Paralympics-Eröffnung: London wieder im Partymodus
Der Partymarathon geht in die zweite Runde: Rund zweieinhalb Wochen nach den Olympischen Spielen haben in London die Paralympics mit einer prachtvollen Inszenierung und einer Feier des menschlichen Geistes begonnen.
London - Gandalf tanzte und englische Queen war sichtlich amüsiert: Als Schauspieler Ian McKellen trotz seiner 73 Jahre völlig losgelöst durch das Londoner Olympiastadion swingte, hat es sicherlich auch König englische Queen in den Beinen gekribbelt.
Der aus der Herr-der-Ringe-Trilogie bekannte McKellen fühlte sich beim Schlussakt der Eröffnung der Paralympics inmitten der tanzenden und johlenden Menge jedenfalls pudelwohl. 'Es war ein Abend voll Spektakel, Begeisterung, Emotion und Inspiration – eine Feier des menschlichen Geistes", schrieb der Daily Mirror und brachte damit die Gefühlslage der 62.000 Zuschauer im ausverkauften Stadion.
In Deutschland verfolgten die Eröffnung der 14. Sommerspiele für Behindertensportler in der ARD am Mittwochabend durchschnittlich 1,8 Millionen Zuschauer.
Zwar gab sich englische Queen nach ihrem grandiosen Auftritt als Bond-Girl bei den Olympischen Spielen diesmal züchtig, eine Hauptrolle in der über dreistündigen Feier übernahm die 86-Jährige aber dennoch. „Ich erkläre die Spiele für eröffnet“, hieß es um 23.13 Uhr Ortszeit (00.13 Uhr MESZ) aus dem Munde der Monarchin. Zwar fehlte Ehemann Prinz Philipp krankheitsbedingt bei dem ergreifenden Akt, dafür hatten sich aber Prinz William und Ehefrau Kate in Schale geworfen und waren live dabei.
Das Paralympische Feuer entfachte schließlich die 84-jährige Margaret Maughan, die als Bogenschützin 1960 in Rom bei der Premiere der Paralympics die erste Goldmedaille für Großbritannien gewonnen hatte. Die Fackel bekam Maughan aus den Händen von Blinden-Fußballer David Clarke überreicht, nachdem der beidseitig amputierte Triathlet Joe Townsend mit dem Feuer ins Stadion geschwebt war.
Zuvor war englische Queen kurz nach Beginn der Feier bei ihrem Einmarsch in das Olympiastadion an der Seite von Sir Philip Craven, dem Präsidenten des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC), frenetisch bejubelt worden. Das war allerdings kein Vergleich zu dem Empfang, den das aufgekratzte Publikum den Sportlern der Gastgebern bereitete. Als das Team Großbritannien am Ende der Nationenparade unter Konfettiregen und den Klängen von David Bowies 'Heroes – Helden" in die Arena einzog, gab es kein Halten mehr. Spätestens jetzt war klar, dass die nach Medienberichten schätzungsweise acht Millionen Pfund (rund 10,1 Millionen Euro) teure Show jeden Penny wert war.
Die blinde Schwimmerin Daniela Schulte (Berlin) führte die deutsche Mannschaft unter den Augen von Bundespräsident Joachim Gauck mit der Landesfahne in der Hand als 57. von 164 Nationen ins Stadion. 'Als Erste die Mannschaft anzuführen, ist beeindruckend! Das sind meine vierten Paralympics, da ist das der Höhepunkt!", sagte die 30-Jährige.
Hollywood-Regisseur Stephen Daldry („Billy Elliot“) inszenierte eine Zeitreise, die das Vermächtnis großer Denker wie Isaac Newton (1643-1727) ehrte. Als Inspirationsquelle diente wie schon bei den Olympischen Spielen William Shakespears Drama „Der Sturm“.
In der weiblichen Hauptrolle der Miranda glänzte die behinderte Darstellerin Nicola Miles-Wildin. „Die Eröffnungsfeier feierte die erstaunlichen Athleten und die Künste und zeigte, wie talentiert und vielseitig dieses Land ist“, sagte sie. Von McKellen in der Rolle des Prospero wurde sie auf eine inspirierende Wanderung durch die Wissenschaftsgeschichte geschickt. „Guckt nicht auf eure Füße, guckt zu den Sternen“, ließ bereits am Beginn des Festaktes der an der Nervenkrankheit ALS leidende Physiker Stephen Hawking verlauten.
Das Spektakel und die Jagd nach 503 Goldmedaillen konnte beginnen.