Ohne Last auf den Schultern
Biathlon-Star Miriam Gössner, begnadet in der Loipe und schwach am Gewehr, steigt bei der nordischen Ski-WM ein. Vor allem in der Staffel rechnet sich die Garmischerin gute Chancen aus
VAL DI FIEMME Miriam Gössner und ihr Gewehr, das ist nicht unbedingt eine Liebesbeziehung. In der Loipe gehört die 22-Jährige stets zu den Besten – am Schießstand trifft sie an guten Tagen solide, an schlechten Tagen katastrophal. Konstant ist die Biathletin nur darin, auch bei großen Rennen Podestplätze zu verballen – wie etwa bei der vergangenen WM in Nove Mesto, als sie alleine wie mit der Mannschaft gänzlich ohne Medaille blieb.
Insofern darf man ihren Start bei der nordischen Ski-WM durchaus als therapeutisch betrachten: Einfach mal rein in die Loipe, einfach mal laufen, bis nichts mehr geht. Ohne die schwere Last des Gewehrs auf dem Rücken.
Die Garmischerin tritt am Dienstag über 10 km in der freien Technik an (12.45 Uhr/ZDF und Eurosport), will sich endlich wieder mit der Langlauf-Weltspitze messen und diese zumindest etwas ärgern. „Ich will so schnell laufen wie ich kann, mein Bestes geben und dann schauen, was dabei herauskommt”, sagt Gössner, die durchaus an einen Platz auf dem Podium denkt: „Das wäre natürlich schön. In der Staffel haben wir auch ganz gute Chancen. Die Mädels sind fit und gut drauf.”
Doch vor dem Staffelrennen am Donnerstag steht am Dienstag das Einzelrennen an. Und diesmal heißen die Gegnerinnen nicht Tora Berger und Darja Domratschewa, sondern Marit Björgen und Justyna Kowalczyk. „Es ist Ewigkeiten her, dass ich gegen diese Spitzenleute gelaufen bin. Ich weiß einfach nicht, wie meine Form im Vergleich zu denen ist”, sagt Gössner: „Das wird interessant.”
Im Biathlon-Weltcup hat sie Rennen für Rennen die besten Laufzeiten abgeliefert, die Konkurrenz in der Loipe fast zur Verzweiflung gebracht.
Drei Weltcupsiege gab es immerhin in diesem Winter. Es hätten allerdings deutlich mehr sein können. „Ich freue mich einfach, dass ich gegen die besten Langläuferinnen der Welt antreten darf. Die Biathlon-WM habe ich abgehakt, das ist vorbei”, so Gössner.
Und so neu ist alles dann doch nicht. Immerhin holte sie 2010 in Vancouver mit der Langlauf-Staffel genauso Silber wie ein Jahr zuvor bei der WM in Liberec. „Das Hauptaugenmerk liegt auch jetzt auf der Staffel. Da wollen wir vorne mit dabei sein”, sagt Gössner.
Auch die Biathleten drücken die Daumen. „Ich bin gespannt, wie eine der stärksten Biathletinnen im Langlauf aussieht”, sagt Frauen-Bundestrainer Gerald Hönig: „Wir wissen um Miris außergewöhnliche Fähigkeiten beim Laufen.”
Sollte es am Donnerstag mit der Staffel tatsächlich zum dritten Mal eine WM-Medaille im Langlauf für Gössner geben, würde sie diese allerdings gar nicht selbst in Empfang nehmen können. Um am Freitag in Oslo beim Sprint der Skijägerinnen dabei zu sein, fliegt sie bereits wenige Stunden nach dem Rennen ab. Mit ihrem Gewehr im Gepäck.