Olympiastart in Tokio: Das Feuer brennt

Tokio - Nein, eine kurze Aufmerksamkeitsspanne durfte man bei dieser Eröffnungsfeier der Olympischen Spielen in Tokio wirklich nicht haben. Keine Zuschauer, kein Flair: Mit einjähriger Verspätung und begleitet von Protesten sind die wohl außergewöhnlichsten Olympischen Spiele der Neuzeit ohne Glanz und Glamour eröffnet worden.
Erster Corona-Fall im deutschen Olympia-Team
Lediglich 900 Ehrengäste - unter ihnen Japans Kaiser Naruhito - wohnten in Tokio der weitgehend trostlosen Zeremonie bei. IOC-Präsident Thomas Bach sprach trotz der umfangreichen Corona-Einschränkungen von einem wichtigen Zeichen in Zeiten der weltweiten Pandemie. "Heute ist ein Tag der Hoffnung. Ja, es ist ganz anders, als wir es uns vorgestellt hatten. Aber lasst uns diesen Moment wertschätzen, weil wir endlich alle zusammen hier sind", sagte Bach. Na ja, kurz danach wurde bekannt, dass es einen ersten Corona-Fall im deutschen Team gibt, Simon Geschke wurde positiv getestet. So viel zu den Worten Bachs. . .
Um 23.13 Uhr Ortszeit erklärte der Tenno die XXXII. Olympischen Spiele für offiziell eröffnet. Anders als 1964, als Naruhitos Großvater die ersten Sommerspiele in Tokio eröffnet hatte, fehlte das japanische Wort iwai (Feier). Es ging schon auf Mitternacht zu, als Japans Tennis-Star Naomi Osaka das olympische Feuer entzündete.

Der erstmals mit Wasserstoff gefüllte Behälter symbolisiert eine Sonne. Zuvor waren die 205 Nationen und das Flüchtlingsteam weitgehend unter Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln in das fast leere Olympiastadion einmarschiert.
Deutsches Team betritt an 115. Stelle das Olympiastadion
Die deutsche Mannschaft, die wegen der phonetischen Reihenfolge im japanischen Alphabet erst an 115. Stelle an der Reihe war, wurde angeführt von Beachvolleyball-Olympiasiegerin Laura Ludwig und Wasserspringer Patrick Hausding. Als Zeichen der Gleichstellung trug das Duo gemeinsam die Fahne. Das hatte es zuvor bei Olympia noch nie gegeben. "Es ist cool, dass wir das zusammen machen konnten", sagte Ludwig.

Den besonderen Moment genoss sie in vollen Zügen. "Für mich ist es noch spezieller, Fahnenträger zu sein, als eine Medaille zu gewinnen", sagte die 35-Jährige. Von den 432 deutschen Athleten hatten sich nur 106 auf den Weg zum Olympiastadion gemacht. "Wenn ich so drüber nachdenke, habe ich nicht eine Sekunde daran gedacht, bei der Eröffnung dabei zu sein", meinte Beachvolleyballerin Karla Borger.
Die mintgrüne Olympia-Kleidung der Deutschen kam dagegen nicht überall gut an. "Wer ist verantwortlich für dieses Outfit", meinte Basketball-Nationalspieler Maodo Lo.
In den nächsten 16 Tagen kämpfen rund 11.000 Sportlerinnen und Sportler vor leeren Rängen um Gold, Silber und Bronze. In 33 Sportarten gibt es die Rekordzahl von 339 Entscheidungen. Bei der Zeremonie bekamen die Sportlerinnen und Sportler bereits einen Vorgeschmack auf die ersten Olympischen Spiele ohne Zuschauer.
In seiner Rede sprach Bach allen Mut zu. "Ihr habt vor großen Herausforderungen bei eurer olympischen Reise gestanden", sagte der IOC-Chef an die Teilnehmer. "Heute lasst ihr euren Olympia-Traum wahr werden."
Hunderte Olympia-Gegner protestierten vor dem Stadion
Zu diesem Zeitpunkt hatten etliche Athletinnen und Athleten wegen der großen Hitze und aus Gründen der Risikominimierung das Stadion aber bereits wieder verlassen.
Die Show, in deren Vorfeld es mehrere Skandale und Rücktritte im Kreis der Organisatoren gegeben hatte, verlief ohne Höhepunkte. Eingerahmt wurden die landestypischen Darbietungen der Künstler von einem Feuerwerk, das in der japanischen Metropole weithin sichtbar war.

Keinen Blick dafür hatten hunderte japanische Olympia-Gegner, die vor der Arena lautstark gegen die Sommerspiele protestierten. Rufe wie "Stoppt die Spiele" oder "Brecht die Eröffnungsfeier ab" drangen über Megafone bis ins Olympiastadion.
Die Geisterspiele haben begonnen. . .