Olympia und Paralympics machen Briten stolz
Die Londoner reiben sich kollektiv die Augen. War das alles wahr oder doch nur ein Traum? Die krisengeplagten Briten beschenkten die Welt mit grandiosen Olympischen Spielen und sich selbst mit einem Festsommer, wie sie ihn vielleicht noch nie erlebt haben.
London - Mit den Paralympics, bei denen körperbehinderte Athleten wie die Schwimmerin Ellie Simmonds oder Rollstuhl-Leichtathlet David Weir zu wahren Volkshelden wurden, haben sie für viele völlig unerwartet sogar noch einen drauf gesetzt.
63 Mal erklang bei Olympia und den Paralympics die britische Nationalhymne "God Save The Queen" für siegreiche Athleten und Mannschaften des Gastgeberteams - das war aber nur der Rahmen. "Es sind die Erinnerungen, über die wir noch in Generationen reden werden", sagte Premierminister David Cameron am Montag. Viele Briten haben an diesem Erfolg gearbeitet - von Queen englische Queen, die bei der Eröffnungsfeier als "Bond-Girl" auftrat, bis zu jedem einzelnen der 70 000 Freiwilligen, die die Spiele als "Gamesmaker" maßgeblich prägten. Am Montag feierten alle noch einmal zusammen bei einer großen gemeinsamen Parade der olympischen und paralympischen Athleten zum Buckingham Palast.
Lob für das Team um Chef-Organisator Sebastian Coe kam von allen Seiten. Die spanische Zeitung "Sport" schrieb etwa: "Die Briten können stolz sein auf die großartige Arbeit, die ihr Land zur Vorbereitung der Spiele geleistet hat." Das britische Zeitungsflaggschiff "The Times" empfand den Sommer 2012 in London unter der Titelzeile "Großbritanniens Ode an die Freude" sogar als "beste Party in der Geschichte der Menschheit". Und der linksliberale "Guardian" entschuldigte sich in seinem Leitartikel für so viel Schmalz, ehe er schrieb: "Unser Sommer der Liebe."
Wenn der Rausch ausgeschlafen ist, geht es an das nüchterne Bilanzieren. Sebastian Coe, schon als "weißer Wunderläufer" in den 1980er Jahren auf der Mittelstrecke ein Perfektionist, hat bisher alle seine Versprechungen eingehalten. Die Stadien waren voll - auch und gerade bei den Paralympics. Die Stimmung unter den rezessionsgeplagten Londoner - vor den Spielen stand hinter ihrer Begeisterung ein großes Fragezeichen - war einzigartig. Und sogar die alte Londoner U-Bahn schien sich zusammenzureißen.
Über den Erfolg seines Projektes London 2012 will er nicht selbst urteilen. "Das überlasse ich anderen", sagt der 55-jährige Coe. Das ist nicht nur britische Bescheidenheit. Er weiß, dass ihm die fast noch schwierigere Aufgabe erst noch bevorsteht; das 2005 bei der Bewerbung versprochene Vermächtnis der London-Spiele. Premierminister Cameron hat den Oberhaus-Abgeordneten und zweimaligen Olympiasieger zum Sportbeauftragten seiner Regierung gemacht.
Coe gab den Spielen das Motto "Inspire a Generation". Die Erfolge von London sollen für die nächsten Generationen Vorbild und Ansporn sein. Er muss nun die immense britische Sportförderung - bezahlt im wesentlichen aus Einnahmen der staatlichen Lottogesellschaft - durch die Rezession retten. Gleichzeitig müssen die Strukturen für den Jugendsport erhalten und teilweise neu geschaffen werden. Wegen der Wirtschaftskrise in Großbritannien - die nach neuesten Prognosen auch durch Olympia nicht aufgehalten werden konnte - mussten vielen Schulen ihre Sportstätten aufgeben.
Auch wenn der olympische Park - für über sieben Milliarden Pfund auf einer riesigen Industriebrache aus dem Boden gestampft - jetzt erst einmal eineinhalb Jahre umgebaut wird und deshalb geschlossen bleibt - die Umwandlung des Londoner Ostens in einen besseren, wohlhabenderen Teil der Stadt ist bereits gelungen.
Auch weltweit profitieren Menschen von den Spielen 2012. Zwölf Millionen Kinder aus 20 der ärmsten Länder des Erdballs sind in Sportprogramme integriert. So lernten tausende Kinder in Bangladesch Schwimmen. Sie sollen so bei künftigen Flutkatastrophen besser gewappnet sein.