Pat Cortina: "Ich mach' den Sammer!"

Pat Cortina zieht nach dem Aus der deutschen Nationalmannschaft bei der WM ein positives Fazit. Im AZ-Interview erklärt er, warum er der Sammer des Eishockeys werden will – und was sich ändern muss
von  Matthias Kerber
Pat Cortina und die DEB-Auswahl spielten eine solide Weltmeisterschaft. Begeistert aber haben sie nicht.
Pat Cortina und die DEB-Auswahl spielten eine solide Weltmeisterschaft. Begeistert aber haben sie nicht. © Imago

Pat Cortina zieht nach dem Aus der deutschen Nationalmannschaft bei der WM ein positives Fazit. Hier erklärt er, warum er der Sammer des Eishockeys werden will – und was sich ändern muss

AZ: Herr Cortina, wie sieht die WM-Bilanz des Bundestrainers aus, nachdem man zwar den Klassenerhalt geschafft, das Viertelfinale aber verpasst hat?

PAT CORTINA: Mein oberstes Ziel war es, dem deutschen Eishockey wieder eine Identität zu geben. Man hat in den letzten Jahren so oft die Richtung gewechselt, dass am Ende keiner mehr wusste, wo es hingehen soll. Unsere Identität ist harte Arbeit, das weiß nun jeder. Ich wollte dieser Mannschaft, der Eishockey-Nation Deutschland wieder Ehre und Stolz zurückgeben. Insoweit ist die Mission erfüllt. Wir haben drei Siege geschafft, wir haben in allen Spielen die Chance gehabt, als Sieger vom Eis zu gehen.

Das klingt angesichts des Nichterreichens des Viertelfinales sehr euphorisch.

Ich ziehe eine insgesamt positive Bilanz dieser WM, keine sehr positive, weil mehr drin gewesen wäre. Aber Sie können sicher sein, diese Bilanz erwächst nicht aus Selbstzufriedenheit. Das war erst der erste Schritt. Wir haben einen Prozess angestoßen. Aber der erste Schritt ist nichts wert, wenn nicht weitere folgen. Wir haben noch einen weiten Weg.

Didi Hegen hat in der AZ eine Art Matthias Sammer gefordert, der einen Struktur-Wandel vorantreibt.

Da sind wir vollkommen d’accord. Meine Aufgabe als Sportdirektor wird es sein, fürs Eishockey der zu sein, der Sammer für den deutschen Fußball war, also mache ich den Sammer. Ich werde in naher Zukunft intensive Gespräche führen. Mit allen, die im deutschen Eishockey was zu sagen haben. Es muss eine Allianz für unseren Sport geben. Wir werden alle Opfer bringen müssen, damit wir auch in Zukunft stolz auf das deutsche Eishockey sein können. Wenn wir jetzt nicht die nötigen, für manche auch schmerzhaften Schritte machen, werden wir nach hinten durchgereicht.

Wie sehen die Pläne aus?

Wir werden an der Basis anfangen. Das Fundament muss stark und zukunftsfähig sein. Das heißt, wir müssen uns um den Nachwuchs kümmern, ihn fördern. Die Schweiz ist da ein Vorbild, sie hatten langfristige Pläne, haben akzeptiert, dass es mal harte Zeiten geben wird, sind aber dem Konzept treu geblieben. Wir müssen eine Jugendliga installieren, die Vereine müssen eingebunden werden. Das Gegeneinander muss ein Ende haben.

Wie störend war es für Sie, dass es genau das wieder gab, als Präsident Uwe Harnos vor Turnierbeginn Ihre Doppelfunktion als Bundestrainer und Sportdirektor in Frage stellte?

War es störend? Ja und nein. Ich habe mir in den 25 Jahren als Trainer eine dicke Haut zugelegt. Ich kann und muss meine Arbeit erledigen können, unabhängig davon, was von außen kommt. Die Spieler müssen das genauso können. Und sie konnten es, sonst hätten wir bei dieser WM nicht das erreicht, was wir erreicht haben. Mehr will ich dazu nicht sagen.

Was steht für Sie jetzt persönlich an?

Urlaub und Familie. Danach werde ich den Prozess der Veränderung im deutschen Eishockey angehen. Ganz persönlich werde ich Deutschunterricht nehmen. Der Bundestrainer sollte nicht nach Worten ringen müssen, nicht deutsch radebrechen.

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