplett weg war, damals, als ich vom Parallel- auf den V-Stil umlernen musste. Man denkt die ganze Zeit: Mensch, mein Sportlerleben ist vorbei. Deshalb weiß ich, wie wichtig Menschen sind, die einem nahe stehen, die einen aufbauen.
Wer hat Schmitt aufgebaut?
Seine Lebensgefährtin Patricia hat einen ganz großen Anteil. Patricia hat Martin immer beigestanden, war mit Rat und Tat an seiner Seite. Wenn man vorne ist, hat man viele Freunde, aber wenn der Erfolg ausbleibt, verschwinden die Schulterklopfer schnell. Aber die Patricia war ja kein Martin-Schmitt-Fan, sie hat ja nicht auf die Chancen gewartet, sich ihr Idol zu schnappen. Sie hat ihn kennen gelernt, als es bei ihm schlecht lief.
Interessiert sie sich fürs Skispringen oder findet Martin Schmitt bei ihr totale Ablenkung vom Sport?
Ablenkung auch, aber sie interessiert sich sehr dafür, für Sport ganz allgemein. Ich glaube, ihm ist schon wichtig, dass er auch im Privaten jemanden hat, mit dem er über Skispringen reden kann und der ihn da versteht. Patricia ist eine eigenständige und clevere Frau. Bei ihr hat er sich immer aufgehoben gefühlt.
Sportlich fühlt sich Schmitt bei Bundestrainer Werner Schuster bestens aufgehoben. Dabei ist Schuster ja ein sehr offener Typ und Schmitt eher introvertiert. Überrascht Sie, dass die beiden so gut miteinander können?
Vielleicht ergänzen sie sich einfach gut, gerade weil sie so sind. Ich glaube, beide haben einen guten Zugang zum jeweils anderen gefunden. Und man darf nicht vergessen: Werner ist ein sehr einfühlsamer Mensch. Außerdem hat er als Trainer die besondere Fähigkeit, nicht nur Fehler zu erkennen, sondern auch deren Ursprung zu korrigieren. Er findet auf fast alle Fragen eine Antwort.
Schmitt ist 30 Jahre alt. Wie lange, glauben Sie, kann er dieses Niveau noch halten?
Ich denke, er ist noch nicht angekommen. Er sucht immer noch nach dem perfekten Sprung. Jetzt gilt es für ihn, das Niveau zu halten. Ausreißer nach oben und unten wird es immer wieder geben, wir dürfen nicht vergessen, dass er erst seit Anfang des Winters wieder in Topform ist. Sein Ziel ist ja Olympia 2010 und die Weltmeisterschaft 2011. Und nach der Tournee ist er jetzt richtig heiß darauf. Ich bin mir sicher, dass er bis 2011 auf höchstem Niveau mitspringen kann, wenn er gesund und verletzungsfrei bleibt.
Ist jemand in Sicht, der irgendwann in seine Fußstapfen passt?
Da muss man abwarten. Stephan Hocke macht eine sehr gute Entwicklung, aber auch er hat schon schwere Jahre hinter sich. Dennoch hat er alles, was man braucht. Auch Felix Schoft muss sich noch entwickeln und braucht Zeit. Es wäre fantastisch, wenn wir Olympia 2018 für München und Garmisch-Partenkirchen bekommen würden. Dann wäre es natürlich toll, wenn wir einen Skispringer hätten, der da mitmischen kann. Man sollte sich also schon mal unter den 8- bis 16-Jährigen umschauen.
Interview: Reinhard Keck
- Themen:
- Vierschanzentournee
- Werner Schuster