Paris: Federer sagt Nadal den Kampf an

Roger Federer und Rafael Nadal sind wieder die großen Favoriten bei den French Open. Nadal will den Borg-Rekord in Paris brechen.
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Die Top-Favoriten für die French Open: Rafael Nadal (l.) und Roger Federer.
Bongarts/Getty Images Die Top-Favoriten für die French Open: Rafael Nadal (l.) und Roger Federer.

PARIS - Roger Federer und Rafael Nadal sind wieder die großen Favoriten bei den French Open. Nadal will den Borg-Rekord in Paris brechen.

Wie ein im Mark erschütterter Gladiator hat Rafael Nadal nicht ausgesehen, als er am vorletzten Sonntag beim Masters in Madrid nur den zweiten Siegerpreis ausgehändigt bekam. Freundlich posierte Nadal für das gemeinsame Foto mit dem unerwarteten Triumphator Roger Federer, und als dann eine große Konfettikanone ihren Dienst getan hatte bei den Zeremonien, strich der stets höfliche Spanier seinem lieben Tennisrivalen Federer noch ein paar der Papierschnipselchen aus den Haaren – schließlich sollte der Schweizer ja ordentlich aussehen für die Solobilder der Fotografenmeute. „Ich habe keine Probleme damit, diese Niederlage zu akzeptieren“, sagt Nadal ein paar Tage später, vor dem French Open-Start am Sonntag und er sieht dabei immer noch nicht aus wie einer, der sich ernsthafte Sorgen über seine Pariser Grand Slam-Mission und eine eventuelle Machtverschiebung auf seinem angestammten Lieblingsbelag machen würde.

Und so ist bei aller Wertschätzung für Roger Federers ersten großen Sieg seit vielen Monaten und seinen ersten großen Sieg über die augenblickliche Nummer 1 seit dem November 2007 auch klar: Dieser Rafael Nadal ist im Stadion Roland Garros zu Paris, im magischen Grand Slam-Sandkasten nahe des Bois de Bologne, immer noch das Zentralgestirn im Tennis-Sonnensystem. Schlicht und ergreifend der Mann, über den die Vergabe des zweiten Major-Titels dieser bewegten und bewegenden Spielzeit 2009 läuft. Schon zum fünften Mal in Serie könnte der einstige Tennispirat und zum Botschafter und Gentlemen der Tour gereifte Mallorquiner triumphieren – und damit auch den legendären Schweden Björn Borg überholen (1978-1981).

Federer: "Ich fühle mich so gut wie lange nicht mehr"

Federer hat in Madrid ein wenig mehr Hoffnung schöpfen können, sich den Traum vom Sieg in Paris zu erfüllen – mehr aber auch nicht. Genau wie der entspannte Nadal weiß auch Federer, dass unterm Eiffelturm ganz andere Gesetzmäßigkeiten herrschen – keine Höhenlage wie in Madrid, keine übermässig schnellen Courts, und schliesslich auch keine Halbfinals und Finals an aufeinanderfolgenden Tagen wie in der „Caja Magica“, in der Nadal nach einem Vier-Stunden-Thriller gegen Novak Djokovic anderntags schon wieder zum Endspiel gegen Federer heraustreten musste. Man kann es auch so beschreiben: Federers Chancen sind besser geworden, er sagt auch über sich: „Ich fühle mich so gut wie lange nicht mehr.“ Aber Nadals Siegmöglichkeiten sind weiterhin herausragend. Er ist und bleibt der Favorit.

Und warum auch nicht? Warum nicht nach einer Sandplatzsaison, in der er wieder einmal zwei der drei großen Masters-Turniere gewonnen hat, in Monte Carlo und Rom, und ganz nebenbei auch noch Zeit fand, in Barcelona die Siegerschale in die Höhe zu stemmen. Dass sich die Gewichte auf Sand sehr entscheidend zu seinen Gunsten verändert haben könnten, glaubt auch Federer nicht: „Als ich Rafa das letzte Mal in Hamburg auf Sand schlug, hat er einfach die nächste Siegesserie gestartet“, sagt der 27-jährige Basler. Technisch betrachtet, hat Federer sich in Madrid eher gegen die nachrückenden Youngster Djokovic und Murray behauptet, die Distanz zum führenden Nadal in der Weltrangliste ist mit über 4000 Punkten noch gewaltig. Nadals Besorgnis könnte sich ohnehin eher auf Wimbledon richten, denn dort werden ihm Federers in Madrid verbesserter Aufschlag und die stärkere Vorhand mehr weh tun.

"Manchmal denkst du, der spielt mit vier Händen"

Paris dagegen ist die natürliche Heimat des unwiderstehlichen Kämpfers Nadal, der nie nachgibt bei den stundenlangen Abnutzungsduellen in der roten Asche, der auf dem riesigen Centre Court die weitesten, unwahrscheinlichsten Wege geht – und der dort über eine Aura verfügt, die seine Gegner schon vor dem ersten Ballwechsel erzittern lässt. „Wie ein Titan“ erscheine ihm Nadal bei den French Open, sagt der Serbe Djokovic, „manchmal denkst du, der spielt mit vier Händen und vier Beinen.“ Zum Glück, sagt der Weltranglisten-Vierte, „muss ich gegen ihn erst bestenfalls im Halbfinale spielen.“

Seit er 2005 sein strahlendes Debüt als Meisterspieler bei den Festivitäten in Paris gab, ist Nadal ungeschlagen. 28 Spiele über maximal fünf Sätze hat er gewonnen, einen fünften Entscheidungssatz brauchte er indessen noch nie. Im letzten Jahr gab er keinen einzigen Satz ab und schlug Federer im Finale demütigend mit 6:1, 6:3 und 6:0 – damals war der Schweizer immer noch die Nummer 1 der Welt. Viermal hat Nadal nun schon Federers Anlauf gestoppt, diesen letzten noch fehlenden Major-Titel in eine erlesene Sammlung aufzunehmen, dreimal im Endspiel, 2005 im Halbfinale. Wenn nicht alles täuscht, werden die beiden größten Spieler dieser Generation auch dieses Mal wieder den Coupe de Mousquetaires unter sich ausspielen – im nächsten großen Endspiel. Der alte, junge Titel-Held aus Spanien hätte jedenfalls nichts dagegen: „Es ist jedes Mal ein Privileg, gegen Roger zu spielen.“ Und eine noch größere Genugtuung, den Freund und Gegner zu besiegen.

Jörg Allmeroth

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